
100 Prozent Biofütterung: Stand der Dinge
Wie können Biobetriebe mit rein ökologisch erzeugten Futtermitteln eine bedarfsgerechte Versorgung von Schweinen und Geflügel sicherstellen? Das wurde auf einer Fachtagung diskutiert. Ein Bericht von Ökolandbau.
von Jürgen Beckhoff für Ökolandbau Quelle oekolandbau.de erschienen am 22.04.2025Dr. Jochen Krieg von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen betonte auf einer Fachtagung im März, dass auch langsam wachsende Rassen in der Geflügelhaltung keine Lösung sind für eine reine 100 Prozent Biofütterung. Denn auch diese Rassen benötigten nährstoffdichte Rationen, um ihr Potenzial auszuschöpfen. Die Gleichung „ein Drittel weniger Zuwachs gleich ein Drittel weniger Bedarf“ gehe nicht auf, wie eine Studie auf Haus Düsse gezeigt habe.
Er empfahl stattdessen eine optimale Kombination verschiedenster, verfügbarer Futtermittel, um eine Unterversorgung zu vermeiden. Dabei sollten Betriebe den Blick weniger auf den reinen Eiweißgehalt richten, sondern stärker auf die enthaltenen Aminosäuren, insbesondere auf Cystein und Methionin. Entscheidend sei hier vor allem die Verdaulichkeit der Aminosäuren, da es hier bei gleichen Futtermitteln oft große Schwankungen gebe.
Landen künftig Algen und Insekten in den Futtertrögen?
Ob Algen zukünftig Teil einer optimierten Eiweißversorgung sein könnten, skizzierte Professor Gerhard Bellof von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf anhand eines aktuellen Forschungsprojektes. Algenarten wie Spirulina haben laut Bellof relativ gute Eiweißgehalte mit einer mittleren Verdaulichkeit für Ferkel und Junggeflügel. Die Zufütterung von Algen in der Broilermast mit Anteilen von bis zu fünf Prozent führte zu höheren Futteraufnahmen und Endgewichten.
Über das Potenzial von Insekteneiweiß berichtete Laura Schneider von der Technischen Hochschule Bingen. Nach Einschätzung der Expertin zeigten Fütterungsstudien mit Mehl aus Larven der Soldatenfliege gute Ergebnisse. Bei Anteilen von fünf bis zehn Prozent in der Ration als Ersatz für Sojaschrot förderte das Larvenmehl die Darmgesundheit bei Schweinen und Geflügel, stimulierte die Futteraufnahme und verbesserte bei Masthähnchen die Futterverwertung.
Als wichtigen Vorteil nannte Schneider zudem die Möglichkeit der sinnvollen Verwertung von Abfallprodukten wie Schimmelgetreide oder verdorbener Silage, die problemlos für die Aufzucht der Insekten genutzt werden können. Die Aufzucht auf dem eigenen Betrieb könne so zur Optimierung der Wertschöpfungskette beitragen.
In der Praxis herausfordernd
Peter Schubert, Biogeflügelhalter in Franken, bestätigte, dass eine 100 Prozent Biofütterung mit vielen Herausforderungen verbunden ist. Eine mangelnde Eiweißversorgung erhöhe das Risiko für verringertes Wachstum und Durchfallerkrankungen, während zu viel Eiweiß die Verdauung belaste. Deshalb sei es problematisch, dass Komponenten wie Sojakuchen oft sehr schwankende Qualitäten bei der Verdaulichkeit aufweisen. Auch die Struktur des zugekauften Bio-Mischfutters sei häufig ungenügend und führe zu einer unerwünschten Futterselektion.
Deshalb mischt der Betrieb inzwischen alle Futtersorten selbst. Die Küken erhalten bis zum Tag 21 ausschließlich hochwertiges Krümelfutter. Sehr gute Erfahrungen hat Schubert mit der Zufütterung von Kleegrassilage bei Junghennen gemacht. Allgemein beobachtete der Biolandwirt, dass mit 100 Prozent Biokomponenten gefütterte Junghennen auch im späteren Legebetrieb besser mit reiner Biofütterung zurechtkommen. Zudem seien Zweinutzungsrassen besser für die 100 Prozent Fütterung geeignet.
In der abschließenden Zusammenfassung wurde betont, dass für die ausreichende Eiweißversorgung von Geflügel und Schweinen im Ökolandbau heute deutlich mehr Alternativen zur Verfügung stehen als vor 20 Jahren. Auch die Forschung sei heute deutlich weiter. Dennoch sprachen sich viele Teilnehmende dafür aus, den Einsatz begrenzter Mengen an konventionellen Eiweißfuttermitteln auch nach 2026 weiter zu ermöglichen, insbesondere für die ersten zehn Lebenswochen bei Geflügel.
Vollständiger Beitrag unter www.oekolandbau.de