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Pflanzenzüchtung

EU: Tri­lo­gei­ni­gung zu den Neu­en Züch­tungs­tech­ni­ken

Es gibt eine politische Einigung auf eine Verordnung für neue Züchtungstechniken (NZT). EU-Kommission, Rat und Europaparlament haben sich unter anderem darauf verständigt, dass Patente auf NZT zulässig sind. Allerdings soll es spezifische Schutzmaßnahmen geben, um die Bezahlbarkeit und den „fairen Zugang“ für Landwirte zu gewährleisten.

von Agra Europe erschienen am 05.12.2025
© ZCOOL HelloRF/Shutterstock
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In der EU wird der Umgang mit neuen Züchtungstechniken (NZT) erstmals in einem eigenen Gesetz geregelt. Am 4. Dezember haben sich die Trilog-Teilnehmer aus Europäischer Kommission, Europaparlament und Rat politisch auf ein Gesetz geeinigt. Bevor die Verordnung in Kraft treten kann, muss sie noch in zweiter Lesung von Rat und Europaparlament angenommen werden, was normalerweise als Formsache gilt.

Der Übereinkunft zufolge sollen die NZT-Pflanzen der sogenannten Kategorie 1 den Pflanzen aus konventioneller Züchtung gleichgestellt werden. Die nationalen Behörden müssen künftig vor Markteintritt prüfen, ob Pflanzen dieser Kategorie angehören. Entsprechende Nachkommen müssen jedoch nicht nachträglich überprüft werden.

Keine Kennzeichnungspflicht bei Kategorie 1

NZT-1-Pflanzen und daraus hergestellte Produkte sollen nicht gekennzeichnet werden müssen. Ausnahmen sollen allerdings für Saatgut und anderes pflanzliches Vermehrungsmaterial von NZT-1-Pflanzen gelten. Hier soll es eine Kennzeichnungspflicht geben. Gleichzeitig soll es den Marktteilnehmern aber ermöglicht werden, eine von NZT-Erzeugnissen freie Lieferkette sicherzustellen.

Darüber hinaus haben sich Parlament und Rat auf eine Ausschlussliste von Merkmalen verständigt. Erzeugnisse mit dort definierten Eigenschaften werden von der Kategorie 1 ausgeschlossen. Dazu zählen z. B. Herbizidtoleranz und die Fähigkeit von Pflanzen, insektizide Substanzen selbst zu erzeugen. Letzteres trifft bekanntlich auf eine Reihe von Pflanzen zu, die unter die gentechnisch veränderten Organisamen (GVO) fallen.

Hier haben die Co-Gesetzgeber den Vorschlag der Kommission abgeändert. Solche Pflanzen müssen zukünftig in die Kategorie 2 der künftigen NZT-Verordnung eingeordnet werden. Sie unterliegen somit weiterhin der Zulassung, Rückverfolgbarkeit und Überwachung.

Verpflichtende Produktkennzeichnung bei Kategorie 2

Unter Kategorie 2 werden in der Regel Pflanzen „mit komplexeren oder weniger naturäquivalenten Genomveränderungen“ zusammengefasst. Konkret bedeutet dies, dass selbige unter die bestehenden Anforderungen der GVO-Gesetzgebung fallen. Darin eingeschlossen ist die bereits obligatorische Produktkennzeichnung.

Wenn diese Kennzeichnung Informationen über die veränderten Merkmale enthält, muss sie alle relevanten Merkmale abdecken. Dadurch sollen Verbraucher Zugang zu genauen und umfassenden Informationen erhalten. Rat und Parlament haben zudem vereinbart, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, den Anbau von NZT-2-Pflanzen in ihrem Hoheitsgebiet abzulehnen.

Die Vereinbarung enthält außerdem optionale Koexistenzmaßnahmen. Die Mitgliedstaaten können Maßnahmen ergreifen, um das unbeabsichtigte Vorkommen von NZT-2-Pflanzen und anderen Produkten zu vermeiden.

Patente müssen öffentlich gemacht werden

Auch bei der bis zuletzt umstrittenen Patenfrage wurde eine Einigung erzielt. Festgestellt wurde, dass Patentregeln durch die EU-Biotechnologierichtlinie geregelt werden. Die neue NZT-Verordnung soll jedoch den Bedenken von Pflanzenzüchtern und Landwirten hinsichtlich der Patentierung Rechnung tragen. So müssen Züchter, die die Registrierung einer NZT-Pflanze oder eines NZT-Produkts der Kategorie 1 beantragen, Informationen zu allen bestehenden oder angemeldeten Patenten einreichen. Diese Informationen müssen in einer öffentlich zugänglichen Datenbank hinterlegt werden.

Darüber hinaus können Züchterhäuser freiwillig Informationen über die Absicht des Patentinhabers zur Lizenzierung der Nutzung einer patentierten NZT-1-Pflanze oder eines patentierten NZT-Produkts zu fairen Bedingungen bereitstellen.

Rat und Parlament wollen zudem eine Expertengruppe für Patentierung einrichten. Diese soll sich mit den Auswirkungen von Patenten auf NZT-Pflanzen befassen und sich aus Experten aller Mitgliedstaaten, des Europäischen Patentamts (EPA) und des Gemeinschaftssortenamts zusammensetzen. Ein Jahr nach Inkrafttreten der Verordnung soll die Kommission dann eine Studie über die Auswirkungen der Patentierung auf Innovationen, die Verfügbarkeit von Saatgut für Landwirte und die Wettbewerbsfähigkeit des EU-Pflanzenzüchtungssektors veröffentlichen.

Keine NZT im Ökolandbau

Im Ökolanndbau sollen keine NZT-Pflanzen zulässig sein. Das technisch unvermeidbare Vorkommen von Pflanzen der Kategorie 1 stellt jedoch keinen Verstoß gegen die Vorschriften der EU-Ökoverordnung dar. Die Kommission hat eine Prüfung zugesagt, ob diese Verordnung für Biobetriebe administrative, wirtschaftliche oder praktische Belastungen mit sich bringt. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf deren eigene Wahrnehmung und die der Verbraucher.

Kontroverse Diskussionen zur Einigung

Die Reaktionen aus der Politik auf die Trilog-Einigung zur Verordnung für Neue Züchtungstechniken fallen erwartbar gespalten aus. Während manche auf Innovationsschübe setzen, warnen andere vor falschen Versprechen der NZT. Die EVP begrüßt das Ergebnis, während SPD und Grüne Kritik üben.

Der Deutsche Bauernverband hat das Trilogergebnis zu den NZT wegen fehlender Maßnahmen gegen Patente scharf kritisiert. Die vorliegenden Vorschläge seien „praxisfern und wirkungslos“. Begrüßt wurde der Kompromiss dagegen vom Deutschen Raiffeisenverband, dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter, dem Deutschen Agrarhandel und dem Industrieverband Agrar. 

Der Bayreuther Rechtswissenschaftler Prof. Kai Purnhagen geht davon aus, dass der globale Markt bei Neuen Züchtungstechniken künftig von den USA und China bestimmt wird. Europa sei trotz der jüngsten Trilogeinigung zu spät dran. Mit Blick auf die Kontroverse um Patente stellte Purnhagen klar, dass das Wettbewerbsrecht, nicht das Patentrecht, zuständig sei, um Marktkonzentrationen zu verhindern.