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Niedersachsen

Fachforum Schwein und Geflügelmast

Lohnen sich höhere Haltungsstufen für Erzeuger? Was bringt die neue TA Luft für meinen Betrieb? Wie entsteht der CO2-Fußabdruck von Fleisch? Um diese und weitere Fragen ging es beim Fachforum Schwein und Geflügelmast der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) am 16. Mai in den Emslandhallen in Lingen (Ems).

von Christopher Hanraets, LWK Niedersachsen erschienen am 21.05.2025
Das Vortragsprogramm des Fachforums war bestens besucht. Das große Interesse zeigte sich auch an den zahlreichen Fragen aus dem Auditorium an die Referenten. © Christopher Hanraets
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Zum zweiten Mal fand das Fachforum Schwein und Geflügelmast in Lingen statt – und hat sich dort angesichts des großen Interesses offenbar etabliert. Einer neuen Ausgabe des Fachforums in zwei Jahren stehe demnach nichts entgegen, sagte Dr. Heiko Janssen, Leiter des Sachgebiets Tierhaltung bei der LWK Niedersachsen.

Begleitet von einer Fachausstellung mit etwa 80 Firmen, die Dienstleistungen und Produkte rund um die Schweine- und Geflügelhaltung anbieten, gab es auf dem Fachforum ein umfassendes Vortragsprogramm und eine Podiumsdiskussion zu aktuellen Themen, die Schweine- und Geflügelhalter bewegen. Es kamen rund 2000 Besucherinnen und Besucher.

Die stellvertretende Kammerpräsidentin Dagmar Heyens sieht die landwirtschaftliche Tierhaltung im gesellschaftlichen Fokus. Viele Landwirtinnen und Landwirte seien auch bereit, mehr für das Tierwohl zu tun, wenn es denn bezahlbar ist, sagte sie in ihrer Begrüßungsrede. Das Stallsystem der Zukunft müsse mehr Tierwohl, geringere Umwelteinwirkungen und Wirtschaftlichkeit unter einen Hut bringen, zugleich müsse es gesellschaftlich akzeptiert und genehmigungsfähig sein und den Menschen einen guten Arbeitsplatz bieten. Kritisch sieht Heyens die Pläne des Lebensmitteleinzelhandels, künftig verstärkt auf Produkte höherer Haltungsstufen zu setzen. „Zwar geben viele Verbraucher an, dass sie für mehr Tierwohl auch mehr Geld ausgeben wollen, letztendlich hängt die Entscheidung aber von der privaten Situation ab“, so Heyens.

Nachhaltigkeit und Kreditvergabe

Christopher Braun von der DZ Bank die Entwicklungen skizzierte das Nachhaltigkeit aus Sicht einer agraraffinen Bank. Dabei referierte Braun unter anderem über den Green Deal der Europäischen Union sowie die ESG-Kriterien und erklärte, wie sich diese Entwicklungen auf einzelne Agrarbetriebe auswirken können. Im Grunde nutze die Politik die Finanzwirtschaft, um Klimaschutzmaßnahmen zu fördern oder auch Arbeitsstandards zu erhöhen. Dabei betonte Braun, dass eine Umstellung auf ökologische Wirtschaftsweise nicht notwendig sei, um einen Kredit zu bekommen. „Es wird kein Kunde pauschal aus Nachhaltigkeitsgründen ausgeschlossen. Eine ökologische Betriebsform bedeutet nicht pauschal eine vorteilhaftere Nachhaltigkeitsbewertung“, so Braun. Es sei nicht entscheidend, ob konventionell oder ökologisch produziert werde. Wichtig sei, dass das Geschäftsmodell nachhaltig, also langfristig wirtschaftlich tragfähig ist. Die CO2-Bilanzierung rücke vermehrt in den Fokus. Die Rentenbank werde dazu zwei Programme auflegen: Eine Förderung einer CO2-Bilanzierung und ein Programm mit Boni für Betriebe, die eine CO2-Bilanz vorweisen können.

CO2-Fußabdruck von Schweinefleisch

Wie entsteht der CO2-Fußabdruck eines Produkts? Darüber sprach Caroline Labonte von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. „Der CO2-Fußabdruck entsteht entlang der gesamten Prozesskette“, erklärte Labonte. Das bedeutet auch: Emissionen werden entlang der gesamten Kette weitergegeben. Rund 80 Prozent des CO2-Fußabdrucks kämen aus dem vorgelagerten Bereich in den Betrieb, etwa durch den Kauf von Futter und Ferkeln. Der einzelne landwirtschaftliche Betrieb könne also nur etwa 20 Prozent des CO2-Fußabdrucks selbst und die 80 Prozent durch die eingesetzten Mengen nur indirekt beeinflussen. Labonte schlussfolgert daher: „Die ganze Prozesskette muss angefasst werden. Nachhaltigkeit ist eine Gemeinschaftsaufgabe für Landwirtinnen und Landwirte, Futterwirtschaft, Technik und Beratung.“

Schlupf im Stall

Mit den Vorteilen und den Herausforderungen von Schlupf im Stall befasste sich Niels Luther-Köhne von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in seinem Vortrag „Plötzlich Eier im Stall – Wenn der Mäster zum Brütereiexperten wird“. Das Schlupf-im-Stall-Verfahren kann betriebsspezifisch einige Vorteile im Bereich Tierwohl und Wirtschaftlichkeit, wie etwa eine höhere Anfangsentwicklung der Küken und das Verbringen von Bruteiern in Restriktionsgebiete im Seuchenfall mit sich bringen, erfordere aber auch engmaschige Kontrollen und eine sachkundige Betreuung. In dem Verfahren werden Bruteier ab dem 18. Bebrütungstag direkt in den Maststall gebracht. Dort schlüpfen die Küken im Zeitfenster des 21. Tages. So würden die Küken direkt an das Habitat geprägt, erhielten sofort Zugang zu Futter und Wasser und haben keinen Transportstress, was Tierwohl und Gesundheit verbessere. Unerlässlich seien sorgfältige Stallvorbereitungen, sowie stabile Umweltbedingungen.

„Schlupf im Stall“ war eines der Themen am Stand der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Außerdem gab es einen Vortrag zum Thema.
„Schlupf im Stall“ war eines der Themen am Stand der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Außerdem gab es einen Vortrag zum Thema. © Christopher Hanraets

Chancen und Risiken höherer Haltungsstufen

„Höhere Haltungsstufen in der Geflügelhaltung – Chance oder Risiko?“ lautete der Titel des Vortrags von LWK-Unternehmensberater Uwe Bintz. Unterschiede zwischen Haltungsform 2 und 3 bestünden in der Besatzdichte, der Ausstattung der Ställe mit einem Wintergarten, geringeren Produktionsleistungen, höherer Futterverwertung, geringeren täglichen Zunahmen, längerer Mastdauer und geringerer Umtriebe. Um die Mehrkosten von HF3 gegenüber HF2 zu decken, seien Mehrerlöse von 35 bis 55 Cent pro Kilogramm notwendig. Laut Bintz werden diese von den Marktpartnern derzeit auch gezahlt, sodass keine erheblichen wirtschaftlichen Nachteile auftreten. Dazu sei das Mästen in HF3 entspannter, da der Krankheitsdruck geringer sei und wegen der längeren Mastdauer Ausstallungen reduziert würden. Dagegen seien die Energiekosten höher. Lege sich der Landwirt mit dem Bau eines HF3-Stalls auf diese Haltungsform fest, trage er das wirtschaftliche Risiko, da es langfristige Verträge zur Absicherung der Investition noch nicht gebe. Entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg dürfte Bintz zufolge daher die Nachfrage der Verbraucher nach HF3 sein.

Vorgaben der neuen TA-Luft

Über Inhalte und Auswirkungen der 2021 in Kraft getretenen Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) sprach LWK-Imissionsfachmann Friedrich Arends. Besonders die Tierhaltung sei betroffen. Die neue TA Luft setze mit ihren Anforderungen bei der Verringerung von Ammoniakemissionen an. Seit Inkrafttreten der neuen TA Luft müsse in genehmigungsbedürftigen Schweine- und Geflügelhaltungen bereits stickstoff- und phosphorreduziert gefüttert werden. Bis Ende November 2026 komme auf große Haltungen mit zwangsbelüfteten Ställen unter Umständen die Nachrüstung einer Abluftreinigungsanlage hinzu. Bei vielen Ställen dürfte der Aufwand für die Nachrüstung aber als unverhältnismäßig eingestuft werden. Mit anderen Emissionsminderungstechniken (z. B. Güllekühlung, Kotbänder, Gülleansäuerung im Stall) gebe es bislang weder Erfahrungen noch Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen. Möglicherweise, so Arends, gelinge die Entwicklung alternativer emissionsmindernder Verfahren wie etwa mit Improbed (natriumhydrogensulfathaltige Einstreupellets) in der Geflügelhaltung. Tierhalter/ hätten zudem die Option auf qualitätsgeprüfte und nachweislich dem Tierwohl dienende Haltungsverfahren umzustellen.

Diskussion: Geflügelmast in Haltungsform 3

Den Abschluss des Programms bildete die Podiumsdiskussion zum Thema „Geflügelmast in Haltungsform 3 – Der neue (Tierwohl-)Standard?“. An der Diskussion nahmen Friedrich-Otto Ripke (Vorsitzender Niedersächsische Geflügelwirtschaft), Henrik Wiedenroth (Consultant bei LIDL Deutschland), Felix Wesjohann (Vorstand PHW-Gruppe) und Hähnchenmäster Thomas Korte teil. Einig waren sich alle Diskussionsteilnehmer, dass die höheren Haltungsstufen ihre Berechtigung und auch eine Zukunft haben. Die Produktions- und Vermarktungsseite forderte vom Lebensmitteleinzelhandel aber auch verbindliche Zusagen bei der Preisgestaltung und der Mengenabnahme. Die Produkte müssten dauerhaft im Markt untergebracht werden, damit die Schaffung entsprechender Produktionskapazitäten auch wirtschaftlich sei. Ein weiterer Diskussionspunkt ist der Konflikt zwischen dem Ziel der Biosicherheit und Haltungskonzepten, die Außenklima, Ausläufe oder Freiland vorsehen. Gleichzeitig waren sich alle Beteiligten einig, dass es weiterhin einen Markt für Fleisch aus den Haltungsformen 1 und 2 geben werde.