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Versicherung bei Tierseuchen

Geflügelpest: Versichern, so lange es möglich ist

Von Ende 2020 bis Ende 2022 gab es beinahe täglich Meldungen über neue Ausbrüche der aviären Influenza (AI) bei gehaltenem Geflügel. Glücklich schätzen konnte sich, wer sich zu diesem Zeitpunkt bereits für eine private Absicherung entschieden hatte, da diese vorübergehend nicht oder nur sehr eingeschränkt verfügbar war.

Veröffentlicht am
Lano Lan/Shutterstock.com
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Die Leistungen der Tierseuchenkassen (TSK) übernahmen während der Geflügelpestwelle von 2020 bis 2022 für die von der AI betroffenen Betriebe oftmals die Funktion der Existenzsicherung, da die Tötung und Räumung ganzer Tierbestände, oftmals sogar kompletter Betriebe, für viele Tierhalter einen großen wirtschaftlichen Schaden bedeutete. In Niedersachsen belief sich die Auszahlungssumme der TSK in 2021 auf 24,2 Mio. Euro, 2022 waren es 18,6 Mio. Euro und in diesem Jahr bisher 2,3 Mio. Euro.

Versichern gegen die Geflügelpest ist wieder möglich

Momentan ist die Lage an der Geflügelpestfront glücklicherweise entspannt – eine gute Gelegenheit also, den Versicherungsschutz des eigenen Betriebes zu überprüfen und gegebenenfalls nachzurüsten. Aber ist das überhaupt so ohne weiteres möglich? Neben der Allianz ist die R+V eines der beiden großen Versicherungsunternehmen, das Ertragsschäden bezogen auf das Risiko der Geflügelpest absichert. Unsere Nachfrage dort ergab: Aufgrund des bisher massivsten AI-Seuchengeschehens von 2020 bis 2022 haben die genannten Versicherer die umfangreichsten Zeichnungseinschränkungen für AI erlassen. Versichern ist jetzt aber wieder möglich.

Risikobeurteilung vor jedem Vertragsabschluss

Grundsätzlich gilt auch jetzt: Vor jedem Versicherungsabschluss wird es eine Einzelfallprüfung mit entsprechender Risikobeurteilung geben. Abgefragt werden bei der R+V beispielsweise die Vorschäden innerhalb der letzten 12 Monate. Neben dem Standort werden weitere, betriebsspezifische Daten aufgenommen. Bei einem Betriebsstandort in Niedersachsen wird beispielsweise die Versicherungsprämie höher ausfallen als in einem anderen deutschen Bundesland.

Weitere grundsätzliche Einschränkungen, die die Versicherungen eventuell vorgeben könnten, haben unsere Recherchen nicht ergeben. Pauschale Kostenansätze sind aufgrund der Vielzahl von Einflussfaktoren nicht darstellbar.

Ausnahmefall Gänse: Für Versicherer nicht attraktiv

Ein sensibles Thema in puncto Absicherung sind die Gänse. Aufgrund ihrer Haltungsform im Freiland sind sie nicht nur besonders gefährdet, sich mit dem Geflügelpestvirus zu infizieren. Hinzu kommt, dass ein Gänseelterntier auch einen deutlich höheren Wert hat, vergleicht man ihn mit dem einer Mastgans. Diesen Kriterien entsprechend fällt auch die Prämie aus, die ein Landwirt zu zahlen hätte.

Tierwert und Tötung wird von der TSK bezahlt

Bundesländerübergreifend zahlen die TSK den gemeinen Tierwert sowie die Tötung der Tiere. Darüber hinaus gibt es freiwillige Leistungen, die sich je nach Bundesland unterscheiden. In Niedersachsen wird beispielsweise für die Reinigung und Desinfektion der Ställe ebenfalls gezahlt. Der Wert dieser Zahlung ist jedoch gedeckelt und richtet sich nach der gemeldeten Anzahl sowie dem Standardzielgewicht der Tiere.

Sprich: Für einen Putenmastbetrieb fällt diese Zahlung pro Tier höher aus als für einen Hühnermastbetrieb. Nicht erstattet werden u.a. Kosten für vernichtete Futtermittel, Einstreu, Sonderkosten für Mistlagerung, vernichtetes Beschäftigungs- oder Verpackungsmaterial sowie den Verdienstausfall durch leerstehende Ställe. Hier kommen die privaten Versicherer ins Spiel.

TSK-Beiträge von 2021 bis 2023 deutlich gestiegen

Aus der Praxis konnten wir in Erfahrung bringen, dass eine solche Regelung die Geflügelhalter bei den gestiegenen Versicherungsbeiträgen, in diesem Fall betraf es die Putenmast, deutlich entlasten würde: Nach den hohen Fallzahlen durch die AI haben private Versicherungen ihre Beiträge spürbar nach oben korrigiert. In Einzelfällen wurde die Prämie, die sich am Jahresumsatz bemisst, um das 1,8-fache erhöht – also nahezu verdoppelt.

Die Beiträge für die TSK haben sich im Vergleich zum vergangenen Jahr sogar verdreifacht: Für Putenhähne wurden in Niedersachsen je gemeldetem Tier

  • für das Jahr 2021 noch 0,45 Euro fällig,
  • 2022 waren es bereits 1,05 Euro und
  • für 2023 lag der Beitrag bei 1,77 Euro je gemeldetem Tier.

Grund dafür ist, dass über den TSK-Beitrag ein Teil der Tierseuchenbekämpfungskosten refinanziert werden muss.

Kein Solidartopf für die Tierseuchenversicherung

Einen Solidartopf der Geflügelwirtschaft oder der Landesregierungen gibt es laut Aussage des Verbandes Niedersächsische Geflügelwirtschaft (NGW) in Deutschland für Ertragsausfälle durch anzeigenpflichtige Tierseuchen nicht. Allerdings gibt es momentan Bestrebungen, eine Mehrgefahrenversicherung für den Geflügelbereich bei den privaten Versicherern zu etablieren, sodass die Versicherungsprämie durch Beihilfen des Bundes oder der Länder subventioniert werden könnte. Vorbild dafür ist Österreich, wo es eine solche Regelung bereits gibt.