
Protest vor dem Kanzleramt
In einem offenen Brief haben BUND, DNR, NABU und Greenpeace die Bundesregierung aufgefordert, im EU-Agrarrat der Deregulierung der Neuen Züchtungstechniken nicht zuzustimmen. Anlässlich einer Protestaktion vor dem Bundeskanzleramt plädierte der geschäftsführende BÖLW-Vorstand Röhrig für den Erhalt des Vorsorgeprinzips. Nach Auffassung von DBV-Generalsekretärin Sabet muss bei den Trilogverhandlungen die Qualität des Ergebnisses Vorrang vor einem schnellen Abschluss haben.
von AgE erschienen am 03.12.2025Am Tag vor einer möglichen Einigung der europäischen Gesetzgeber haben Umwelt- und Ökolandbauverbände vor dem Bundeskanzleramt gegen Änderungen am EU-Gentechnikrecht demonstriert. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Deutsche Naturschutzring (DNR), Greenpeace und der Naturschutzbund Deutschland (NABU) veröffentlichten zudem am Dienstag (2.12.) einen an Bundeskanzler Friedrich Merz und Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer adressierten offenen Brief. Darin fordern sie die Bundesregierung auf, sich gegen die Deregulierung der Neuen Züchtungstechniken (NZT) zu positionieren.
Die als gentechnikfreundlich geltende dänische Ratspräsidentenschaft hat sich zuletzt zuversichtlich gezeigt, dass es bei den Trilogverhandlungen am Mittwoch (3.12.) zu einer Einigung kommen könnte. Eine Sprecherin des dänischen Vorsitzes hatte gegenüber AGRA Europe zuletzt von „guten Fortschritten“ auf technischer Ebene berichtet. Einem etwaigen Kompromiss zwischen den Verhandlern von Rat und EU-Parlament müssen anschließend beide Co-Gesetzgeber noch formal zustimmen.
Welche Position Deutschland dabei im Rat vertreten wird, ist nach wie vor unklar. In mehreren Sonderausschusssitzungen des Bundestages wurde vergangene Woche deutlich, dass Union und SPD noch mehrere strittige Punkte trennen. Gegenüber AGRA Europe teilte ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMLEH) am Dienstag mit, dass sich das Ministerium für einen „tragfähigen Kompromiss als Basis für einen gesellschaftlich akzeptierten Umgang“ mit den neuen Verfahren einsetze. Zu Details könne man sich noch nicht äußern, so der Ministeriumssprecher.
Verbände fordern Ablehnung
In ihrem offenen Brief fordern die Umweltverbände, dass die Bundesregierung sich in der Abstimmung im Rat gegen die Reform positioniert. Aus Sicht der Unterzeichner werden im Trilog grundlegende Sicherheitslinien für ein verantwortungsvolles Gentechnikrecht missachtet. Nach dem Dafürhalten von BUND, DNR, Greenpeace und NABU wären Umwelt, Verbraucher sowie die gentechnikfreie ökologische und konventionelle Landwirtschaft, aber auch die Lebensmittelhersteller und der -handel künftig nicht mehr ausreichend geschützt.
BUND-Vorsitzender Olaf Bandt, der geschäftsführende Greenpeace-Vorstand Martin Kaiser, NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger und DNR-Präsident Prof. Kai Niebert forderten die Bundesregierung auf, sich für das Vorsorgeprinzip und für den Erhalt der ökologischen und konventionellen gentechnikfreien Züchtung und Landwirtschaft einzusetzen. Auf EU-Ebene müsse verhandelt werden, bis ein ausgewogenes Ergebnis vorliege.
Wettbewerbsvorteile erhalten
Nach den Worten des geschäftsführenden Vorstands vom Bund für Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Peter Röhrig, gibt es keinen Grund, das bisherige Vorsorgeprinzip aufzugeben. „Gentechnisch manipuliertes Saatgut ohne Risikoprüfung ins Freiland zu lassen und dann ohne Kennzeichnung aufzutischen, widerspricht den zentralen Prinzipien der Biolebensmittelwirtschaft: Vorsorge, Transparenz und Kontrolle“, unterstrich Röhrig bei der Protestaktion, an der unter anderem auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die IG Nachbau und die Organisation Save Our Seeds teilnahmen.
Die Geschäftsführerin der AbL, Xenia Brand, appellierte an die Bundesregierung, die Wettbewerbsfähigkeit und Wettbewerbsvorteile europäischer Bauern und der gesamten Lebensmittelkette zu sichern. Die Vorteile einer gentechnikfreien konventionellen und ökologischen Lebensmittelerzeugung dürften nicht abgeschafft werden.
Züchtungsfortschritt nicht blockieren
Die Generalsekretärin des Deutschen Bauernverband (DBV), Stefanie Sabet, begrüßt im Grundsatz die geplante Öffnung hin zu innovativen Technologien. Gleichzeitig sieht sie aber in der möglichen Einführung von Patenten eine klare rote Linie überschritten. Sabet sprach sich mit Blick auf den möglichen Abschluss des Trilogs dafür aus, bei den Verhandlungen der Qualität des Ergebnisses Vorrang vor einem schnellen Abschluss einzuräumen. „Patente dürfen den Züchtungsfortschritt nicht blockieren“, betonte die Generalsekretärin. Wenn zentrale Pflanzeneigenschaften von einzelnen Unternehmen monopolisiert würden, verlören Landwirte und kleine und mittelständische Züchter den Zugang zu wichtigem genetischem Material.









