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Geflügelfütterung

Gut gefüttert, gut gefühlt: Nährstoffe und Tierwohl im Einklang

Gesundheit, Leistung und Tierwohl – dafür ist die optimale Ernährung ein wichtiger Baustein. Ein Fachseminar der Österreichischen Gesellschaft für Tierernährung beleuchtete sowohl die Grundlagen als auch aktuelle Trends zur Geflügelernährung.

von Dr. Anke Redantz Quelle WPSA ÖgT erschienen am 24.11.2025
Für die optimale Ernährung des Geflügels spielen unter anderem Nährstoffe wie Aminosäuren eine wichtige Rolle. © Poultry Graphics/Shutterstock
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Eine optimale Versorgung des Geflügels ist unerlässlich für Gesundheit, Leistung – und Tierwohl. Ein Fachseminar der Österreichischen Gesellschaft für Tierernährung (ÖGT) zusammen mit der World’s Poultry Science Association (WPSA) widmete sich dem Thema Geflügelernährung. Es verband wissenschaftliche Erkenntnisse mit praxisnahen Lösungen und beleuchtete aktuelle Trends.

Dieses Online-Seminar am 22. Oktober 2025 brachte Fütterungsexperten aus Wissenschaft und Praxis zusammen. Dr. Philipp Hofmann, Leiter der Arbeitsgruppe Geflügelhaltung an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Kitzingen, eröffnete das Seminar mit einem Überblick zu den Grundlagen der Geflügelfütterung. Walter Emathinger, Fixkraft Futtermittel GmbH, ging auf die spezifischen Anforderungen der Bio-Geflügelfütterung in Österreich ein, die sich im Spannungsfeld zwischen rechtlichen und weiteren Rahmenbedingungen bewegen. Dr. Christine Potthast, dragon feed Consulting, erläuterte das Zusammenspiel zwischen Fütterung und Tierwohl, indem sie der Frage nachging, ob Tierwohl durch den Trog möglich sei.

Eingangs wies Hofmann auf die eindrucksvolle Entwicklung der Lege- und Mastleistung in den letzten Jahren hin. Diese Entwicklung sieht er eng mit der Fütterung verknüpft. Um solche Leistung zu erbringen, muss die Ernährung angepasst werden. Damit wird den Tieren eine bedarfsgerechte Versorgung ermöglicht und ihre Leistung optimal unterstützt. Das Ziel dieser angepassten Ernährung: die Tiere möglichst nahe an ihrem tatsächlichen Bedarf zu versorgen.

Geflügel weist einige Besonderheiten in der Verdauung auf. Der Kropf als ein besonderes Organ nimmt kontinuierlich Futter auf. Da es im Kropf keine Magensäure gibt, können sich dort schädliche Bakterien leicht vermehren. Das ist ein Grund, warum die Futter- und Wasserqualität eine so große Rolle spielt.

Training des Muskelmagens

Vom Kropf gelangt Futterbrei anschließend in den Drüsen- und dann in den Muskelmagen. Steinchen und Grit unterstützen den Muskelmagen dabei, das Futter kleinzumahlen. Probleme können hier entstehen, wenn das Futter eine zu feine Struktur aufweist. Hofmann erläuterte die physiologischen Hintergründe und deren Einfluss auf die Verdauung: Wenn das Futter zu feine Partikel enthält, kann sich der Muskelmagen nicht ausreichend entwickeln. Stattdessen bleibt er klein und schlauchförmig, wodurch seine Aktivität eingeschränkt wird. Ein solcher Muskelmagen kann die Partikelgröße des Futters nur wenig verändern. Das kann zu einer verminderten Nährstoffaufnahme im Dünndarm führen, weil eine vollständige Vorverdauung ausbleibt. Ist das Futter hingegen gut strukturiert, dann kann der Muskelmagen die Partikel aufbrechen und einen Futterbrei bilden. Durch eine optimale Struktur, ergänzt durch die Gabe von Grit, kann sich der Muskelmagen besser entwickeln. Das fördert letztlich die gesamte Verdauungsleistung.

Die Futterstruktur hat, wie Hofmann weiter erläutert, mehrere Ziele: Sie soll der Beschäftigung dienen, eine hohe Futteraufnahme fördern, eine gleichmäßige Nährstoffversorgung aller Hennen im Stall gewährleisten und die selektive Futteraufnahme verhindern. Bei Mastgeflügel kann man dies über Pellets erreichen. Für Legehennen sind Pellets indes keine Lösung: Sie reduzieren die Fressdauer und damit die Zeit, mit der sich die Hennen mit dem Futter beschäftigen. Zu fein gemahlenes Futter kann aufgrund der zügigen Aufnahme schnell zu Langeweile bei Legehennen führen, was Feder- und Zehenpicken auslösen kann, wie Potthast erläuterte.

Geflügel hat nicht nur Präferenzen bezüglich der Struktur, sondern auch der Farbe. Es bevorzugt farblich gelbe und rote Partikel gegenüber grünen, blauen und schwarzen. Und es präferiert harte Körner gegenüber Weichfutter oder mehlförmigem Futter.

Grit ist nicht gleich Grit

Hofmann wies deutlich darauf hin, dass nicht alles, was Grit genannt wird, auch Grit ist. Bei Grit handelt es sich um Salzsäure-unlösliche Steinchen. Sie stellen eine Mahlhilfe zur Verkleinerung der Futterpartikel dar und haben deshalb bei gröberer Futterstruktur und bei rohfaserreicher Fütterung eine wichtige Funktion. Grit darf aber nicht verwechselt werden mit Austern- oder Muschelschalen. Diese sind – im Gegensatz zu Grit – löslich und haben eine andere Funktion: Sie stellen eine Kalziumquelle dar.

Im Dünndarm findet die Spaltung von Proteinen, Kohlenhydraten und Fetten in Aminosäuren, Einfachzucker und Fettsäure statt. Dies erfolgt mithilfe von Enzymen und Gallensäuren. Bis zum Ende des Dünndarms ist die Verdauung weitgehend abgeschlossen. Man spricht bis zu diesem Punkt von der praecaecalen Phase, also der Verdauung vor den Blinddärmen. Die praecaecale Verdaulichkeit gilt als Maß dafür, welcher Anteil an Aminosäuren und Rohprotein im Dünndarm abgebaut und aufgenommen werden kann. Damit weist diese Kennzahl auf die Qualität des Futters hin. Im Dickdarm schließlich findet noch die mikrobielle Verdauung statt.

Auch Befiederung bestimmt den Energiebedarf

Geflügel hat, wie alle anderen Nutztiere auch, einen spezifischen Bedarf an Nährstoffen, darunter Aminosäuren, Kalzium oder Phosphor. Nur durch eine optimale Versorgung kann ein maximales Leistungsniveau erreicht werden. Durch die gezielte Mischung von Einzelfuttermitteln lassen sich nährstoffdeckende Rationen zusammenstellen. Die Futteraufnahme und die Verdaulichkeit bestimmen die Konzentrationen der Nährstoffe in der Futtermischung.

Bei Legehennen hängt der Energiebedarf dabei auch von der Befiederung ab: Je schlechter die Befiederung, desto höher ist der zusätzliche Erhaltungsbedarf. Hofmann zeigte Studien, nach denen ein massiver Befiederungsverlust von 50 % den Futterbedarf um 13 g pro Tier und Tag erhöhen kann. Allerdings kann eine schlechte Befiederung nicht ausschließlich durch eine höhere Futteraufnahme ausgeglichen werden. Häufig sind auch Leistungseinbußen eine Folge.

Proteine: Nicht zu wenig, nicht zu viel

Ein besonderes Augenmerk legten die Referenten auf die Versorgung mit Proteinen. Sie spielen eine wichtige Rolle unter anderem für das Muskelwachstum und für die Eiproduktion. Wichtig dabei: Das Tier hat keinen Bedarf an Rohprotein, sondern an Aminosäuren. 20 proteinogene Aminosäuren sind die Bausteine, aus denen Proteine im Körper aufgebaut werden.

Emathinger erläuterte deutlich die Auswirkungen eines Proteinmangels. Zu den möglichen Folgen zählen Wachstumsverzögerungen, eine geringere Eizahl oder -größe, Verhaltensstörungen wie gegenseitiges Picken und eine hohe Nervosität in der Herde. Aber auch ein Überschuss an Protein kann sich negativ auswirken. Symptome eines Überschusses können Mattigkeit, blasse Kämme, verminderte Fruchtbarkeit oder Verdauungsstörungen sein. Potthast wies darüber hinaus auf die höheren Kosten eines Proteinüberschusses hin. Überschüssiges Protein wird überdies als Ammoniak ausgeschieden, was sowohl die Umwelt und das Klima belastet, als auch negative Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und Tieren haben kann. Ammoniak in der Stallluft kann bei den Tieren Leistungsdepressionen, eine geschwächte Immunabwehr, reduziertes Futteraufnahmeverhalten oder Leberschäden auslösen.

Kalzium: Auf den Zeitpunkt kommt es an

Auch die Bedeutung von Kalzium für die Ernährung von Legehennen thematisierte Hofmann. Kalzium spielt eine entscheidende Rolle bei der Eischalenbildung: Je nach Eigewicht benötigt eine Henne für die Produktion eines Eies knapp 5 g Kalzium im Futter. Dabei ist nicht nur die Menge, sondern auch der Zeitpunkt der Kalziumgabe ausschlaggebend. Die Eischalenbildung erfolgt nachts, weshalb es dann zu einer Versorgungslücke kommen kann. Um diese zu vermeiden, sollte Futterkalk zu mindestens 70 % aus groben Partikeln wie Muschelschalen oder Austernschalen bestehen. Diese lösen sich langsamer auf, stehen der Henne somit nachts als Kalziumquelle zur Verfügung – dann, wenn die Henne Kalzium braucht. Eine unzureichende Versorgung mit Kalzium zeigt sich bei Legehennen schnell in einer steigenden Anzahl an Knickeiern und einem Rückgang der Legeleistung. Langfristig kann das Risiko für Knochenbrüche steigen. Es gilt jedoch: „Viel hilft nicht immer viel“, denn ein zu hoher Anteil an Kalzium im Futter kann die gesamte Futteraufnahme reduzieren.

Phosphor: Begrenzter Rohstoff

Zunehmend in den Fokus rückt die Versorgung von Legehennen mit Phosphor. Phosphor wird in pflanzlichen Futtermitteln vor allem als Phytat gespeichert, das vom Tier nur teilweise verdaut werden kann. Deshalb wird in Futtermischungen mineralischer Phosphor beigemischt, was jedoch zu einer höheren Ausscheidung von Phosphor über den Kot führen kann. Das hat negative Auswirkungen auf die Umwelt. So kann es unter anderem zur Eutrophierung von Gewässern beitragen. Außerdem sind weltweit die mineralischen Phosphorressourcen begrenzt. Eine Lösung besteht darin, dem Futter Phytase beizumischen, um den Phosphor besser verfügbar zu machen.

Paradigmenwechsel: Vom Komponenten- zum Nährstoffdenken

Potthast empfiehlt, bei der Fütterung nicht in Komponenten, sondern in Nährstoffen zu denken. So lassen sich die Nährstoffansprüche des Tieres besser erfüllen. Der Unterschied: Beim Komponentendenken liegt der Fokus auf der Mischung, nicht auf dem Inhalt, während beim Nährstoffdenken der Energie- und Nährstoffgehalt im Vordergrund steht. Ein entscheidender Aspekt ist, sowohl Mängel als auch Überschüsse zu vermeiden.

Und Potthast lenkte die Aufmerksamkeit auf Wasser – als wichtigstes Futtermittel. Als Faustregel nennt sie: Vögel nehmen etwa doppelt so viel Wasser wie Futter auf. Dieses Verhältnis kann sich je nach Umgebungstemperatur allerdings deutlich verschieben. Sie zeigte drastische Beispiele: die Futteraufnahme in Gramm pro Tier und Tag sank bei einer Temperatur von 24 °C auf 35 °C von 85 g auf 35 g. Dafür erhöhte sich die Wasseraufnahme gleichzeitig um 121 ml. Dadurch sank der Trockensubstanzgehalt im Kot deutlich ab. Potthast stellte die vielfältigen Auswirkungen von Hitzestress auf Geflügel vor: So sinkt die Leistung, gemessen etwa in Futteraufnahme, Wachstum, Körpergewicht, Eiproduktion oder Eiqualität. Physiologisch kann ein Anstieg beispielsweise der Körpertemperatur oder von Stresshormonen beobachtet werden. In Bezug auf das Verhalten sieht man, dass die Tiere vermehrt hecheln, sich weniger bewegen oder die Flügel abspreizen. Darüber hinaus können häufiger Infektionen und Entzündungen auftreten. Außerdem können die Morbidität und Mortalität zunehmen.

Das Seminar verdeutlichte, wie entscheidend ein fundiertes Verständnis über die Grundlagen der Geflügelfütterung ist, denn nur durch eine optimale Fütterung können die Gesundheit, die Leistungsfähigkeit und das Tierwohl nachhaltig gesichert werden.

Kurz + bündig

Das Seminar zur Geflügelernährung der Österreichischen Gesellschaft für Tierernährung mit der WPSA gewährte einen Überblick über die Besonderheiten bei der Ernährung von Geflügel, denn nur mit einer optimalen Versorgung der Tiere werden die Gesundheit, die Leistungsfähigkeit und das Tierwohl gesichert. Eine besondere Rolle spielt die Versorgung mit Nährstoffen. Herausfordernd kann hier die Proteinversorgung sein. Dabei kann sich nicht nur ein Mangel, sondern auch ein Überschuss negativ auswirken – etwa auf die Gesundheit von Mensch und Tier, die Umwelt oder die Wirtschaftlichkeit.

Autor:in
Dr. Anke Redantz
DGS-Redaktion