Karriere mit Freilandhennen
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Dass Bente Bronsema einmal eine fast 15 000 Tiere umfassende Legehennenherde managen würde, konnte niemand absehen, am wenigsten die engagierte Landwirtin selbst. Aufgewachsen in Schleswig-Holstein hatte sie zwar schon früh Interesse an biologischen Zusammenhängen und der Landwirtschaft. Deshalb studierte sie dann auch Agrarwissenschaften in Göttingen. Dort galt ihr Interesse aber vor allem der Pflanzenzüchtung. Es folgte eine zweijährige Tätigkeit als Pflanzenzüchterin in einem Zuchtunternehmen. Nebenbei startete sie gemeinsam mit ihrem Ehemann die Bewirtschaftung von Blumenfeldern zum Selbstpflücken. Obwohl ihr diese Tätigkeiten Spaß machten, stellte Bente Bronsema fest, dass ihr die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wichtiger ist als ursprünglich gedacht. Sie gab deshalb ihren Angestelltenjob auf und zog in den Landkreis Cuxhaven, der Heimat ihres Mannes Hauke, der dort Geschäftsführer der örtlichen Raiffeisen WeserElbe eG ist.
Eigene Ziele verwirklichen
Doch eines war Bente Bronsema dabei immer klar: „Ich habe nicht Agrarwissenschaften studiert und mich fortgebildet, um danach mein Wissen nicht auch anwenden zu können. Die Blumenfelder sind zwar eine tolle Beschäftigung, sie lasten mich aber nicht aus.“
Deshalb suchte die Familie – mittlerweile ist sie um drei Kinder reicher geworden – eine Möglichkeit, eigene Landwirtschaft zu betreiben, die vorrangig von der jungen Landwirtin gemanagt werden kann. Diese ergab sich 2019 mit dem Kauf der Hofstelle in Elmlohe, Landkreis Cuxhaven. „Ich wollte eine Tierhaltung mit hoher gesellschaftlicher Akzeptanz aufbauen. Deshalb hatten wir schon seit Längerem die Idee, Legehennen in Freilandhaltung zu halten. Die Hofstelle in Elmlohe bot hierfür die entsprechenden Stallungen.“
Hohe Tierwohl-Standards
Der Stallumbau vom Hähnchenmaststall zu einem Legehennenstall dauerte ein halbes Jahr. Bronsemas entschieden sich für eine Jansen Voliere Comfort 2 inside, insgesamt wurden drei Volieren mit innenliegendem Eierband und Eierbandabdeckung in den Stall gebaut. Die Voliere hat Klappnester, die täglich um 14 Uhr zuklappen, eine aufrollbare Eierbandabdeckung und ovale Sitzstangen. „Die ovalen anstelle von runden Sitzstangen fördern eine gute Ballengesundheit der Hennen und werden besser von den Tieren angenommen“, erklärt Bente Bronsema. Je Voliere gibt es zwei Futterlinien, eine Wasserlinie vor den Nestern sowie eine in der untersten Ebene. Eine nachträglich einzubauende Kotgrube wäre zu aufwendig gewesen. Stattdessen befördert ein flaches Kotband den Hühnerkot aus dem Stall, er wird von einer Biogasanlage verwertet. Unter jeder Voliere gibt es Einstreureduzierer, um die Staubbelastung für Mensch und Tier gering zu halten.
Die Besatzdichte ist etwas niedriger als gesetzlich gefordert: 15,8 Hennen je m² Stallgrundfläche statt der erlaubten 18 Tieren je m². Als Auslauf steht den Hennen ein 6,3 ha großes Außengelände zur Verfügung mit Unterschlupfhütten und Hecken. Die Eier werden mit dem Eierband in ein separates Gebäude transportiert und dort sortiert und verpackt. Diese Anordnung hat zwei Vorteile: Zum einen gewinnen die Hennen dadurch mehr Platz (13 % mehr je Legehenne), als wenn die Eierverpackung mit im Stall wäre, und zum anderen ist die Arbeit im separaten Gebäude staubfreier und angenehmer. Eine Besonderheit ist dadurch das Eiertransportband, das die Eier von einem Gebäude zum anderen transportiert. Vermarktet werden die Eier an eine Packstelle und in geringen Mengen über den AbHof-Verkauf.
Gegen Hitze gerüstet
Wichtig war dem Landwirtsehepaar, auch für Hitzeperioden vorzusorgen, denn jenseits der 24 °C und mit steigender Luftfeuchtigkeit fängt für die Legehennen schon der Hitzestress an. Sie fangen an zu hecheln, und neben der körperlichen Belastung kostet diese erhöhte Atmung viel Futterenergie und damit Leistung. Um das zu verhindern, haben Bronsemas Wert auf eine Sprühkühlung gelegt. Im Stall wird durch Sprühdüsen in kurzen Zeitabständen Wasser vernebelt. Durch die Verdunstungskälte wird die Lufttemperatur gesenkt. „Mit dem Klimawandel wird es immer mehr heiße Tage in Deutschland geben, da ist es für uns selbstverständlich, den Tieren Linderung zu verschaffen. Außerdem ist das Arbeiten im Stall auch für uns schöner, wenn es nicht so heiß ist. In Volierenställen ist die Sprühkühlung noch nicht so häufig im Einsatz, man befürchtet zu viel Feuchtigkeit für die Stalleinrichtung und die Einstreu, aber wir haben bisher nur gute Erfahrungen damit gemacht“, erklärt Bente Bronsema.
Als Rasse haben sie sich für die Dekalb White-Hennen mit ungekürztem Schnabel entschieden. Die Besonderheiten dieser langjährig bewährten Weißleger sind viele verkaufsfähige Eier mit starker Schale, ein ruhiges Tierverhalten sowie eine lange Nutzungsdauer. „Die Einstallung dieser Hennen schien uns auf Basis der Eigenschaften und der prognostizierten Leistungsdaten vor dem Hintergrund eines stabilen Gesundheitsstatus und einer guten Futterverwertung als wirtschaftlich vorteilhaft“, erklärt Bente Bronsema.
Erfolgreicher Start
Ende Juli 2021 war ihr erster Durchgang beendet; Zeit, einmal Bilanz zu ziehen. „Die Erwartungen an die Rasse sind komplett erfüllt worden. Wir sind sehr zufrieden mit der Wirtschaftlichkeit. Der Futterverbrauch lag bei 119 g pro Tier ab Einstallung mit 16 Lebenswochen (LW) und jede Henne legte im Schnitt 509 Eier in 100 LW. Bis zur 81. LW lag die Legeleistung bei über 90 %, und bis zur 97. LW immerhin noch bei über 80 %. Selbst bei Ausstallung hatten wir noch 75 % Legeleistung. Die Hennen sahen zur Ausstallung immer noch gut aus, es trat kein Federpicken oder Kannibalismus auf, und das, obwohl wir auch noch rund sechs Monate Aufstallung hinter uns haben aufgrund der Stallpflicht durch die Vogelgrippe im Winter 2020/2021.“
In guter Gesellschaft
Auch mit der Beratung und Unterstützung seitens Junghennenlieferant, Futtermühle und Tierarzt war die Landwirtin sehr zufrieden. „Alles klappte wie besprochen und unkompliziert erhielten wir Hilfe und Beratung, wenn wir sie brauchten. Wir wurden in diesem ersten Durchgang bestens betreut und intensiv begleitet, das war top!“
Lars Raterink, Verlaufsleiter bei ab ovo für Niedersachsen und Schleswig-Holstein, freut sich über die guten Leistungen des Betriebs und „seiner“ Hennen. „Der Familie Bronsema ist ein sehr guter erster Durchgang gelungen und sie erreichten das Ziel unseres Zuchtunternehmens von 500 Eiern in 100 Lebenswochen. Eine verlängerte Haltungsdauer bei weiterhin hoher Legeleistung und bester Tiergesundheit erfordert ein sehr gutes Management. Für diese besondere Leistung haben wir die Familie und ihre Mitarbeiter mit einem Award ausgezeichnet.“
Ausgefeiltes Split Feeding
Solch eine gute Leistung ist nur mit einem ausgefeilten Futterkonzept zu erzielen. Bente Bronsema nutzt die 2-PhasenFütterung, auch Split Feeding genannt. Split Feeding bietet eine auf den Eiproduktionszyklus der Henne abgestimmte Nährstoffversorgung. Es kommen täglich zwei Futtersorten zur Anwendung: Das Morgenfutter ist abgestimmt auf die Bildung des Eiinhalts. Es enthält einen erhöhten Energie-, Eiweiß- und Phosphorgehalt und weniger Calcium und macht 40 % der Tagesration aus. Das Mittagsfutter stellt 60 % der Tagesration und fördert mit einem höheren Calciumgehalt die Bildung der Eischale. Die Energie-, Eiweiß- und Phosphorgehalte sind jedoch niedriger.
Diese Fütterung mit zwei Futterzusammensetzungen ermöglicht eine höhere Fütterungseffizienz durch eine bedarfsgerechte Nährstoffversorgung der Henne. Es werden weniger überschüssige Nährstoffe, hier vor allem Stickstoff und Phosphor, ausgeschieden. Außerdem trägt das Fütterungskonzept zu einer besseren Eischalenqualität bei, die aufgrund der länger werdenden Haltungsdauer immer wichtiger wird. „Wir hatten bis zuletzt nur ganz wenig Brucheier und eine gute Schalenqualität“, bestätigt die Landwirtin das Konzept.
„Die Umsetzung des Split Feedings ist einfach: Man benötigt zwei Silos je Stall für den einfachen Wechsel zwischen den Futtersorten, eine Waage im Zulaufbehälter und eine einwandfrei funktionierende, automatische Futterumstellung. Wir haben eine separate Zuführung mit zwei Futterschnecken ab der Futterwaage im Stall, dadurch können wir die beiden Futtersorten wirklich ganz exakt dosieren und Vermischungen vermeiden.“
Arbeitszeit ist knappes Gut
Die Tiergesundheit wird abgesichert mit einer kontinuierlichen tierärztlichen Bestandsbetreuung. Darin enthalten sind ein ausgefeiltes Impfprogramm und eine regelmäßige Entwurmung alle acht Wochen ab LW 48. In Stressphasen wie Hitze oder Impfung bekommen die Hennen zusätzliche Vitamine sowie Elektrolyte und für eine stabile Darmgesundheit und Wasserhygiene regelmäßige Zugaben von Säuren und Chlor.
Zur Beschäftigung stehen den Hennen Picksteine und Luzerneballen zur Verfügung und während des Tages läuft immer ein Radio. „Das ist zum Arbeiten bei den Hennen schön, aber wir haben den Eindruck, dass auch die Hennen Musik mögen“, berichtet Bente Bronsema lachend.
Erst Tiere, dann Kinder
Ihr Arbeitsalltag ist geprägt durch knappe Arbeitszeit, da die Tierhalterin hauptsächlich morgens die Arbeiten erledigt, um nachmittags Zeit für ihre Kinder zu haben. Trotzdem waren ihr die Legehennen noch nicht genug: Im Jahr 2020 pachtete sie im Nachbarort einen Schweinestall und hält dort nun 800 Mastschweine nach den Initiative Tierwohl-Kriterien Stufe 2. Damit die Arbeit der Familie auch langfristig nicht über den Kopf wächst, haben sie zwei Mitarbeiter eingestellt. Ein Vorteil in der Arbeitserledigung ist, dass Bronsemas so gut wie keine Außenwirtschaft haben, mit Ausnahme des Schnittblumenanbaus ist alles an Lohnunternehmer vergeben oder wird durch Kooperationen mit anderen Betrieben erledigt.
Die Zusammenarbeit mit weiteren Betrieben ist uns sehr wichtig. So ergänzen wir uns in unseren Stärken und Möglichkeiten und können sogar teilweise geschlossene Kreisläufe erreichen, die alleine kaum zu schaffen wären“, ist die junge Landwirtin zufrieden mit dem bisher Erreichten.
„Wir wollen alles daran setzen, den Erfolg des ersten Durchgangs bei den Legehennen zu wiederholen und die Öffentlichkeitsarbeit weiter ausbauen. Ich freue mich, dass wir auf die Legehennen eine so positive Resonanz bekommen.“ Weiter wachsen ist nun erst einmal nicht mehr angesagt – doch an Ideenreichtum für zukünftige Projekte mangelt es Bente Bronsema ganz sicher nicht.
Hof Geesteallee GbR
- Tiere: 14 999 Legehennen, Genetik Dekalb White von Hendrix Genetics, Junghennen geliefert von ab ovo, 800 Mastschweine, Haltungsstufe 2
- Flächen: 130 ha insgesamt, davon 44 ha Grünland inkl. 6 ha Auslauf, 86 ha Ackerland, 6 ha Sonderkultur Schnittblumen
- Arbeitskräfte: Bente und Hauke Bronsema sowie zwei Mitarbeiter
Zur Person
Bente Bronsema hat an der Georg-August-Universität Göttingen Agrarwissenschaften studiert, wo sie auch ihren Mann Hauke kennenlernte. Im Anschluss an das Studium war sie zwei Jahre im Bereich der Pflanzenzüchtung tätig, bevor sie nach und nach begann, sich ihren Traum vom eigenen Unternehmen zu verwirklichen. Mittlerweile betreut die dreifache Mutter mit der Unterstützung ihres Mannes und von zwei Mitarbeitern knapp 15 000 Legehennen und 800 Mastschweine.
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