
Verbände fordern grundlegende Reform
Vier große Agrarverbände unterbreiten Änderungsvorschläge zum Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes. Sie verlangen eine grundlegende Reform.
von DGS Redaktion erschienen am 01.09.2025Vier große Verbände der Agrarwirtschaft drängen auf eine umfassende Reform des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes (THKG). Das Siegel entfalte in seiner jetzigen Form nur wenig Wirkung auf das Tierwohl, belaste aber dafür die Branche erheblich, stellt die Verbändeallianz klar. Darüber berichtete der Presse- und Informationsdienst AGRA Europe (AgE). Die Verbände forderten daher am Freitag (29. August 2025), das Gesetz grundlegend neu zu gestalten. Ein detailliertes Konzeptpapier mit Änderungsvorschlägen übergaben sie an Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer. Teil der Verbändeallianz sind der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH), der Deutsche Bauernverband (DBV), der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) und der Verband der Fleischwirtschaft (VDF).
Downgrading ermöglichen
In ihrem Papier mahnen die Verbände an, bestehende privatwirtschaftliche Strukturen bei der Umsetzung des THKG stärker einzubinden. Indem die Anforderungen an die Haltungsformen bundeseinheitlich festgelegt und ein Downgrading ermöglicht wird, soll der bürokratische Aufwand für die Wirtschaftsbeteiligten verringert werden. Ferner fordern sie, dass auch ausländische Ware sowie Fleischprodukte in der Außer-Haus-Verpflegung vom Gesetz erfasst werden müssen. Auf weitere Tierarten sollte das Gesetz erst dann ausgeweitet werden, wenn es sich in der Schweinehaltung bewährt habe, berichtete AgE weiter.
Nach aktuellem Stand soll das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz im März kommenden Jahres in Kraft treten. „Die Uhr läuft, bis März ist nicht mehr viel“, kommentierte der VDF-Vorstandsvorsitzende Martin Müller.
Auf funktionierende Systeme der Wirtschaft setzen
In dem Papier schlagen die Verbände vor, dass privatwirtschaftliche Strukturen wie die Initiative Tierwohl (ITW) als Durchführungs- und Kontrollinstanz für das THKG anerkannt werden sollen. Private Siegelsysteme würden seit Jahren zuverlässig die Einhaltung von höheren Haltungsanforderungen kontrollieren und seien in der Praxis etabliert, hieß es zur Begründung. „Statt parallele Strukturen zu schaffen, muss der Gesetzgeber auf die bereits funktionierenden Systeme der Wirtschaft setzen“, sagte dazu DBV-Präsident Joachim Rukwied. Dadurch könne der Verwaltungsaufwand „erheblich reduziert werden“. Vorausgesetzt natürlich, dass die privatwirtschaftlichen Siegel die Anforderungen der staatlichen Haltungsformen erfüllen.
Wie AgE berichtete, können nach Ansicht der Verbände durch diesen Ansatz auch die vorgesehene Registrierungspflicht und der Aufbau von Registern komplett entfallen. Mit Hilfe von Schnittstellen zu etablierten Datenbanken wie der HIT, QS oder ITW könne demnach außerdem eine schnelle Auskunft über den Status eines Tierhalters sichergestellt werden.
Forderung nach bundeseinheitlicher Festlegung
Darüber hinaus fordern die Verbände, dass die Anforderungen an die Haltungsformen bundeseinheitlich festgelegt werden müssen. Da bislang die Bundesländer für die Umsetzung des Gesetzes zuständig sind, gebe es heute einen „Flickenteppich“ an Regelungen. Beispielsweise würden für Landwirte in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen unterschiedliche Anforderungen an die gleichen Haltungsformen gelten. Damit Wettbewerbsgleichheit gelte, müsse damit Schluss sein.
Haltungsformen logisch aufeinander aufbauen
Wichtig sei zudem, dass die Haltungsformen logisch aufeinander aufbauten, heißt es im Papier. Die Anforderungen an die Haltungsform „Auslauf/Weide“ sollten etwa automatisch auch in der Stufe „Frischluftstall“ enthalten sein. Nötig sei dies auch für das „Downgrading“. Es müsse möglich sein, dass Produkte mit hohen Tierwohlstandards auch in niedrigeren Haltungsstufen vermarktet werden können, etwa wenn sich am Markt keine ausreichende Nachfrage findet.
Kennzeichnung ansprechender gestalten
Laut dem Konzeptpapier kann dadurch verhindert werden, „dass sichere und qualitativ hochwertige Lebensmittel vernichtet werden müssen“. Nach Ansicht der Verbände müssen daher die derzeitigen Einschränkungen beim Downgrading „ersatzlos aufgehoben werden“. Stattdessen sei eine Regelung erforderlich, „die eine flexible Zuordnung von Produkten zu niedrigeren Haltungsformen erlaubt, vorausgesetzt, deren Kriterien sind erfüllt“.
Wie AgE berichtete, mahnen die Verbände an, dass die bislang wenig ansprechende Gestaltung der Kennzeichnung überarbeitet werden sollte. Es müsse außerdem weiterhin möglich sein, freiwillige Siegel etwa von privaten Siegelsystemen, auf den Produkten abzubilden.