Peter Wesjohann zur aktuellen Lage
Peter Wesjohann, Vorstandsvorsitzender der PHW-Gruppe, berichtet in zwei Interviews mit der Zeitung Frankfurter Allgemeine (FAZ) und Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) über die aktuellen Preisentwicklungen und zum Thema Tierwohl. Zudem fordert er eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für alle Absatzkanäle sowie eine staatliche Tierwohlabgabe anstatt einer Mehrwertsteuererhöhung.
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Wie Wesjohann den Zeitungen berichtete, habe sich die Welt durch den Krieg dramatisch verändert. Es fehlten Getreidelieferungen aus Russland und der Ukraine und gleichzeitig schotten sich einige Länder wie China ab und bauen Tierbestände auf. Futtermittel wie Weizen, Mais, Soja, Erbsen, Vitamine und einige Zusatzstoffe seien daher sehr knapp. Die Fütterung mache bisher 70 % der Gesamtkosten in der Geflügel-Aufzucht aus. Die Preise für das Futter und auch alle anderen Kosten haben sich fast verdoppelt. Dies ist auch der Grund dafür, dass die Preise im Supermarkt so stark steigen würden.
Um die aktuelle Lage besser zu meistern, konsumieren einige Verbraucher weniger. Beim Geflügelfleisch konnte Wesjohann dies allerdings noch nicht feststellen. Um zu sparen, kauften viele Verbraucher häufiger Schenkel statt Filet - doch wie genau sich dies weiterentwickelte, könne noch nicht beurteilt werden.
Tierwohl mit geringer Nachfrage nicht umsetzbar
Rund jedes Dritte in Deutschland produzierte Hähnchen komme von der PHW-Gruppe. Über 95 % der PHW-Hähnchen stammten aus Tierwohl-Konzepten, d.h. aus Haltungsform 2 oder besser. Je höher aber das Preisniveau liege, desto geringer die Nachfrage. Für die ganzen Tiere der Haltungsform 3 müsse mit bis zu 40 % höheren Preise gerechnet werden, für die Geflügel-Teile liege der Aufschlag bei bis zu 90 %, rechnete Wesjohann der Zeitung Frankfurter Allgemeine vor. Die PHW-Gruppe habe sich zum Ziel gesetzt, bis 2040 alles auf Haltungsform 3 oder besser umzustellen. Ob die Gruppe das Ziel erreichen wird, ist abhängig von der Nachfrage und von gesetzlichen Regeln wie Bau- und Umweltrecht, damit die Landwirte ihre Ställe umbauen können.
Herkunftskennzeichnung – auch in der Gastronomie
Auch in der Neuen Osnabrücker Zeitung analysiert Peter Wesjohann die gestiegenen Geflügel-Preise aufgrund des Wachstums der Preise bei Futtermitteln, Verpackungen und Energie wie Gas. Daher sei es der Geflügelbranche wichtig, dass die Gasversorgung trotz der Ukraine-Krise sichergestellt bleibt. Insbesondere in der Gastronomie, die rund 60 % des Geflügelabsatzes in Deutschland ausmache, und bei Convenience-Produkten wie Schnitzel, Nuggets oder Wurst werde auf billigere Ware aus dem Ausland wie Osteuropa oder Brasilien zurückgegriffen. Durch die gestiegenen Preise könnten teure Tierwohl-Programme in Deutschland konterkariert werden und mit billiger ausländischer Ware ersetzt werden, die mit niedrigeren Tierschutz-Standards ausgestattet sind. Um dies abzuschwächen, fordert Wesjohann von der Politik zwingend die Einführung einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung im Supermarkt, aber auch in der Gastronomie.
Tierwohl-Abgabe statt höhere Mehrwertsteuer
Der Vorstandsvorsitzende der PHW-Gruppe spricht sich gegen eine Anhebung der Mehrwertsteuer auf tierische Produkte, wie derzeit zur Finanzierung der Landwirte diskutiert wird, aus. Denn dies würde Tierwohl-Produkte zusätzlich verteuern. Stattdessen plädiert er für eine Tierwohlabgabe pro Kilogramm Fleisch. Ein derartiges System existiere bereits mit der privatwirtschaftlichen Initiative Tierwohl und die könnte in einen Fond unter staatlicher Aufsicht überführt werden, umso den Landwirten Planungssicherheit zu geben.