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Wandel

Legehennenfütterung: Von Naturkost zum Superfood

Die Legehennenfütterung hat sich in Deutschland kontinuierlich verändert und weiterentwickelt. Robert Pottgüter weiß, wie alles begann, und erläutert die einzelnen Entwicklungsstufen. 

Veröffentlicht am
Bedeutend ist der Einsatz der sogenannten NSP-Enzyme. Auf deren Basis konnten auch Futtermischungen mit weniger Mais erfolgreich etabliert werden.
Bedeutend ist der Einsatz der sogenannten NSP-Enzyme. Auf deren Basis konnten auch Futtermischungen mit weniger Mais erfolgreich etabliert werden.Wirestock Creators/shutterstock.com
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Geflügel wurde von alters her zur Erzeugung von Fleisch und Eiern für die menschliche Ernährung gehalten. Die Tiere wurden zur Futtersuche auf den Höfen oft sich selbst überlassen. Sie erhielten Getreide als Futtergrundlage zur freien Verfügung und suchten sich in der Natur so manches Nützliche, wie Würmer, Käfer und Pflanzensamen.
Die damals vorherrschenden vielen verschiedenen Rassehühner konnten in dieser Form mehr oder weniger ausgewogen ernährt werden.

Mehr Leistungspotenzial benötigte eine bessere Ernährung

Mit dem Aufkommen der Hybridzucht steigerte sich die Legeleistung der Hennen deutlich. Deshalb wurden detaillierte Empfehlungen für den Nährstoffbedarf erarbeitet. Dies führte zur Entwicklung geeigneter Ergänzungsfutter zum herkömmlich eingesetzten Getreide, das die Basis der Versorgung der Hennen bildete. Es entstand das Produkt „Legemehl“, das heute noch (als Ergänzungsfutter) angeboten und eingesetzt wird.

Für größere Hennenhaltungen entwickelten die Futtermittelhersteller Alleinfuttermittel zur vollwertigen Ernährung der Legehennen. Neben gutem Tränkwasser konnte mit professionellem Mischfutter so eine ausgewogene Ernährung der Tiere in der Aufzucht und der Legephase sichergestellt werden.

Proteinversorgung mit Soja und Proteinquellen tierischer Herkunft

Getreide war und ist noch heute die Basis jedes Geflügelfutters. Bevorzugt wurde schon immer Mais – möglicherweise, weil durch die enthaltenen Pigmente eine schöne Dotterfarbe erzielt werden konnte. Aber auch, weil das Futter eine schöne gelb/hellbraune Farbe haben sollte und dies als Qualitätskriterium betrachtet wurde.

Des Weiteren wurde auch seit jeher Weizen im Geflügelfutter eingesetzt. Die Basis der Proteinversorgung stellte schon früh – und in der Regel bis heute – Soja in verschiedenen Verarbeitungsformen dar. Neben weiteren Ölschroten wurden Proteinquellen tierischer Herkunft und auch Fischmehl eingesetzt, beides Futterrohstoffe, die auch hoch verfügbare Mineralstoffe enthalten. Als Grundlage einer optimalen Kalziumernährung der Hennen mit Blick auf die Eischalenbildung wurde und wird noch immer kohlensaurer Futterkalk beigegeben. Ebenso enthält das Futter schon seit Langem eine Ergänzung mit lebensnotwendigen Vitaminen und Spurenelementen.

Große Veränderung in der Fütterung durch BSE-Krise

Verursacht durch die BSE-Krise wird im November 2000 die Beigabe von „Tiermehl“ im Futter per Gesetz verboten und alle Geflügelspezies (Schweine ebenfalls) wurden über Nacht zu Vegetariern gemacht. Das führte bei vielen Tierhaltern und auch Futterherstellern anfänglich zu einigen Irritationen. Im Futter mussten vermehrt anorganische Phosphorquellen eingesetzt werden, ebenso führte dies zur vermehrten Zugabe freier Aminosäuren im Futter.

Gleichzeitig war dieser Einschnitt die „Geburtsstunde“ des Einsatzes von Phytase im Futter für monogastrische Tiere, was die Ergänzung von Futterphosphaten nachhaltig reduzieren konnte. Der Einsatz von Phytase zur Verbesserung der Phosphorverfügbarkeit aus den pflanzlichen Rohstoffen und zur Reduzierung der Emissionen hat sich inzwischen als Standard etabliert (Ausnahme Biofutter).

Manch ein Geflügelernährer der älteren Generation, der die Fütterung in der Zeit vor der BSE-Krise noch kennt, mag sich mit Wehmut daran erinnern. Dennoch ist festzustellen, dass die Futter ohne Proteinträger tierischer Herkunft ständig weiterentwickelt wurden und seit vielen Jahren sehr erfolgreich eingesetzt werden. Inzwischen haben wir diesbezüglich wieder eine neue Situation, auf die in dieser chronologischen Betrachtung später noch eingegangen wird.

Vor dem Aufkommen der Hybridzucht wurden Hühner zur Futtersuche auf den Höfen oft sich selbst überlassen. © Smaliar Iryna/Shutterstock.com

Änderungen im Bereich der Futterzusatzstoffe

Bedeutend ist der Einsatz der sogenannten NSP (Nicht-Stärke-Polysaccharide)-Enzyme. Sie helfen den Hennen, die in den pflanzlichen Rohstoffen enthaltenen Kohlenhydratfraktionen besser zu verdauen bzw. zu nutzen und unterstützen ebenfalls die Darmstabilität der Tiere.

Auf dieser Basis konnten außerdem Futtermischungen mit weniger Mais sehr erfolgreich etabliert werden. Parallel sind seinerzeit dann auch die sogenannten Leistungsförderer als Zusatzstoffe aus dem Futter verschwunden, da diese zunehmend in die Kritik geraten waren und nicht mehr akzeptiert wurden.

Im gesamten Bereich der Futterzusatzstoffe hat sich auf Basis strenger gesetzlicher Regelungen vieles weiterentwickelt und neue Produkte stehen zur Beigabe im Futter zur Verfügung. Eine ausführliche Darstellung dieses hoch interessanten Bereiches würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen.

Zuchtfortschritt ermöglicht Einsatz von Rapsprodukten

Auf Basis des züchterischen Fortschritts wurde es ab ca. 2006 möglich, Rapsprodukte generell im Futter für Legehennen einzusetzen. Führende Zuchtunternehmen hatten die Ursache des „Fischgeruches“ im Eidotter bei Verfütterung von Rapsprodukten an braunschalig legenden Hennen identifiziert und durch klassische Züchtungsmethoden eliminiert.

Der „Fischgeruch“ hatte übrigens nichts mit der sachkundigen Zugabe guter Fischmehlqualitäten im Futter zu tun. Auf Basis des immer zielgerechteren Einsatzes der NSP-Enzyme können inzwischen, neben Mais und Weizen, auch weitere Getreidearten erfolgreich in der Fütterung der Legehennen eingesetzt werden.

„Mit der Umstellung der Haltungsformen kam auch der Ruf nach einem neuen Futter auf.“

Robert Pottgüter

Neue Haltungssysteme erfordern optimale Futterstruktur

Als die Erzeugung von Eiern in Käfighaltung in Deutschland und in Nordwesteuropa zunehmend in die Kritik geriet und in andere Haltungsformen überführt werden musste, war die Verunsicherung sehr groß – wie auch in allen anderen Ländern, denen dieser Schritt noch bevorsteht. Es kam der Ruf auf, ein neues, anderes Futter zu konzipieren – was grundsätzlich gar nicht notwendig war, denn die Grundlagen der Hennenernährung mussten in diesem Zusammenhang nicht neu erfunden werden.

Aber das Futter wurde verbessert und mit Blick auf das Tierverhalten weiterentwickelt. Eine große Bedeutung kam der optimalen Struktur des eingesetzten Mehlfutters in den neuen Haltungsformen zu, mit dem Ziel, eine stets gleichmäßige Ernährung aller Tiere zu gewährleisten und selektives Fressen weitestgehend zu vermeiden.

Das Thema einer optimalen Futterstruktur wurde noch bedeutender, nachdem der Verzicht auf das Kürzen des Oberschnabels aus Tierwohlerwägungen in der Praxis umgesetzt wurde. Auch in diesem Zusammenhang wurde vereinzelt der Ruf nach einem neuen Futter laut, was sachlich und fachlich auch hier nicht notwendig war.

Jedoch – auch in diesem Zusammenhang – wurde das Futter weiter verbessert, insbesondere mit Blick auf das Tierverhalten und es kam ein ganz neues Thema in der Fütterung der Legehennen auf:

Vor dem Aufkommen der Hybridzucht wurden Hühner zur Futtersuche auf den Höfen oft sich selbst überlassen. © Smaliar Iryna/Shutterstock.com

Legehennen mit Rohfaser füttern – eine Schnapsidee?

Was für eine irrige Idee – wir füttern doch keine Kaninchen! Derartige Rufe wurden laut, als das Thema ursprünglich diskutiert wurde. Wenn man sich schon in der Vergangenheit näher mit der Biofütterung befasst hatte, konnte man leicht feststellen, dass Biofutter schon immer deutlich höhere Gehalte an Rohfaser (Basis Weender Analyse) enthielten als normale Futter. Unter Berücksichtigung der Biorichtlinien konnten die Legehennen damit durchaus erfolgreich Eier erzeugen.

Auch in der internationalen Literatur gab und gibt es schon seit Längerem Hinweise bezüglich des Nutzens und der Anwendung des „Rohfasergedankens“ in der Geflügelfütterung. Wissenschaftlich betrachtet ist dies im Geflügelbereich noch ein herausforderndes Thema und die klassische Bezeichnung „Rohfaser“ wird der Komplexität dieses sehr interessanten Bereiches nicht vollends gerecht. Dennoch werden gute Ideen zum Thema Rohfaser inzwischen erfolgreich im Legehennenfutter in der Praxis umgesetzt, was zu tendenziell höheren Gehalten an Rohfaser im Mischfutter geführt hat.

Proteinquellen tierischer Herkunft wieder zugelassen

Wir sprechen hier inzwischen über PAPs (processed animal protein). Futterrohstoffe, die unter diese Kategorie fallen, sind mit denen vor der BSE-Krise nicht mehr vergleichbar und auch die Verfügbarkeit und Preiswürdigkeit ist eine völlig andere als zur damaligen Zeit.

Der Einsatz im Futter für monogastrische Tiere ist unter sehr strengen und umfassenden Auflagen wieder möglich, was aktuell jedoch nicht für jeden Futterhersteller ohne Weiteres realisierbar ist.

Höhere Anforderungen an das Herdenmanagement

Nicht nur die Futterherstellung hat sich stetig weiterentwickelt. Auch der Einsatz und das Verständnis für Futter bzw. für die Ernährung der Legehennen schreiten weiter fort und müssen stetig ausgebaut werden. Wurden früher die verschiedenen Futtersorten oft nur nach Kalenderdatum und zeitlichen Zyklen eingesetzt, so müssen oder sollten sie inzwischen primär nach dem Zustand und dem Leistungsverhalten der Herden eingesetzt werden.

Zu erwähnen sei beispielhaft nur das Thema einer verlängerten Nutzungsdauer der Herden. Das erfordert einerseits vom Tierbetreuer ein vertieftes Verständnis der Aspekte der Tierernährung und in der Futterherstellung mehr Flexibilität.

Ein weiteres schon aktuelles und zukünftiges Thema wird die Fütterung auf Nachhaltigkeit und CO2-Bilanz sein und in der Konsequenz niedrigere Gehalte an Rohprotein und Phosphor im Futter. Als Fazit bleibt festzustellen: Die Fütterung unserer Legehennen hat sich in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich weiterentwickelt – immer zum Wohl der Tiere – und so wird es auch in der Zukunft sein.