Junghennen selber aufziehen
Ihre Junghennen selber aufzuziehen macht für Helga Kästle Sinn. Was nicht für die eigene Remontierung gebraucht wird, wird verkauft. Auf dem Kästle-Hof in Ostrach werden inzwischen in zwei Freilandställen Legehennen gehalten.
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Helga und Ralf Kästle bewirtschaften den Hof jetzt in dritter Generation. Der Großvater von Ralf Kästle kaufte den im Ort gelegenen Hof 1910. Es war ein für die damaligen Verhältnisse typischer vielseitiger Betrieb mit Milchvieh, Schweinen und mit Hühnern im Freiland. Anfang der 50er-Jahre wurde am Ortsrand eine Scheune mit Hühnerstall für 300 Tiere in Bodenhaltung gekauft.
Eier für die Selbstvermarktung aus zwei modernen Freilandställen
Anfang der 70er-Jahre wurde ein Junghennenstall gebaut sowie für die Legehennen ein Stall mit 3000 Plätzen, der mit den damals modernen Käfigen eingerichtet war,“ erzählt Helga Kästle vom Werdegang des Betriebes. Als 1992 die Eierkennzeichnung kam, wurde der Käfigstall in einen Bodenhaltungsstall mit 3200 Plätzen mit Wintergarten umgebaut. In diesem Zusammenhang wurde der Aufzuchtstall ebenfalls mit einer Voliere ausgestattet und entsprechend vergrößert. Die beiden Moblilställe für die Freilandhaltung mit je 240 Plätzen wurden zusätzlich dazugebaut.
Diese Ställe waren bald zu klein für die zunehmende Direktvermarktung und Lieferung an Bauernmärkte und den Lebensmitteleinzelhandel. Nach der Übernahme des Betriebs 2011 bauten Ralf und Helga Kästle im Verlauf von zehn Jahren zwei neue Freilandställe, den ersten mit je 2600 Plätzen, den anderen mit 4000 Plätzen, jeweils aufgeteilt in zwei Abteile. Die Mobilställe wurden abgeschafft, "die waren zu arbeitsaufwendig", da ist sich Helga Kästle mit ihrem Sohn Sebastian einig, der zurzeit in Triesdorf Landwirtschaft studiert.
Die neuen Ställe sind Ganzrostställe mit erhöhten Sitzstangen, "das ist zwar teurer, aber die Arbeitswirtschaft stimmt", begründet Helga Kästle die Entscheidung. Der alte Bodenhaltungsstall steht jetzt leer, ist aber noch voll betriebsbereit. Die Legeperiode beträgt bei ihren Hennen 14 bis 18 Monate, mit einer zwischengeschalteten Mauser. Damit hat Helga Kästle gute Erfahrungen gemacht. Und sie braucht jetzt weniger Aufzuchten pro Jahr. "Früher habe ich für einen festen Abnehmer Hennen aufgezogen, aber jetzt ziehe ich nur noch überwiegend für den Eigenbedarf auf. Was ich nicht brauche, gebe ich ab. Auf diese Weise mache ich jetzt nur noch drei Aufzuchten pro Jahr", erklärt die engagierte Hennenhalterin.
Beim Eingewöhnen der Küken viel Zeit im Stall verbringen
Der Aufzuchtstall ist immer noch derselbe. Er hat zwei Abteile für je 2500 Tiere, ein Abteil mit Bodenhaltung, das andere mit Volieren. Die Küken kommen zunächst in die Bodenhaltung, geheizt wird hier mit Gasstrahlern.
Die einen Tag alten Küken, braune und weiße Lohmann, werden von Ankum geliefert. Transportverluste sind selten. Bei der Ankunft der Tiere ist die für die Küken vorbereitete Stallhälfte geheizt, die Raumtemperatur beträgt 35 °C, manchmal auch bis zu 36 °C. Der Stall ist mit Hobelspänen eingestreut und mit Kükenpapier ausgelegt, auf dem Futter ausgestreut ist. Die Küken werden auf das Kükenpapier gesetzt und fangen dann gleich an zu picken.
Auch die Tränken finden die jungen Tiere meist schnell von selber. "Das ist wichtig, denn darüber bekommen die Tiere die Kokzidienimpfung", erklärt Helga Kästle. "Aber beim Einstallen haben die Tiere Durst, da werden die Tränken schnell angenommen", ist ihre Erfahrung. Wenn die Tränken leer sind, - "das ist meistens nach zwei bis drei Stunden der Fall" - werden sie herausgenommen und die Tränkeline wird freigegeben. Hier muss man bei der Umstellung manchmal helfen. "Aber die Tiere lernen schnell, es gehört ja zu ihren angeborenen Instinkten, auf Glänzendes, also auch auf Feuchtes, zu picken", weiß die Hennenhalterin. Dennoch braucht man in der Eingewöhnungsphase viel Zeit, zwei bis drei Stunden bin ich im Stall."
Kästle Hof in Oberschwaben
Helga und Ralf Kästle bewirtschaften in den Kästle Hof in Ostrach-Einhart. Ein Betrieb mit etwa 55 Hektar Acker. Angebaut werden Kartoffeln, Winterweizen, Wintergerste und Mais. Die Kartoffeln werden direkt vermarktet, dafür wurde eine eigene Kühlung und Lagerung eingerichtet.
In zwei Freilandställen mit insgesamt 6600 Plätzen werden zurzeit 5400 Legehennen gehalten. Die Junghennen werden selber aufgezogen. Eier und Kartoffeln werden selbst vermarktet, durch Hofverkauf, Lieferung bis an die Haustüre, Stände auf sechs Wochenmärkten und Belieferung von 14 Lebensmittelläden und Bäckereien. Im Hofverkauf und auf den Wochenmärkten werden noch viele weitere Produkte angeboten.
Langsam an den Tagesrhythmus gewöhnen
Wenn die Küken diesen Start geschafft und Futter und Wasser gefunden haben, macht Helga Kästle den Stall meistens für eine Weile dunkel, damit die sich Küken ausruhen können. In den nächsten drei bis vier Tagen gibt es abwechselnd zwei Stunden Dunkelheit und vier Stunden Licht. Dann wird auf den Tagesrhythmus allmählich umgestellt mit neun Stunden Licht und 13 Stunden Nacht. Ganz allmählich wird dann die Tageslänge auf zwölf Stunden gesteigert. Mit 22 Wochen ist Legebeginn. "Die Tiere kommen dann in einen Tageslichtstall mit 16 Stunden Licht. Um sie darauf vorzubereiten, wird am Ende der Aufzucht alle vier bis fünf Tage die Lichtdauer um eine halbe Stunde gesteigert", erklärt Helga Kästle die Vorgehensweise.
In diesem Bodenabteil bleiben die Küken die ersten acht Wochen. Ab der dritten Lebenswoche stehen weiche Picksteine zur Verfügung, "das Kükenpapier ist nach zwei Wochen weggepickt", berichtet Helga Kästle augenzwinkernd. Die Tränkeline wird nach ein bis zwei Wochen nach und nach hochgezogen. Sie "wächst" sozusagen mit. Gefüttert wird mehlförmiges energiereiches Kükenfutter. Das bekommen sie, bis sie in den Volierenstall umziehen. Etwa ab der zweiten Woche werden die A-Reuter im Stall aufgestellt. Geimpft wird nach Plan über das Tränkwasser, und es gibt die Sprühimpfung gegen Mycoplasmen.
Nach acht Wochen kommen die Küken in die andere Stallhälfte. "Dazu wird das Tor zwischen den beiden Stallabteilen geöffnet, die neugierigen Hühnchen finden den Weg hinüber von selber", erzählt Kästle. Das Tor bleibt etwa eine Woche lang offen, bis das Kükenmehl in den Futterautomaten im Bodenabteil leer ist. "Dann haben alle Tiere das neue Stallabteil angenommen", weiß die Aufzüchterin aus Erfahrung.
Mit 17 Wochen sind die Junghennen bereit für den Umzug
Das Abteil für den zweiten Teil der Aufzucht hat Volieren mit Aufstiegshilfen. Gefüttert wird jetzt ein mehlförmiges Junghennenfutter, jetzt mit viel Rohfaser. Je einmal pro Woche kommen Kartoffeln und Weizen dazu, außerdem regelmäßig Grit und Muschelkalk. Während des zweiten Teils der Aufzucht werden Heusäcke aufgehängt, auch Picksteine, für die älteren Tiere dann die etwas härteren, stehen zur Verfügung. "Wir kaufen alles Futter zu, so sind wir sicher, dass die Nährstoffzusammensetzung stimmt", erklärt Kästle. Zweimal am Tag geht sie durch den Stall und kontrolliert, ob alles in Ordnung ist. Einmal pro Woche werden 40 bis 50 Tiere gewogen.
Bis zur Legereife bekommen die Tiere die gesetzlich vorgeschriebenen Impfungen. Die für den eigenen Betrieb vorgesehenen Hennen bekommen zum Schluss noch eine stallspezifische Coli-Impfung", so Kästle weiter. Mit 17 Wochen und einem Gewicht zwischen 1600 bis 1700 Gramm kommen die Tiere in den Legehennenstall.
Eigene Aufzucht für kleine Betriebe vorteilhaft
Die Umstellung vom Volierenstall in den als Ganzroststall ausgeführten Legehennenstall bedeutet für die Tiere noch einmal eine Umstellung, zumal sie sich jetzt auch an das Legehennenfutter gewöhnen müssen und die Coli-Impfung verabreicht bekommen haben. "Das dauert etwa eine Woche", hat Helga Kästle beobachtet. In dieser ersten Woche nehmen die Tiere auch etwas ab, holen das dann aber schnell wieder auf. "Derzeit versuchen wir, dass die Junghennen möglichst spät mit dem Legen anfangen. So haben sie noch Zeit für die Umgewöhnung und können noch an Gewicht zulegen. Außerdem legen sie dann nicht so lange kleine Eier. Die letzten Herden haben erst mit 22 bis 23 Wochen voll gelegt", erzählt sie.
Für Helga Kästle hat die eigene Aufzucht nur Vorteile. "Ich bin ein kleiner Betrieb, so verringere ich die Gefahr, dass Krankheiten eingeschleppt werden", begründet sie. Und das Stallgebäude sei ja auch vorhanden gewesen, das hätte die Entscheidung erleichtert. Weitere Vorteile seien die kurzen Wege zwischen dem Aufzucht- und dem Legehennenstall, und die Tiere müssten sich nicht an eine neue Betreuungsperson gewöhnen. Außerdem macht ihr die Aufzucht auch viel Spaß, "es ist schön, wenn die Küken ankommen und den Stall erkunden und wenn ich die Tiere dann wachsen sehe."