Zwiespalt Zweinutzung
Könnten Zweinutzungshühner die Rettung gegen das Kükentöten sein? Tierschutzorganisationen und Politik sehen darin eine Lösung. Doch die Realität sieht anders aus.
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Die Tierschutzorganisationen sehen die Zukunft der Geflügelbranche in der Umstellung auf Zweinutzungsrassen. Das hätte den Vorteil, dass sowohl Hahn als auch Henne einer Zuchtlinie ihre Daseinsberechtigung haben. Die Hennen legen Eier, die Hähne werden gemästet. Eintagsküken müssten nicht getötet werden – was hierzulande sowieso bereits verboten ist – und die Geschlechtsbestimmung im Ei entfiele ebenfalls. Das klingt nach einer idealen Lösung.
Die Politik hat das aufgegriffen und sich für die Förderung der Etablierung von Zweinutzungsrassen ausgesprochen. Bisher sind Zweinutzungshühner in Deutschland aber eher eine Seltenheit, denn ihre Haltung ist für landwirtschaftliche Betriebe nicht rentabel. Eierleistung und Fleischansatz sind deutlich niedriger als bei Lege- oder Masthybriden. So legt ein Zweinutzungshuhn im Schnitt 250 Eier pro Jahr, im Vergleich dazu eine Legehybride über 300 Eier. Zudem verwerten Masttiere aus Zweinutzungslinien Futter schlechter und setzen trotz längerer Haltungsdauer deutlich weniger Fleisch an. Wie realistisch ist also eine Umstellung auf Zweinutzungsrassen?
Die Realität ist, dass der Selbstversorgungsgrad bei Geflügelfleisch in Deutschland laut statistischem Bundesamt kontinuierlich sinkt. Lag er im Jahr 2014 bei 112,2 %, betrug er 2022 noch 97,4 %. Die Bundesrepublik ist bereits jetzt auf Importe angewiesen, um den Bedarf an Geflügelfleisch decken zu können. Forcierte man die Umstellung auf Zweinutzungsrassen, würde sich die Importrate deutlich vergrößern. Die Importabhängigkeit steigt und mehr Tierwohl wird nicht erreicht, da in den meisten EU-Ländern das Kükentöten nicht verboten ist. Die Ideallösung sind Zweinutzungshühner also nicht, sondern in Zukunft bestenfalls eine Alternative parallel zur konventionellen Eier- und Fleischerzeugung.