
Bauen: Weniger Druck auf den Außenbereich
Die Regierungskoalition nimmt offenbar Befürchtungen, mit dem sogenannten Bau-Turbo könne der Schutz des Außenbereichs über Gebühr unter die Räder kommen, zumindest teilweise ernst.
von Agra Europe erschienen am 10.10.2025Stimmen aus den Reihen der Landwirtschaft warnen, die vorgesehenen Regelungen rund um die Ankurbelung des Wohnungsbaus („Bau-Turbo“) könnten dazu führen, den Flächenverbrauch zulasten der Betriebe weiter anzuheizen.
Das am 9. Oktober mit den Stimmen von Union und SPD beschlossene „Gesetz zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherheit“ sieht in Bezug auf den Außenbereich zumindest eine deutliche Einschränkung gegenüber dem Regierungsentwurf vor. So muss im angrenzenden Außenbereich für Wohnbebauungen, von denen Umweltwirkungen ausgehen können, auch künftig eine Strategische Umweltprüfung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-Gesetz) durchgeführt werden. Dies kann bereits erforderlich sein, wenn Flächen von weniger als 1 ha betroffen sind.
Der Geschäftsführer des Bundesverbandes der gemeinnützigen Landgesellschaften, Udo Hemmerling, bezeichnete die Korrektur als angemessen. Im Hinblick auf den Außenbereich handele es sich damit nur noch um einen „halben Bau-Turbo“. Nicht nachvollziehen kann Hemmerling allerdings, dass die Wohnungsgrenze für die Umnutzung ehemals landwirtschaftlich genutzter Gebäude im Außenbereich im parlamentarischen Verfahren unverändert geblieben ist. Hier sei eine Aufstockung weiterhin notwendig.
DBV: Flächen im Außenbereich besser schützen
Deutlich kritischer als der BLG wertet der Deutsche Bauernverband (DBV) den Bau-Turbo. Zwar begrüße man grundsätzlich die gesetzliche Initiative zur Bekämpfung der Wohnungsnot, betonte Generalsekretärin Stefanie Sabet gegenüber Agra Europe. Mit der Öffnung des angrenzenden Außenbereichs für Wohnbebauung gehe jedoch ein erhebliches Risiko für Wildwuchs einher. Nicht nur der damit einhergehende Flächenverlust bedrohe landwirtschaftliche Betriebe, warnte Sabet. Auch die Nähe neuer Wohngebiete schaffe Konfliktpotenzial. „Die Flächen im Außenbereich müssen gesetzgeberisch so weit wie möglich geschützt werden“, fordert die DBV-Generalsekretärin. Das sei mit dem aktuellen Entwurf nicht der Fall. Es müsse der Grundsatz gelten, Innenentwicklung vor Außenentwicklung.
Lockerung für fünf Jahre
Mit dem Bau-Turbo will die Koalition die Voraussetzungen schaffen, dass wieder mehr Wohnungen gebaut werden. Dies gilt für Neubauten, Erweiterungen und Nachverdichtungen. Gemeinden bekommen die Möglichkeit, von bauplanungsrechtlichen Vorschriften abzuweichen. Die Entscheidung darüber liegt bei ihnen. Die bis 2030 befristeten Regelungen sollen den Gemeinden ermöglichen, schneller Baugenehmigungen zu erteilen. Wenn Gemeinden nicht innerhalb von drei Monaten über Anträge entscheiden, gilt eine Genehmigung als erteilt. Bislang dauern solche Verfahren teilweise mehrere Jahre.
Erleichtert werden soll zum einen die Wohnraumentwicklung im Innenbereich der Gemeinden. Dort ist mit dem Gesetz eine höhere Baudichte als bislang zulässig. Baulücken sollen schneller und einfacher für Wohngebäude genutzt werden können. Auch für Bauten in zweiter und dritter Reihen soll es unkomplizierter werden. Die Öffnung des Außenbereichs für Wohnbebauung bezieht sich auf Flächen ohne Bebauungsplan, die an Siedlungen angrenzen. Neu geregelt wurde, dass Bauten zur Herstellung und Lagerung von militärischen Gütern im Außenbereich privilegiert sind.