Geflügelwirtschaft verzichtet auf Werkverträge
Die deutsche Schlachtgeflügelwirtschaft will kurzfristig ab spätestens Anfang 2021 auf Werkverträge in der Schlachtung, Zerlegung und Verpackung verzichten.
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Darauf haben sich die im Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e. V. (ZDG) organisierten Unternehmen verständigt. Dringend erforderlich ist für die Branche indes das arbeitsrechtliche Instrument der Arbeitnehmerüberlassung: „Unsere Unternehmen sind auf eine gewisse Flexibilität bei der Zahl der Mitarbeiter zwingend angewiesen, um auf die Nachfragesituation des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) angemessen reagieren zu können“, stellt ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke klar.
„Es gibt einen klaren saisonalen Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften in den Schlachtereien. Wir brauchen die Arbeitnehmerüberlassung, um diesen Bedarf auffangen zu können.“ Um für mehr Sicherheit und Transparenz zu sorgen, wird die Dokumentation der Arbeitszeit der Leiharbeitnehmer durch eine verpflichtende digitale Zeiterfassung sichergestellt.
Feste Arbeitsverträge führen zu höheren Preisen
Klar ist aber auch: Die Überführung der Werkverträge in feste Arbeitsverhältnisse wird zu steigenden Kosten in der Erzeugung und entsprechend höheren Preisen für Geflügelfleischerzeugnisse führen. „Wir erwarten, dass LEH und Verbraucher die Bereitschaft zeigen, diese Kosten zu übernehmen“, sagt Ripke. „Es darf nicht sein, dass die Mehrkosten an der Erzeugungskette und unseren Tierhaltern hängen bleiben, die gerade engagiert auf dem Weg zu mehr Tierwohl sind.“ Unbedingt vermieden werden muss, dass günstiges Fleisch aus dem Ausland die heimische Erzeugung verdrängt.
Verständigung auf konkrete Maßnahmen
Für die faire und sichere Ausgestaltung der Vertragsverhältnisse hat sich die deutsche Geflügelwirtschaft auf konkrete begleitende Maßnahmen verständigt:
- Verpflichtende digitale Zeiterfassung: Die Dokumentation der Arbeitszeit wird in der Geflügelwirtschaft bereits seit Längerem durch eine digitale Zeiterfassung sichergestellt. Dies sollte verpflichtend sein. Auf diese Weise wird ein Missbrauch auch im Einzelfall unterbunden.
- Erhöhung der Bußgelder und Schaffung einer Beschwerdestelle: Die deutsche Geflügelwirtschaft unterstützt die angemessene Erhöhung der Bußgelder bei Verstößen gegen geltendes Recht. Befürwortet wird eine neutrale, bundesweit agierende Informationsstelle, an die sich Beschäftigte im Fall von Verstößen über eine Hotline wenden können.
- Transparenz und Sicherheit bei den Unterkünften: Um einen gesicherten Standard bei der Wohnsituation zu realisieren, gilt das vom nordrhein-westfälischen Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales erarbeitete und mit dem Verband der Ernährungswirtschaft e. V. in seiner Funktion als sektorspezifischer Arbeitgeberverband und der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe abgestimmte Hygiene- und Arbeitsschutzkonzept mit Empfehlungen für die korrekte Unterbringung der Arbeitskräfte in Gemeinschaftsunterkünften. Dieses definiert verbindliche Vorgaben zu Zimmergröße und -belegung sowie klare Hygienestandards.
Gesetzliche Informationspflicht erforderlich
Während der Hochphase der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass die Behörden teils nur mit Mühe die Wohnorte der Beschäftigten im Sinne des Infektionsschutzes nachvollziehen konnten. Hier ist die Politik gefordert, die Grundlagen für eine gesetzliche Informationspflicht zu schaffen, die es dem Unternehmer erlaubt, Wohnorte der Beschäftigten an die zuständigen Behörden zu übermitteln. Darüber hinaus müssen die Vermieter der privat angemieteten Unterkünfte dafür Sorge tragen, dass Hygienestandards, die Belegung der Wohnräume, die baulichen Anforderungen und der Mietpreis geltenden Gesetzen entsprechen.