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Fütterung

Vom Mikrobiom zum Mehrwert

Fütterung, Wasserqualität und Stallmanagement beeinflussen das Mikrobiom entscheidend. Praktische Strategien zeigen, wie Landwirte die natürlichen Abwehrkräfte ihrer Tiere stärken können.

von Franz Knittelfelder Quelle Ing. Franz Knittelfelder erschienen am 06.10.2025
Ein stabiles Darmmikrobiom ist die Grundlage nachhaltiger Tiergesundheit. Es sorgt für effiziente Futterverwertung, stärkt die Abwehrkräfte und reduziert den Bedarf an Eingriffen. © 2024 Anusorn Nakdee/Shutterstock
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Der gesellschaftliche Druck, Antibiotika in der Tierhaltung zu reduzieren, ist hoch. Gleichzeitig stehen konventionell und biologisch wirtschaftende Landwirte vor der Herausforderung, leistungsfähige Herden professionell zu managen und wirtschaftlich erfolgreich zu arbeiten. Antibiotikafreie Geflügelhaltung ist kein Selbstläufer, sondern das Ergebnis eines perfekten Zusammenspiels von Management und Hygiene sowie Fütterung und Wasserqualität.

Hygiene vor und im Stall als Basis

Bereits vor dem Einstallen entscheidet sich, wie stabil die Gesundheit der Herde sein wird. Eine gründliche Reinigung und Desinfektion des Stalls, inklusive aller Wasserleitungen und Fütterungsanlagen, ist Grundvoraussetzung. Rückstände von Einstreu, Futter oder Biofilmen bieten Krankheitserregern Nischen, in denen sie sich vermehren und später ins Tier gelangen. Das Stallmikrobiom, also die Gesamtheit der Mikroorganismen in der Stallumgebung, darf dabei nicht unterschätzt werden. Ein ausgewogenes Mikrobiom trägt zur Darmgesundheit bei, während ein aus dem Gleichgewicht geratenes Milieu Infektionen begünstigt. Die proaktive Besiedelung des Stalls mit positiven Keimen hat sich als sehr vorteilhaft erwiesen, da positive Bakterien negative Keime verdrängen (Competitive Exclusion).

Genauso wichtig ist die Umgebungshygiene: Saubere Außenflächen, vor allem rund um die Silos, konsequente Schadnager-Bekämpfung und eine funktionierende Hygienebarriere im Vorraum.

Bei Freilandhaltung sind die Auslaufflächen in das Hygienemanagement miteinzubeziehen.

Frisch desinfizierter Stall – Basis für den neuen Durchgang.
Frisch desinfizierter Stall – Basis für den neuen Durchgang. © Knittelfelder

Futterlagerung entscheidet über Qualität

Lose Futtermittel neigen rasch zu Verderb, wenn sie nicht kühl und trocken gelagert werden. Unsachgemäße Lagerung kann Schimmelpilze, Oxidation und Nährstoffverluste begünstigen. Ein konsequentes Silo-Management umfasst den Silowechsel, vollständige Entleerung, Leerkontrolle sowie eine gründliche Nassreinigung mindestens einmal jährlich. Schadnager dürfen keinen Zugang zum Futter haben. Kondenswasser durch Temperaturschwankungen in Silos oder Förderanlagen kann zu Verderb führen, genauso wie eindringendes Regenwasser durch Gewitter mit Starkregen. Für Landwirte bedeutet dies, die gesamte Kette von der Anlieferung bis zur letzten Fütterung im Auge zu behalten. Nur so wird verhindert, dass negative Keime über das Futter in den Tierbestand eingetragen werden.

Futterqualität und Rezepturgestaltung

Ein wesentlicher Schlüssel zur Antibiotikareduktion liegt in der Futterzusammensetzung. Moderne Futtermittel für Broiler und Puten enthalten über 50 verschiedene Komponenten, die von den Experten, den sog. Tierernährer:innen in den Futtermühlen mit einem komplexen Rationsberechnungsprogramm erstellt werden. Das Herzstück der Optimierung ist die Rohstoffmatrix – eine Datenbank in der jeder einzelne Rohstoff beginnend bei Mais, Weizen und Sojaschrot hin zu Mengen- & Spurenelementen und Vitaminen erfasst und bewertet ist.

Weitere Infos zu Zusatzstoffen und Spezialprodukten stehen in der Infobox „Natürliche Alternativen zu Antibiotika im Hühnerstall“.

Natürliche Alternativen zu Antibiotika im Hühnerstall

Um Antibiotikaeinsatz zu vermeiden, setzen immer mehr Futtermühlen und Mastbetriebe auf natürliche Ergänzungen, die Darmgesundheit und Stallklima stabilisieren. Entscheidend ist ihr gezielter und kombinierter Einsatz.

  • Probiotika (z. B. Milchsäurebakterien, Bacillus-Stämme) verdrängen Krankheitserreger, stabilisieren die Darmwand und verbessern die Futterverwertung. Präbiotika wie Inulin oder Hefezellwände fördern gezielt das Wachstum nützlicher Mikroorganismen.
  • Klinoptilolith (Zeolith) bindet Toxine und Ammonium, entlastet Verdauung und Organe und führt zu trockenerer Einstreu sowie weniger Ammoniakausscheidungen.
  • Kräuterextrakte und ätherische Öle aus Oregano, Thymian oder Knoblauch wirken antibakteriell, entzündungshemmend und appetitanregend. Sie können Futter, Wasser oder Stallluft zugesetzt werden.
  • Organische Säuren wie Ameisen- oder Propionsäure verbessern die Futterhygiene, senken den pH-Wert im Darm und hemmen pathogene Keime.
  • Enzyme (Xylanase, ß-Glucanase, Proteasen) spalten schwer verdauliche Bestandteile und steigern die Nährstoffverfügbarkeit, besonders in getreidereichen Rationen.
  • Pflanzenkohle unterstützt durch Bindung von Schadstoffen die Verdauung und trägt zu trockenerer Einstreu bei.

Moderne NIRS-Analytik und nasschemische Verfahren ermöglichen eine präzise Bewertung der Rohstoffe und damit eine bedarfsgerechte Rationsgestaltung. Je exakter die Rohstoffqualitäten bestimmt werden, desto genauer treffen die fertigen Futtermittel den Bedarf je nach Alter und Leistung der Genetik.

Mögliche Schwankungen in Rohstoffqualitäten oder den Futtermischungen können zur Unter- oder Überversorgung mit Nährstoffen führen und den Verdauungstrakt belasten, bzw. das Wachstum der Tiere beeinflussen. Beispiel: Der Abbau von überschüssigem Eiweiß kostet Energie, Wasser und begünstigt zudem die Entwicklung von negativen Keimen im Darmtrakt.

Falls Futtermittel am Hof gemischt werden, sind sowohl Einzelfuttermittel als auch Mischfuttermittel regelmäßig repräsentativ zu bemustern und auf ihre Inhaltswerte zu überprüfen, um Schwankungen bei den Nährstoffgehalten frühzeitig auszugleichen. Des Weiteren sind auch Analysen der antinutritiven Stoffe, z.B. Trypsin-Inhibitor bei Sojaschrot, Sojakuchen und Vollfettsojabohne sowie die Schadstoffe, z.B. Mykotoxine in den Monitoringplan aufzunehmen. Zudem sollte die Wiege- und Mischgenauigkeit der Anlage regelmäßig einer professionellen Prüfung unterzogen werden. In der Praxis kommt es immer wieder zu Problemen durch unbemerkte technische Störungen bei den hofeigenen Mahl- und Mischanlagen.

Verdaulichkeit als unterschätzte Stellschraube

Die Eiweißqualität und -verdaulichkeit sind weitere entscheidende Faktoren. Hochwertige Proteinquellen mit hoher Proteinlöslichkeit sichern die optimale Versorgung, während antinutritive Substanzen wie Trypsin-Inhibitoren durch die optimale Toastung neutralisiert werden müssen. Phytate und Nicht-Stärke-Polysaccharide können durch den Einsatz von Phytase und NSP-Enzyme aufgeschlossen und für die Jungtiere verfügbar gemacht werden.

Siehe auch DGS Magazin 11|2023 Proteinabsenkung bei Broiler

Sauberes Tränkewasser: das meist unterschätzte Futtermittel

Trinkwasser ist das wichtigste Futtermittel für alle Tierarten. Verunreinigung des Wassers durch im Biofilm der Leitungen lebende Keime beeinflussen das Darmmikrobiom negativ und können zu Krankheiten führen. Je wärmer es im Stall ist und je weniger Wasser durchfließt, desto größer ist die Anzahl der Bakterien. Sauberes Tränkewasser unterstützt die Verdauung, stabilisiert die Darmflora und steigert die Futterverwertung. Ein konsequentes Management umfasst die regelmäßige Spülung und Desinfektion der Leitungen, die Überprüfung der Wasserqualität am Nippel oder Tränker sowie die technische Kontrolle der Tränkesysteme. Nur wenn Wasser jederzeit in ausreichender Menge in hygienisch einwandfreier Form zur Verfügung steht, können die Tiere ihr genetisches Potenzial ausschöpfen.

Küken finden am Nippelstrang schnell, was sie am dringendsten brauchen: Wasser.
Küken finden am Nippelstrang schnell, was sie am dringendsten brauchen: Wasser. © Knittelfelder

Einstreu als Gesundheitsfaktor

Auch die Wahl der Einstreu hat direkten Einfluss auf Tiergesundheit und Leistung. Sie muss in der Lage sein, Feuchtigkeit aus den Exkrementen rasch aufzunehmen und gleichzeitig wieder abzugeben. Eine trockene Einstreu reduziert das Risiko von Fußballenentzündungen und Ammoniakbelastung und trägt somit wesentlich zum Wohlbefinden bei. In der Praxis bedeutet Einstreumanagement, dass das Stallklima mit Heizung und Lüftung stets so zu steuern ist, dass überschüssige Feuchtigkeit abgeführt wird und die lockere Struktur der Einstreu erhalten bleibt.

Management als Schlüsselfaktor

Die besten Fütterungsstrategien und der Einsatz teurer Zusatzstoffe entfalten nur dann ihre Wirkung, wenn das Management durch den Landwirt perfekt ist. Geflügelhaltung verlangt heute ein hohes Maß an Professionalität. Alle technischen Möglichkeiten – von Fütterungsanlagen über Lüftungstechnik bis zur Wasserversorgung – müssen perfekt aufeinander abgestimmt sein. Dazu gehört auch die laufende Abstimmung mit dem Betreuungstierarzt.

Folgende Fragen sollte sich der Tierhalter täglich stellen:

  • Versorge ich die Tiere immer mit hochwertigen Futtermitteln?
  • Würde ich das Wasser aus der Tränkeleitung selbst trinken?
  • Entspricht das Verhältnis von Wasser- zu Futteraufnahme den SOLL Vorgaben?
  • Zerstört die Futteranlage Pellets oder entmischt sich die Ration auf dem Weg zum letzten Futtertopf?
  • Zeigen Tiere Leistungsabweichungen oder Krankheitssymptome?

Nur so können die genetisch möglichen Spitzenleistungen der Tiere und damit hohe Deckungsbeiträge erreicht werden. Moderne digitale Hilfsmittel unterstützen hier, ersetzen aber nicht den geschulten Blick des Landwirts.

Ganzheitliche Strategien statt Einzelmaßnahmen

Antibiotikafreie Fütterung ist weder ein einzelner Kniff noch ein einzelner Zusatzstoff. Sie ist das Ergebnis einer durchdachten Strategie, die Hygiene, Futterqualität, Struktur, Wasser, Einstreu und Management verbindet. Entscheidend sind die konsequente Umsetzung und das Zusammenspiel aller Faktoren.

Wer hier investiert, profitiert doppelt: durch gesunde Tiere mit stabilen Leistungen und durch wachsende Akzeptanz in Gesellschaft und Markt. Damit eröffnet sich nicht nur für Landwirte, sondern für die gesamte Wertschöpfungskette – vom Rohstoffproduzenten bis zum Verarbeiter – die Chance, gemeinsam Antibiotikavermeidung als Erfolgsfaktor zu gestalten.

 Futtermittel-Experte und Landwirt – ein starkes Team für antibiotikafreie Tierhaltung: 
Nur im Zusammenspiel von Landwirt und Futtermittelexperte wachsen gesunde Tiere, stabile Leistungen und wirtschaftlicher Erfolg.
Futtermittel-Experte und Landwirt – ein starkes Team für antibiotikafreie Tierhaltung: Nur im Zusammenspiel von Landwirt und Futtermittelexperte wachsen gesunde Tiere, stabile Leistungen und wirtschaftlicher Erfolg. © Knittelfelder
Autor:in
Ing. Franz Knittelfelder
Unabhängiger Futtermittelexperte, strategischer Netzwerker, Fachvortragender, : consulting@franzknittelfelder.at
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Bereits vor dem Einstallen entscheidet sich, wie stabil die Gesundheit der Herde sein wird. Eine gründliche Reinigung und Desinfektion des Stalls, inklusive aller Wasserleitungen und Fütterungsanlagen, ist Grundvoraussetzung. Lose Futtermittel neigen rasch zu Verderb, wenn sie nicht kühl und trocken gelagert werden. Unsachgemäße Lagerung kann Schimmelpilze, Oxidation und Nährstoffverluste begünstigen. Ein konsequentes Silo-Management umfasst den Silowechsel, vollständige Entleerung, Leerkontrolle sowie eine gründliche Nassreinigung mindestens einmal jährlich. Ein wesentlicher Schlüssel zur Antibiotikareduktion liegt in der Futterzusammensetzung – siehe Rohstoffmatrix – eine Datenbank in der jeder einzelne Rohstoff beginnend bei Mais, Weizen und Sojaschrot hin zu Mengen- & Spurenelementen und Vitaminen erfasst und bewertet ist. Trinkwasser ist das wichtigste Futtermittel für alle Tierarten. Verunreinigung des Wassers durch im Biofilm der Leitungen lebende Keime beeinflussen das Darmmikrobiom negativ und können zu Krankheiten führen.