
Zoonosen und Klimawandel: Gefahr im Stall?
Zwischen Tier und Mensch übertragbare Infektionskrankheiten, so genannte Zoonosen, haben in den letzten Jahren weltweit an Bedeutung gewonnen. Im Interview erklärt Dr. Klaas Dietze vom Friedrich-Loeffler-Institut, wie der Klimawandel dazu beiträgt.
von Bundesinformationszentrum Landwirtschaft erschienen am 11.02.2025Welche Erreger hat man schon jetzt im Blick, die zukünftig zur Bedrohung werden könnten? Dietze: Auf jeden Fall die bereits genannte Influenza. Aktuell zeigt sich in den USA, dass Geflügelinfluenzaviren Kühe über das Euter infizieren können. Früher hieß es immer, Kühe infizieren sich nicht, aber man hat dabei nur an den klassischen Infektionsweg über die Atemwege gedacht, um das zu testen. Auch wir am FLI haben mit dem Isolat aus den USA diese Tests gemacht und festgestellt, dass über die Atemwege keine Infektion erfolgt. Doch als die Infektion ins Euter gesetzt wurde, konnte sich das Virus replizieren. Nun ist klar, dass auch die hier kursierenden Geflügelinfluenzastämme Kühe über das Euter infizieren können. Dieser Weg ist untypisch, es ist kein klassischer Infektionsweg, doch wenn das Virus im Euter ist, wird es sehr aktiv mit hoher Viruslast und überträgt sich beim Melken auf andere Kühe. Darüber hinaus haben wir die so genannte stille Pandemie in Form von resistenten Keimen wie MRSA im Blick. Die Schweinehaltung ist weltweit ein antibiotikaintensives Geschäft, deshalb steht die Bekämpfung der Antibiotikaresistenzen ganz weit oben auf unserer Agenda, global wie national. Weitere Viren stehen derzeit vielleicht nicht unmittelbar vor der Tür, aber die bereits erwähnten Viren wie das Japan Enzephalitis Virus sowie das sich verändernde Spektrum der vorkommenden Vektoren sollten wir schon im Auge behalten. Welche Ansätze gibt es, die Gefahr durch Zoonosen möglichst gering zu halten sowohl von staatlicher Seite als auch seitens der Tierhalter? Dietze: Unsere Behörden verfügen über effektive Früherkennungssysteme für Tierseuchen. Es gibt eine Meldepflicht und regelmäßige Übungen zur Bekämpfung. Auch die Lebensmittelüberwachung in Deutschland funktioniert sehr gut. Wenn ich hier als Verbraucherin oder Verbraucher in ein Geschäft gehe und eine Wurst kaufe, ist das in der Regel unbedenklich. Das ist bei einem Mettbrötchen in Südostasien anders. Aktuell sind wir gut aufgestellt, doch es gibt immer Raum für Verbesserungen. Wir alle sollten unsere Kommunikationswege zwischen Veterinärämtern, weiteren Behörden und der Landwirtschaft optimieren. Kranke tierhaltende Personen, vor allem mit Symptomen einer Atemwegserkrankung, sollten beispielsweise nicht zu ihren Schweinen gehen. Wer in schweinehaltenden Betrieben arbeitet, sollte sich gegen Influenza impfen lassen. Wir müssen humane Influenzaviren aus Schweineställen fernhalten, denn bei Zoonosen gilt es, in beide Richtungen zu denken. Salmonellen werden ja auch teilweise von Menschen in die Betriebe gebracht. Jeder, der ein Tier hält, hat eine Verantwortung, das Bewusstsein ist wichtig. Der Mensch spielt die Schlüsselrolle und muss sein Verhalten anpassen. Auch die neue Tiergesundheitsgesetzgebung der EU betont stark die Eigenverantwortung der Tierhaltenden.
„Nun ist klar, dass auch die hier kursierenden Geflügelinfluenza-stämme Kühe über das Euter infizieren können.“ Dr. Klaas Dietze, FLI
Warum spielen Schweine eine besondere Rolle bei Zoonosen? Was sind Vektoren? Welche Bevölkerungsgruppen sind am stärksten durch Zoonosen betroffen und wie könnte der Schutz aussehen? Das ausführliche Interview finden Sie auf nutztierhaltung.de .