
Kein Gesetzesvorschlag zum Tierwohl
Die EU-Kommission hat ihr Arbeitsprogramm für 2026 vorgelegt: Es soll demnach keine Gesetzesvorschläge zur Novelle der EU-Regeln für Tierschutz und Tierwohl geben. Allerdings ist eine Strategie zur Nutztierhaltung geplant. Verstärkt werden soll der Kampf gegen unlautere Handelspraktiken. Auf den Prüfstand kommen könnten die Verordnungen zu LULUCF sowie für Düngemittelprodukte.
von AgE erschienen am 23.10.2025Die Europäische Kommission hat ihr Arbeitsprogramm für das kommende Jahr vorgestellt. Besonders viele neue Gesetzesvorschläge im Agrar-, Umwelt, und Lebensmittelbereich plant die Brüsseler Behörde laut ihrer am Dienstag (21.10.) präsentierten Liste nicht. Der Hauptfokus dürfte ohnehin auf die im zurückliegenden Juli präsentierten Legislativvorschlägen für den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) sowie zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gelegt werden.
Absehbar keine Gesetzesvorschläge wird es 2026 für die Novelle der Tierschutz- und Tierwohlregeln in der Europäischen Union geben. Erst vor Kurzem hatte die Kommission bei der Eröffnung der noch bis zum 12. Dezember laufenden Konsultationen zu diesen Themen die Präsentation entsprechender Gesetzesvorschläge für das vierte Quartal 2026 angekündigt. Nun soll im zweiten Quartal vorerst eine Strategie zum „Erhalt der Tierhaltung in der EU“ vorgelegt werden. Darin sollen auch Tierwohl- und Tierschutzaspekte aufgegriffen werden. Darüber hinaus soll im zweiten Quartal die EU-Verordnung für Tiergesundheit evaluiert werden.
Zur Erinnerung: Eigentlich wollte die Europäische Kommission bereits im dritten Quartal 2023 ein umfangreiches Gesetzespaket für stärker harmonisierte Standards vorlegen. Im Vorfeld hatte die damalige EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides unter anderem ein EU-weites Verbot der Käfighaltung in Aussicht gestellt. Bekanntermaßen ist daraus nichts geworden. Mit einigen Monaten Verspätung wurde nur ein Vorschlag zur Novelle der Tiertransportverordnung präsentiert. Hier bleiben die Fortschritte überschaubar. Dem EU-Parlament und dem Rat gelingt es nach wie vor nicht, sich jeweils auf einen Standpunkt für den Start von Trilogverhandlungen mit der EU-Kommission zu einigen.
UTP-Richtlinie soll geöffnet werden
Im dritten Quartal 2026 will Brüssel die bereits angekündigte Novelle der Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken (UTP) in Angriff nehmen. Im selben Quartal werden Legislativvorschläge zur Kreislaufwirtschaft und ein Paket zur Vereinfachung der Vorschriften für erneuerbare Energien erwartet.
Daneben kündigt die EU-Kommission für 2026 ein weiteres Förderprogramm in Form einer Kampagne für den Kauf europäischer Agrargüter an. Damit soll die Position der Landwirte in der Kette und die Versorgung der Menschen in der gesamten EU mit hochwertigen europäischen Lebensmitteln sichergestellt werden, heißt es aus der Kommission. Dazu haben Kritiker in Hintergrundgesprächen wiederholt Zweifel über die Rechtmäßigkeit mit Blick auf die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) vorgetragen.
Darüber hinaus sollen die Wirtschaftsdiplomatie im Agrar- und Lebensmittelbereich sowie partnerschaftliche Dialoge und Abkommen weiter intensiviert werden. Auch soll an einer stärkeren Angleichung der Produktionsstandards auf multilateraler Ebene gearbeitet werden.
Bald wieder über LULUCF diskutieren?
Im vierten Quartal 2026 will die EU-Kommission nach aktuellem Stand die Vorschriften zu den Klimaschutzanstrengungen präsentieren, die nicht unter das EU-Emissionshandelssystem (ETS) fallen, darunter auch der Agrarsektor. Das bedeutet: Die Verordnung für den Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) könnte wieder geöffnet werden. Brüssel erhofft sich hier einen Beitrag zu den selbst gesteckten Klimazielen.
Ebenfalls auf den Prüfstand gestellt werden soll die Verordnung für Düngemittelprodukte. Dieses Projekt soll im dritten Quartal des nächsten Jahres in Angriff genommen werden.
Ferner soll bereits im zweiten Quartal eine Vision für das Jahr 2040 zur Stärkung der Fischerei und der landbasierten Aquakultur präsentiert werden.
„Wenig ambitioniert“
Unterdessen hagelt es aus unterschiedlichen Richtungen deutliche Kritik an den Plänen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: Der wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Markus Ferber, bezeichnet die Pläne als „wenig ambitioniert“. Dem CSU-Abgeordneten fehlt eine klare Linie. Zudem mangelt es laut Ferber an Vorschlägen zum Bürokratieabbau. „Statt horizontaler Entlastungen dominieren sektorale Einzelvorschläge, deren Mehrwert sich nicht offensichtlich erschließt.“ In einer Phase wachsender wirtschaftlicher Unsicherheit brauche die EU dringend eine klare Prioritätensetzung.
Der Vorsitzender der SPD im Europaparlament, René Repasi, zeigt sich ebenfalls ernüchtert. Obwohl die Kommissionspräsidentin die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit zum Motto dieser Legislatur erklärt habe, ließen sich im Programm für 2026 nur vereinzelte Initiativen finden. Aus Sicht von Repasi fehlt eine Strategie für die weitere Integration des EU-Binnenmarkts. Zudem kritisiert er, dass die gesamte Energie der Beamten im Berlaymont – dem Hauptsitz der EU-Kommission – nur in sogenannte Omnibus-Sammelverordnungen zum Abbau von Standards gesteckt werde.
Keine Planungssicherheit beim Tierschutz
Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, beklagt derweil, dass im neuen Arbeitsprogramm der EU-Kommission weder die angekündigte Überarbeitung der EU-Tierschutzgesetzgebung noch die dringend notwendige Reform der Chemikalienverordnung REACH aufgeführt sind; für Schröder enttäuschend und besorgniserregend. Er unterstreicht, dass die Kommission diese Vorhaben mehrfach mündlich wie schriftlich zugesagt habe. Zudem zeigten die laufenden Konsultationen sowie Folgenabschätzungen, dass die Arbeiten längst weit fortgeschritten seien.
Dem Senior Referent Politik bei der Albert Schweitzer Stiftung, Andreas Manz, fehlt ebenfalls ein Termin zur Reform des EU-Tierschutzrechts. Tierhalter in Europa bräuchten jetzt Planungssicherheit. Trotz laufender Konsultation bleibe der Fahrplan unklar. Manz befürchtet ein „Leveling down“. Er warnt davor, dass Betriebe, die in bessere Haltungsbedingungen investierten, ins Hintertreffen geraten könnten. Dringend gebraucht würden verbindliche Schritte mit klaren, einfach vollziehbaren Standards und fairen Marktbedingungen.