
Weidepflicht: Bayern wartet auf Brüssel
Erst nach Inkrafttreten einer angepassten EU-Ökoverordnung kann nach Bayerns Agrarministerin Kaniber die Auslegung der Weidepflicht gelockert werden. Verbände verweisen auf mögliche Ausnahmeregelungen durch die Bundesländer.
von DGS Redaktion Quelle AgE erschienen am 04.08.2025Nachdem EU-Agrarkommissar Christophe Hansen angekündigt hat, die EU-Ökoverordnung unter anderem im Hinblick auf die Weidepflicht zu entschärfen, zeichnet sich nun eine Kontroverse darüber ab, wann die betroffenen Tierhalter entlastet werden. Darüber berichtet der Presse- und Informationsdienst AGRA-Europe (AgE). Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber erklärte am Freitag, 1. August 2025, dass bis zur gesetzgeberischen Umsetzung auf Brüsseler Ebene das aktuelle EU-Ökorecht gelte. Darauf habe Hansen ausdrücklich hingewiesen. „Und das besteht hinsichtlich der Regelungen zur Weide bereits seit 1999, wie der EU-Agrarkommissar ausdrücklich betonte“, so die CSU-Ministerin. Klar ist laut Kaniber auch: „In einem Rechtsstaat muss geltendes Recht vollzogen werden.“
Der Ministerin zufolge muss der Freistaat deshalb, so wie bereits im Januar kommuniziert, die Erfüllung der Weidepflicht ab 2026 konsequent einfordern. Betroffenen Betrieben empfiehlt Kaniber, für sich selbst zu prüfen, ob sie das förderrechtliche Risiko aus einer Nichterfüllung der geltenden Weidevorgaben tragen könnten.
Öko-Verbände sehen Bundesländer in der Pflicht
Anders sehen das der Bayerische Bauernverband (BBV), Bioland, Demeter, Demeter Österreich, der Deutsche Bauernverband (DBV) und Naturland, wie AgE weiter berichtet. Weil eine Änderung der EU-Ökoverordnung für viele aktuell betroffene Betriebe zu spät käme, habe der Kommissar die Mitgliedsstaaten aufgefordert, pragmatische Übergangsregelungen zu finden und dafür die konkreten Vorschläge der Initiative der Öko-Verbände umzusetzen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.
Die Verbände sehen nun die Bundesländer in der Pflicht, den Betrieben „durch eine pragmatische Herangehensweise die notwendige Sicherheit zu geben“. Bund und Länder hätten das erforderliche Signal aus Brüssel erhalten und müssten kurzfristig eine flexible Brückenlösung zur Umsetzung der Weidepflicht ermöglichen. „Auch Betriebe, die aus betrieblichen Gründen keine vollumfängliche Weidehaltung umsetzen können, dürfen nicht zu einem Ausstieg aus der ökologischen Produktion gezwungen werden“, fordern die Verbände.
Seit Januar 2025 keine Ausnahmen zugelassen
Seit Januar dieses Jahres sind Ausnahmen von der Weidepflicht in Deutschland aufgrund von Innerortslagen nicht mehr zugelassen. Die EU-Kommission hatte zuvor das Bundeslandwirtschaftsministerium dazu gedrängt, die Weidepflicht im Ökolandbau gemäß der EU-Ökoverordnung nur temporär auszusetzen. Ausnahmen seien nur aufgrund von klimatischen Bedingungen, den Bodenverhältnissen oder der Tiergesundheit möglich. Zuletzt hieß es aus Kommissionskreisen, dass die EU-Ökoverordnung gegen Jahresende erneut aufgeschnürt werden soll.
Nachbesserungen bei der Kennzeichnung gefordert
Laut AgE fordert fordert der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) neben Erleichterungen für die Haltung von Weidetieren und Bioküken auch nachgebesserte Regeln bei der Kennzeichnung von Biolebensmitteln. Obwohl über Handelsabkommen Zertifikate aus bestimmten anderen Staaten als gleichwertig in der EU anerkannt würden, sei deren Kennzeichnung nicht klar genug geregelt. Laut dem Verband hat Hansen nun angekündigt, im Bio-Recht eine Änderung vornehmen zu wollen, damit diese Lebensmittel weiterhin sicher mit dem EU-Bio-Logo ausgewiesen werden können.