Aviäre Influenza: Ruf nach der Impfung
Die Geflügelpest ist nach wie vor das vorherrschende Thema unter den Geflügelhaltern. Viele von ihnen hoffen, dass eine Impfung den Ausweg aus der aktuellen Situation bietet. Fast 50 Millionen Tiere sind EU-weit seit Anfang 2021 gekeult worden. Was für und was gegen eine Impfung gegen AI spricht, haben wir für Sie in einer Beitragsreihe zusammengefasst.
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Im ersten Teil lesen Sie, warum Keulung und Entschädigung nicht mehr alleiniges Mittel der Wahl sind, im zweiten Teil erfahren Sie, wann eine Impfung überhaupt kommen kann.
Bisher war die Vogelgrippe ein Problem, dass die Geflügelhaltung eher saisonal beschäftigt hat. Mittels konsequenter Keulung betroffener Bestände konnte eine endemische Situation verhindert werden. Doch seit 2022 ist das Virus expandiert und bietet nun eine hohe Anzahl an Varianten, die dazu führten, dass es auch in der warmen Jahreszeit AI-Ausbrüche gab. Insgesamt 3.000 Ausbrüche in 37 europäischen Ländern sind die erschreckende Bilanz.
ZDG: Massive Bedrohung für deutsche Geflügelwirtschaft
Im Rahmen des Fachgesprächs Nutzgeflügel am Dienstag, 7. Februar 2023, in Kalkriese bei Osnabrück hat sich die Fachwelt der Geflügelbranche getroffen und sich intensiv mit dem Thema Impfen gegen Geflügelpest auseinandergesetzt. Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) sieht die AI derzeit als größte Bedrohung für die Geflügelhaltung. Der Markt, so sagte er, könne die deutsche Geflügelwirtschaft nicht gefährden. Zwar liege der Selbstversorgungsgrad nirgends bei 100 %, jedoch bieten deutsche Geflügelhalter wertvolle Lebensmittel, die nachgefragt werden.
Bei der Politik stehe da schon eher ein Fragezeichen. Mit ihren Vorgaben schränke sie die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Geflügelwirtschaft stark ein, erklärte Ripke weiter. Die Politik müsse umsteuern und helfen, satt zu bremsen. Dazu gehöre auch das Thema Impfung gegen die Geflügelpest. Denn diese, so betonte er, gefährde die Geflügelwirtschaft inzwischen ganz massiv.
TSK: Geflügelpest-Fälle und Kosten stiegen dramatisch an
Die große Anzahl von AI-Ausbrüchen zieht enorme wirtschaftliche Folgen nach sich, wie Dr. Ursula Gerdes, Geschäftsführerin der Niedersächsischen Tierseuchenkasse (TSK) am Beispiel Niedersachsens erklärte. Mit einer enormen Entwicklung seiner Bestände ist dieses Bundesland Deutschlands Geflügelland Nr. 1. Im Jahr 2000 waren 61 Mio. Stück Geflügel in Niedersachsen (Nds.) gemeldet, im Jahr 2012 über 100 Mio. Stück Geflügel. Seit diesem sprunghaften Anstieg haben die Ausbrüche in den Geflügelhaltungen weiter zugenommen. Ende 2022 war der Stand bei 107,5 Mio. Stück Geflügel.
Von 2020 bis 2023 sind 190 Anträge auf Entschädigung bei der TSK Nds. eingegangen. Insgesamt 2.597.176 Tiere sind in diesem Zeitraum gekeult worden. Die Kosten dafür beliefen sich auf über 43 Mio. Euro. Am stärksten betroffen waren Bestände mit Putenhähnen. Aufgrund der angespannten Haushaltslage der EU sieht man sich dort offenbar gezwungen, die EU-Kofinanzierung bei Tierseuchenausbrüchen von bislang 50 auf dann 30 % zu reduzieren. Das alles hat zur Folge, dass die TSK die Beiträge deutlich anheben musste.
Leidtragende sind besonders alle Geflügelhalter und die TSK in Nds. Konkret geht es um rund 3,6 Millionen Euro, die ab 2023 von den Tierhaltern zusätzlich aufgebracht werden sollen. Für Putenhalter bedeutet das: Sie zahlen seit diesem Jahr 1,77 Euro pro Tier an die TSK. Im Vergleich dazu lag der Beitrag im Jahr 2020 noch bei 0,63 Euro pro Putenhahn. Auch für die Entenhalter sind die Beiträge deutlich gestiegen. Ökonomisch ist das für viele Betriebe kaum noch tragbar.
TSK: Differenzierung bei den Entschädigungen geplant
Auch würden die Beitragssätze zukünftig nach Risikogebieten gestaffelt werden und besonders stark von der AI betroffene Gebiete höher ökonomisch belastet. In Niedersachsen träfe das insbesondere auf die Landkreise Garrel, Bösel und Friesoythe zu. Einen Anspruch auf Entschädigung entfalle allerdings bei unsachgemäßen bzw. nicht durchgeführten Biosicherheitsmaßnahmen, so Gerdes. Daher habe die TSK die Verstöße rechtlich bewerten lassen, um den Grad der Schuld bei den Tierhaltern festzustellen. Diese Bewertung wurde als Grundlage für eine Risikoeinstufung genommen.
Die TSK der verschiedenen Ländern befinden sich kontinuierlich in Abstimmungsrunden, wobei auch das Thema "pauschale Betriebskeulungen" zur Sprache kam. Hier sollte laut Gerdes individuell geprüft und entschieden werden, wenn genügend räumlicher Abstand zwischen den Beständen nachgewiesen werden könne. Dazu kommt, dass die große Anzahl von Keulungen von der Gesellschaft inzwischen als ethisch nicht mehr vertretbar angesehen werden. Nicht zuletzt auch deshalb steht das bisherige Verfahren von Keulung und Entschädigung auf dem Prüfstand. Impfen statt Töten könnte eine Lösung sein. Jedoch wird das so schnell nicht möglich sein. Warum, lesen Sie in Kürze im zweiten Teil dieser Beitragsreihe.
Zur Veranstaltung in Kalkriese
Ausrichter der Veranstaltung waren das "Wissenschafts- und Informationszentrum Nachhaltige Geflügelwirtschaft" (WING) der Stiftung tierärztliche Hochschule Hannover und Studienschwerpunkt Angewandte Geflügelwissenschaften (StanGe) der Hochschule Osnabrück. In Kooperation mit der DGS und der Ulmer Akademie des Verlags Eugen Ulmer und freundlicher Unterstützung der Firmen MSD und Schippers wurde die Veranstaltung live gestreamt. Eine Folgeveranstaltung ist ebenfalls geplant.
Lesen Sie auch:
- Aviäre Influenza: Wann kann die Impfung kommen? (Fachgespräch Nutzgeflügel Teil 2)
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