
Dauerkrise Geflügelpest in den USA
Was früher als saisonales Phänomen galt, hat sich inzwischen zu einer permanenten Gefahr für die Geflügelbranche in den USA entwickelt.
von DGS Redaktion Quelle Modern Poultry erschienen am 24.04.2025Wie Dr. Matt Koci, Virus-Experte und Professor am Prestage Department of Poultry Science der North Carolina State University, im Interview mit Modern Poultry erklärt, ist die Vogelgrippe inzwischen zu einer ständigen Bedrohung geworden. „Früher gingen die Fälle nach jeder Zugvogelsaison zurück, doch seit 2022 sind die Ausbrüche nicht mehr verschwunden. Das Virus hat sich in lokalen Wildvogelpopulationen etabliert und stellt nun das ganze Jahr über ein Risiko dar“, so Koci.
Besonders in North Carolina seien mittlerweile auch wilde Vögel Virusträger, was die Gefahr für Geflügelbestände nochmal erheblich erhöhe. Dort sind die Auswirkungen des Virus dramatisch: Allein im Jahr 2025 sind mehr als 3,3 Millionen Legehennen an der Krankheit gestorben oder wurden gekeult. North Carolina gehört zu den wichtigsten US-Bundesstaaten für die Geflügelerzeugung,
Heimische Wildvögel als Überträger
Während bisher vor allem Zugvögel als Überträger des Virus galten, beobachten Experten jetzt eine dauerhafte Präsenz des Virus in lokalen Wildvögeln. „Die Art und Weise, wie das Virus in Geflügelhaltungen gelangt, verändert sich“, erklärt Koci. „Früher haben wir uns auf Zugvögel konzentriert, jetzt müssen wir auch auf die heimischen Wildvögel achten.“ Dies erfordere eine Anpassung der bisherigen Biosicherheitsmaßnahmen und eine stärkere Wachsamkeit, um einen Viruseintrag auch außerhalb der Zugvogelsaison zu verhindern.
Verheerende Auswirkungen auf die Geflügelbranche
Die Verluste für die Geflügelbranche in den USA sind enorm: Allein in den ersten Monaten des Jahres 2025 wurden in den USA rund 20 Millionen Vögel durch die Vogelgrippe getötet oder mussten gekeult werden, darunter mehr als 18 Millionen Legehennen. Die Erneuerung der Tierbestände dauert nicht nur Wochen, sondern auch die erforderlichen Reinigungsprozesse nach einem Ausbruch verlängern die Ausfallzeiten der Betriebe erheblich. „Es dauert etwa 20 Wochen, bis neue Hennen ausgewachsen und produktiv sind“, so Koci. In dieser Zeit können viele Betriebe nicht produzieren, was sich unmittelbar auf die Preise von Eiern und anderen Geflügelprodukten auswirkt.
Impfungen als Lösung?
Die Frage, ob Impfungen gegen die Vogelgrippe eine langfristige Lösung darstellen könnten, wird zunehmend diskutiert, berichtet Koci. Zwar gibt es inzwischen erste Zulassungen für Impfstoffe, doch der großflächige Einsatz von Impfungen könnte internationale Handelshemmnisse nach sich ziehen. Länder, die Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) sind, müssen ihre Geflügelbestände als frei von Vogelgrippe nachweisen, um ihre Produkte exportieren zu können. Impfungen würden diese Anforderungen infrage stellen. „Die Entscheidung, ob wir auf Impfstoffe setzen, ist noch nicht gefallen, da die ökonomischen und handelspolitischen Auswirkungen genau abgewogen werden müssen“, erklärt Koci.
Geflügelbranche muss sich weiter anpassen
Die anhaltende Bedrohung durch die Vogelgrippe wird die Geflügelerzeugung in den kommenden Jahren weiterhin prägen. Laut Koci müssen sich Landwirte und die gesamte Branche auf eine „endemic“ Realität einstellen, in der Vogelgrippe nicht mehr nur saisonal auftritt, sondern dauerhaft präsent ist. „Die Branche muss schnell lernen, sich dieser neuen Realität anzupassen, um die wirtschaftlichen Schäden zu begrenzen und gleichzeitig die Produktion sicherzustellen“, so Koci abschließend.