Bruderhähne: Oh brother, where are you?
Seit dem 1. Januar 2022 dürfen männliche Eintagsküken aus Legelinien, auch als Bruderhähne bekannt, nicht mehr getötet werden. Doch wo sind all die Tiere in den vergangenen Monaten geblieben?
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Den Hahnenküken auf der Spur
Laut Destatis wurden 2022 gut zehn Millionen Hahnenküken über die Geschlechtsbestimmung im Ei aussortiert. Die Bruderhähne werden hier im Rahmen der Erhebung in Brütereien unter der Position „aussortierte Hahnenküken“ miterfasst. Aufgrund der Unsicherheiten am Markt, ließen viele Eiererzeuger ihr Herden länger in der Produktion und mausern. Dadurch mussten auch weniger Eier in den Brütereien eingelegt und entsprechend weniger Hahnenküken aussortiert werden. Schlüpften 2021 noch knapp 30 Mio. Hennenküken, halbierte sich die Zahl 2022 auf gut 16 Mio. Küken.
Laut des Vereins für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen (KAT) e.V. waren 2022 national und international 84,8 Mio. Hennenplätze dem KAT-System angeschlossen. Bei knapp 41 Mio. KAT-Plätzen im Ausland, sind das fast alle heimischen Legehennenhalter. Alle KAT-Mitgliedsbetriebe müssen sich an die Vorgaben des Vereins halten, die EU-weit die vollumfängliche Übernahme des Kükentöten-Verbots wie auch spezielle Leitfäden für eine Bruderhahn-Aufzucht umfassen. Doch auch KAT sprach 2022 von nur 20 Mio. gemäß den KAT-Vorgaben aufgezogen Hähnen und weiteren 16 Mio. selektierten Hahnenküken.
Wo steht für den Bruderhahn die Schlachtbank?
Die Recherche der DGS ergab weiter, dass etliche Bruderhähne in Polen gemästet werden, weniger als die Hälfte in Deutschland. Doch was ist über den grenzübergreifenden Handel mit den Bruderhähnen bekannt? Wie die Marktinfo Eier & Geflügel in Erfahrung brachte, war in den ersten zehn Monaten 2022 keine Intensivierung des Außenhandels zu verzeichnen.
Es kann gut sein, dass die Warenströme nicht unter die Meldepflicht im Intrahandel fallen. Denn laut Destatis greift die Anmeldeschwelle zur Feststellung der Auskunftspflicht 2022 für die Warenversendung in andere Mitgliedsstaaten erst bei jährlich 500.000 Euro. Angesicht des geringen Wertes der Bruderhahnküken dürfte die Meldepflicht für die Exporteure nicht greifen.
Bruderhähne
Bruderhähne benötigen mindestens 14 Wochen Mastzeit, was knapp gerechnet 3,5 Durchgänge zulässt. Der Futterbedarf der Brüder liegt für 1 kg Zuwachs bei über 5 kg. Ein echtes Masthuhn schafft das Kilo Körpergewicht mit nur 1,7 kg Futter. Dazu kommt der dreimal höhere Flächenverbrauch, ein doppelt so hoher Verbrauch an Wasser und eine drei- bis vierfach höhere Ammoniakproduktion – alles in allem haben Bruderhähne eine schlechte Klima- und Ressourcenbilanz.
Eine spezielle Ausweisung von Bruderhahnprodukten im deutschen Lebensmitteleinzelhandel im Jahr 2022 konnte ebenfalls nicht festgestellt werden. Laut Destatis werden in der Erhebung der Geflügelschlachtereien die gemästeten und geschlachteten Bruderhähne unter der Position „Jungmasthühner“ mit angegeben. Das bedeutet, sie werden nicht gesondert erfasst und können auch im Ergebnis nicht gesondert ausgewiesen werden. Schade, denn wo sind nun die Millionen Bruderhähne und ihre Fleischprodukte geblieben?
Nur die Politik kann Transparenz erzeugen
Es ist also anzunehmen, dass nicht alle Bruderhähne in Deutschland groß geworden sind. Nach Brancheninformationen soll es insgesamt 9 Mio. heimische Tierplätze und genauso viele in Polen geben. Die wahren Zahlen werden wir aber nie erfahren. In der Zählung des statistischen Bundesamtes (Destatis), wird diese Kategorie bei Geflügel nicht erfasst. Die Prüfung, ob ein entsprechender Bedarf besteht und die anschließende Entscheidung, welche Merkmale künftig statistisch zu erfassen sind, erfolgt im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Dieser Auftrag wurde nie ausgelöst, weshalb es keine Transparenz für dieses Thema gibt.
Es ist zu vermuten, dass sich mit der Änderung des Tierschutzgesetzes ab 2024, den schmerzfreien Abbruch der Bebrütung männlicher Hühnerembryonen bis zum 13. Bruttag zu ermöglichen, die Verfahren ohne Kükentöten stark auf die Geschlechtsbestimmung im Ei fokussieren werden. Diese sind effizienter, planbarer sowie kosten- und ressourcensparender. Die Bioverbände in Deutschland aber haben sich gegen diese Verfahren ausgesprochen. Den Öko-Eiererzeugern bleibt nur die Nutzung von Zweinutzungshühnern und die Bruderhahnaufzucht. Vielleicht finden diese Tiere endlich einen Weg in die Erfassung – verdient haben auch sie es.
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