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Lebensmittelerzeugung

Bio rettet nicht das Klima

Das Heidelberger Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) hat in einer neuen Studie den ökologischen Fußabdruck von 200 alltäglichen Lebensmitteln und Gerichten ermittelt.

Veröffentlicht am
Colourbox
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„Bei unseren Lebensmitteln im Supermarkt hängt die Umwelt- und Klimabilanz oft weniger am Produkt, als daran, wo und wie diese Produkte angebaut und danach transportiert und verpackt wurden“, sagt Dr. Guido Reinhardt, Leiter der neuen Studie „Ökologischer Fußabdruck von Lebensmitteln und Gerichten in Deutschland“. Untersucht wurden fünf Produktgruppen, darunter Obst, Gemüse, Fleisch- und Milchprodukte sowie vegetarisch-vegane Ersatzprodukte.

Insgesamt bestätige die ifeu-Studie, dass frisches, saisonal und regional angebautes Obst und Gemüse im Schnitt meist deutlich klimafreundlicher sei als außerhalb der Saison importierte Lebensmittel aus fernen Ländern. Weniger Fleisch und Milchprodukte sollen wesentliche Stellgrößen für eine nachhaltige Ernährungswende sein. Überraschend für die Autoren: In Bezug auf den Klimaeffekt sind Biolebensmittel nicht von Vorteil.

Hülle oft entscheidender als Inhalt

„Die Einwegverpackung aus Metall oder Glas hat in vielen Fällen einen größeren Klimaeffekt als das eigentliche Lebensmittel. Das gilt auch für viele Getränke wie Wein und Bier – oft kommt es mehr auf die Hülle als den Inhalt an“, so Dr. Reinhardt.

Daneben spiele es aber auch eine Rolle, auf welchen Flächen die Lebensmittel angebaut werden: Würden tropische Regenwälder für den Anbau von Palmöl gerodet oder (wie in Deutschland) Moorgebiete für die Landwirtschaft umgewandelt, so verschlechterten sich die Klimagasbilanzen erheblich, teils bis zur Verdoppelung des CO2-Fußabdrucks. Erstmals wurden laut der Autoren bei dieser Studie solche Flächennutzungsänderungen konsequent eingerechnet.

Bio punktet nicht beim Klima

Überraschend sei, dass Fleisch, Milch und Eier aus Biolandwirtschaft beim Klimaeffekt in einigen Fällen nicht besser und manchmal sogar schlechter abschneiden würden als Produkte aus konventioneller Landwirtschaft. Der Grund: Biobetriebe benötigten mehr Fläche, da sie geringere Erträge erwirtschaften – entsprechend legten die Forscher auch höhere Hektarzahlen zu Grunde, was zu höheren CO2-Emissionen führen kann. Die höheren Emissionen würden allerdings durch "einen deutlich geringeren Pestizideinsatz, nachhaltigere Bodenbewirtschaftung und Erhöhung der Artenvielfaltviel mehr als wiederwettgemacht", meint Reinhardt.

Sein Fazit: "Gerade in der Landwirtschaft kann ein allein auf die CO2-Emissionen eingeengter Blick die ökologische Gesamtbewertung stark verfälschen."

Beilage entscheidet mit über die Ökobilanz des Mittagessens

Im zweiten Teil der Studie untersucht das ifeu, wie klimafreundlich verschiedene Gerichte sind. Dabei stechen vor allem einige Lebensmittel mit unerwartet großen Auswirkungen auf die CO2-Emissionen je Portion hervor. „Rind und Reis haben nicht nur einen hohen Klimaeffekt, sondern benötigen für die Erzeugung zusätzlich sehr viel Dünger und Wasser“, sagt Reinhardt. Statt zu Rindfleisch könne man gerade bei Hackgerichten zum wesentlich klimafreundlicheren Schweinefleisch oder zu Sojagranulat greifen. Statt Reis sollte man in unseren Breiten klimatechnisch besser durch Nudeln, Kartoffeln oder Dinkel ersetzen. Dabei entstünden nicht nur weniger Klimagase, sondern ein halb so großer Flächen- und Dünger-Fußabdruck und einhundertfach geringerer ökologischer Fußabdruck bei Wasser. Auch hier zähle, dass CO2 nicht das alleinige Umweltkriterium einer nachhaltigen Ernährung sein dürfe.

Studie soll Orientierung liefern

Die ifeu-Studie soll Verbrauchen und Beratern als Orientierungshilfe für eine klima- und umweltbewusste Ernährung dienen. Bisher veröffentlichte Daten zu CO2-Fußabdrücken von Lebensmitteln würden teilweise deutlich voneinander abweichen. Diese Abweichungen ergäben sich oft aus dem Bilanzrahmen. Solche Unterschiede seien nicht transparent. Darum habe das ifeu erstmals gezielt verglichen, welchen Einfluss Produktion, Transport, Verpackung und unterschiedliche Randbedingungen etwa für saisonale Lebensmittel und vor allem die Flächenbelegung haben.

Die ifeu-Studie „Ökologische Fußabdrücke von Lebensmitteln und Gerichten in Deutschland“ steht zur freien Nutzung auf ifeu.de.