
Interview mit Thomas Kuehn von FarmInsect
„Wir haben in Europa eine Proteinlücke“
Zusammen mit seinem Geschäftspartner hat Thomas Kuehn eine automatisierte Mastanlage entwickelt, die es Landwirten ermöglicht, proteinreiche Futtermittel aus Insektenlarven auf ihren eigenen Betrieben herzustellen. Könnte deren Einsatz die Proteinlücke schließen und den Bedarf an teuren Futtermitteln wie Soja aus Südamerika verringern?
von Yvonne Nemitz erschienen am 25.09.2024
Zur Person
Thomas Kuehn
- gründete FarmInsect 2020 zusammen mit Wolfgang Westermeier,
- Firmensitz in Bergkirchen bei München,
- auf Insektenzuchtanlagen spezialisiertes Unternehmen, das eine modulare Komplettlösung für die regionale Vor-Ort-Produktion von Insektenlarven anbietet,
- branchenführende Entwicklung von Insektenzuchtverfahren und genetischen Stämmen mit verbesserter Anpassungsfähigkeit an lokal verfügbares Larvenfutter.
Und da greifen die Insektenlarven? Genau, denn die Insektenlarven sind Proteinfuttermittel. Für wen lohnt sich die Anschaffung einer Larvenmastanlage? Welche Voraussetzungen müssen dafür gegeben sein? Das ist sehr individuell. Grundsätzlich ist eine Anlage zur Insektenmast eher für mittlere und größere Betriebe geeignet. Für die kleinen Betriebe ist es meist nicht wirtschaftlich. Grundsätzlich sind für den Landwirt zwei Faktoren wichtig: erstens, welche Futtermittel bei ihm auf dem Hof hergestellt werden oder in der Region verfügbar sind, und zweitens, wie hoch die Energiekosten seines Betriebes sind. Wir rechnen das auch mit jedem interessierten Landwirt gesondert durch. Wir waren tatsächlich schon mit Interessenten im Gespräch, bei denen Futter und Energie so teuer waren, dass sich die Installation einer Larvenmastanlage negativ auf das Betriebsergebnis ausgewirkt hätte. Dann raten wir explizit von dieser Investition ab. Wie viele Anlagen haben Sie bisher verkauft? Inzwischen haben wir knapp 20 Anlagen verkauft. Zu erwähnen ist aber, dass von diesen 20 Anlagen noch nicht alle stehen. Zudem ist jetzt auch eine neue Anlagen-Generation an den Start gegangen, die Generation 7. Die Anlage von Herrn Clemens große Macke, um die sich die Reportage dreht, war die dritte dieser neuen Generation 7. Wie ist das Feedback der Landwirte? Die Anlagen der Generation 7 sind so gut angelaufen wie nie zuvor. Aktuell stehen zwei weitere Anlagen dieses Typs vor der Inbetriebnahme. Die Anlagen funktionieren gut, die Landwirte sind zufrieden. Bei konsequenter Kreislaufwirtschaft sparen sie bis zu 30 % an Futtermittelkosten ein. Organische Abfälle werden in einem Stoffkreislauf besser verwertet. Dazu kommt, dass sie zusätzliche Einnahmequellen durch den anfallenden Dünger, aus Biogas und durch den Verkauf von Larven an Drittverarbeiter generieren können. Zufrieden sind die Landwirte auch mit den Leistungen ihrer Tiere. Studien der Technischen Hochschule Bingen und der Universität Wageningen in den Niederlanden belegen diese positiven Effekte. Was wir selbst bei den Landwirten sehen, ist, dass durch die Fütterung von Insektenlarven unerwünschtes Verhalten wie Federpicken bei Geflügel oder Schwanzbeißen bei Schweinen nachlässt. Wie sieht Ihre Zukunftsplanung aus, wo soll der Weg hingehen? Unser Ziel ist es, Soja und Fischmehl in der Tierfütterung komplett durch Insekten zu ersetzen, natürlich nicht allein nur mit FarmInsect, sondern zusammen mit anderen Insektenfirmen. Das ist unser Ziel, das ist unsere Vision. Wir möchten natürlich mit unserem Unternehmen weiter wachsen, mehr Anlagen an Landwirte verkaufen, die Insektenfütterung generell bekannter machen und das Thema weiter in die Welt bringen. Wir haben zudem den großen Vorteil, dass die Insektenfütterung politisch gewollt ist. Von der EU-Kommission über die Bundesregierung bis hin zu den einzelnen Landesregierungen wird das unterstützt. Wir haben für unser Start-up eine Förderung und zusätzlich von der EU-Kommission Investitionsmittel in nicht unerheblicher Höhe bewilligt bekommen. Das spricht für uns und ebnet den Weg in die Zukunft.
„In jedem Fall sind landwirtschaftliche Betriebe durch eine Insektenmast in der Lage, hochwertige Proteinfuttermittel in Eigenregie herzustellen.“ Thomas Kuehn
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