
Neue Erkenntnisse zu Pathogen
In den USA sorgt das Bakterium Enterococcus cecorum seit einigen Jahren für erhebliche Probleme in der Broilermast. Erkrankungen beeinträchtigen sowohl das Tierwohl als auch die Wirtschaftlichkeit – bisher gibt es keine wirksame Behandlung ohne Antibiotika.
von DGS Redaktion Quelle Modern Poultry erschienen am 20.08.2025Seit dem ersten Nachweis im Jahr 2009 rückt E. cecorum immer stärker in den Fokus der Wissenschaft. Ein Forscherteam um Mitsu Suyemoto und Luke Borst von der North Carolina State University hat in den letzten 15 Jahren entscheidende Beiträge zum Verständnis des Bakteriums geleistet. Viele der frühen Arbeiten ihres Teams führten zu den bis heute eingesetzten Testverfahren zur Erforschung von E. cecorum. Kurz vor ihrem Ruhestand stellte Suyemoto die wichtigsten Ergebnisse auf einer Tagung der American Association of Avian Pathologists vor. Die Fachzeitschrift Modern Poultry berichtete darüber.
E. cecorum benötigt keine Darmschädigung, um die Darmwand zu durchdringen. Danach setzt eine Kette typischer Krankheitserscheinungen ein: Sepsis und Herzbeutelentzündung zu Beginn, später Lähmungen durch Schädigungen am Rückenmark. Hinzu kommt, dass Knorpeldefekte durch Osteochondrose bei modernen Broilern in den USA weit verbreitet sind. Diese Veränderungen begünstigen eine Infektion mit dem Erreger im Bereich der Wirbelsäule.
Mit modernen Methoden der Genom-Analyse konnte das Forscherteam zeigen, dass krankmachende Stämme sich genetisch deutlich von harmlosen unterscheiden, die normalerweise im Darm leben. Entscheidend sind zwei Gene (cpsC und cpsO), die den Bakterien eine Art Tarnkappe verleihen: Sie bilden eine Kapsel, die das Immunsystem umgeht. Entfernt man diese Gene, verlieren die Stämme fast vollständig ihre Virulenz.
Impfstoffentwicklung bleibt schwierig
Was zunächst nach einem klaren Ansatz für eine Impfung klingt, entpuppt sich als schwieriges Unterfangen. Zwar konnten Elterntiere geimpft werden, deren Küken wiesen dann auch Antikörper auf. Doch geschützt waren sie nicht. Der Grund: Die „Kapsel“ der Bakterien macht sie für das Immunsystem unsichtbar – selbst in Anwesenheit von Antikörpern. Zudem tritt die Infektion oft schon in der ersten Lebenswoche auf, wenn das Immunsystem noch kaum Abwehrkräfte aufgebaut hat.
Für Landwirte gibt es immerhin einige Optionen.
- Antibiotika: Penicillin wirkt nachweislich gegen das Pathogen; europäische Forschende zeigten zudem Erfolg mit einer Kombination aus Lincomycin und Spectinomycin.
- Futterzusätze: Auch einige Probiotika, Präbiotika und direkt verfütterte Mikroben können die Krankheitslast senken.
- Bakteriophagen: Phagen erkennen sehr spezifische Rezeptoren – sie müssen also die richtigen Strukturen an pathogenen, nicht aber an harmlosen Stämmen erkennen.
- Rückverfolgung: Da identische Stämme bereits in Brütereien nachgewiesen wurden, könnte eine Herkunftsverfolgung helfen, die Belastung zu verringern.
Viele Punkte in der Forschung sind allerdings noch völlig unklar. Beispielsweise warum Elterntiere trotz Infektion keine Symptome zeigen oder warum manche Tiere resistenter reagieren als andere. Auch die Frage, ob neue infektiöse Stämme von E. cecorum im Ei oder durch Schalenkontamination entstehen ist noch nicht beantwortet.
Suyemoto stellte die zentrale Frage: „Ist eine vollständige Ausrottung möglich – oder müssen wir lernen, diese Krankheit zu managen?“
Auch wenn die Forschung noch viele Fragen offenlässt, gibt es für Landwirte eine klare Botschaft: Schon kleine Verbesserungen können große Wirkung haben. Suyemoto rechnet vor: „Eine Reduktion um nur 5 % klingt wenig. Aber in einem Stall mit 40.000 Tieren bedeutet das 2.000 gesunde Hühner mehr. Das ist sowohl wirtschaftlich als auch für das Tierwohl enorm wichtig.“