
Darmgesundheit bei Geflügel
Impfungen können Geflügel nicht nur vor Krankheiten schützen, sondern auch den empfindlichen Darm stabilisieren. Neue Forschungsergebnisse aus den USA zeigen, dass Impfstoffe oft weiterreichende Effekte auf die Entwicklung der Darmflora haben, als bisher angenommen.
von DGS Redaktion Quelle ModernPoultry erschienen am 04.09.2025Das Wissen über die Rolle des Darms hat sich in den letzten15 Jahren stark erweitert. Möglich wurde dies durch neue Untersuchungsmethoden, mit denen sich die gesamte Bakteriengemeinschaft im Darm untersuchen lässt. Nach den Worten von Geflügelmikrobiologe Tim Johnson von der University of Minnesota im Fachmagazin Modern Poultry sind vor allem die ersten drei Lebenswochen der Tiere entscheidend, denn zunächst siedeln sich Bakterien an, die unter bestimmten Bedingungen Probleme bereiten können. Mit der Zeit stellt sich jedoch ein stabileres Umfeld ein, in dem sich nützliche Bakterien durchsetzen.
Für die Praxis bedeutet das, dass schon kleine Veränderungen im Darm spürbare Folgen haben können. Etwa für die Futterverwertung oder die Abwehrkräfte. Bestimmte Bakterien, die ein gesundes Immunsystem anzeigen, erscheinen bei gut entwickelten Tieren früh. Kommt es dagegen zu einem Ungleichgewicht – einer sogenannten Dysbiose – erscheinen diese Marker verzögert. Störungen können nicht nur am Anfang auftreten, sondern auch in Stressphasen, etwa beim Umstallen, bei Hitze oder nach Impfungen.
Johnson verweist im Gespräch mit Modern Poultry darauf, dass Studien dabei unterschiedliche Effekte zeigen: Manche Impfstoffe können das Gleichgewicht im Darm kurzzeitig stören. Andere dagegen, vor allem solche, die direkt im Darm wirken, tragen zu mehr Stabilität bei. Besonders deutlich wurde das bei der Eimeria-Impfung, die Johnson gemeinsam mit Boehringer Ingelheim untersucht hat. Ungeimpfte Tiere entwickelten nach einer Infektion schnell ein Ungleichgewicht, unter anderem eine Zunahme unerwünschter Bakterien wie Clostridium. Geimpfte Tiere dagegen behielten eine stabilere Darmflora, wiesen vermehrt nützliche Lactobacillus-Bakterien auf und waren insgesamt besser geschützt.
Für Johnson ergibt sich daraus, dass Impfungen mehr leisten können als reine Krankheitskontrolle. Sie sollten seiner Ansicht nach als Teil einer umfassenden Strategie zur Förderung der Darmgesundheit gesehen werden, besonders in den empfindlichen frühen Lebenswochen.
Gleichzeitig weist Johnson darauf hin, dass die Kombination von Impfungen mit Futterzusätzen wie Probiotika oder pflanzlichen Produkten nicht automatisch bessere Ergebnisse bringt. Solche Kombinationen müssten vor dem breiten Einsatz sorgfältig geprüft werden. Für die Zukunft sieht er Fortschritte in der funktionellen Analyse von Stoffwechselprodukten der Bakterien sowie in praxisnahen Diagnosetests, die eine schnelle Beurteilung der Darmgesundheit im Stall ermöglichen könnten.
Sein Fazit im Gespräch mit Modern Poultry: Die Darmgesundheit ist ein vielschichtiges Thema. Impfungen, gezieltes Management und die Reduktion von Stress können zusammengenommen die Grundlage für widerstandsfähigere Herden schaffen.