
Geflügelhalter investieren in Digitalisierung und Tierwohl
Das Marktumfeld für die Tierhaltung in Deutschland und Europa ist herausfordernd – dennoch ist die Investitionsbereitschaft der Geflügelbranche robust. Das ist Botschaft der internationalen Studie „DLG-Agrifuture Insights Winter 2023/2024“, die die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) mit mehr als 3.000 Teilnehmern durchgeführt hat.
von DLG erschienen am 25.09.2024Zu den Herausforderungen für Landwirte in Deutschland und Europa zählen sich ausbreitende virale Infektionen wie die Blauzungenkrankheit, Afrikanische Schweinepest sowie die Aviäre Influenza (Geflügelpest). Zudem beeinflusst der Klimawandel die Futtermittelversorgung und -kosten: Preise und Verfügbarkeiten zeigen sich witterungsbedingt zunehmend volatil. Positiv zu vermelden ist, dass die Preise für Milch und Fleisch relativ stabil sind und damit Investitionsvorhaben begünstigen. In diesem turbulenten Marktumfeld ist es für die Landwirte und Unternehmen im Agribusiness wichtig, die Zukunft aktiv mitzugestalten.
Mit steigendem Wohlstand nimmt weltweit die Nachfrage nach Fleisch zu. Geflügel bleibt hierbei weiterhin das gefragteste Fleischprodukt. Entsprechend ist die Produktion von Geflügelfleisch in den vergangenen 20 Jahren weltweit um mehr als 30 % gestiegen.
Investitionsbereitschaft inTierwohl vorhanden
Die DLG hat mehr als 3.300 Landwirte aus aller Welt für die „DLG Agrifuture Insights Winter 2023/2024“-Studie befragt und im Sommer 2024 nochmal eine Blitzumfrage unter rund 600 Teilnehmern (DLG Agrifuture Insights Sommer 2024) durchgeführt. Gleichmäßig über den Markt verteilt bewerten Geflügelproduzenten, Schweinehalter und Milcherzeuger im Winter 2023/24 die finanzielle Situation ihres Betriebes besser als im Sommer 2024. Gründe dafür können unter anderem der anhaltende Krieg in der Ukraine sowie der neu ausgebrochene Konflikt im Nahen Osten sein. Jedoch dürfen die Zahlen nicht überbewertet werden, da im Sommer 2024 wesentlich weniger Landwirte an der Studie teilnahmen als im Winter 2023/24. Ein genereller Trend ist trotzdem ablesbar. Milcherzeugende Betriebe zeigen eine hohe Bereitschaft, zukünftig zu investieren. Geflügelbetriebe und Schweinehalter folgen dicht auf. Die guten Preise im vergangenen Jahr geben besonders Milchviehhaltern die finanzielle Basis für Investitionen. Die Investitionsbereitschaft bei Ackerbaubetrieben ist dagegen gedämpft. Hauptsächlich planen Landwirte in drei Bereichen der Tierhaltung Investitionen: Tierwohl, Reduktion von Hitzestress und Bauwesen und Digitalisierung. Mit dem Fachkräftemangel in Europa gewinnt auch die Automatisierung weiterhin an Bedeutung.
Die Geflügelhalter stehen derzeit, wie auch in den Jahren zuvor, vor etlichen Herausforderungen. Dazu zählt insbesondere eine weitere Verbesserung des Tierwohls und der Tiergesundheit, wie es von der Politik und Gesellschaft gefordert wird. Eine Optimierung des Impferfolgs ist bei gleichzeitig verbessertem Handling der Tiere eine wichtige Voraussetzung für eine lange Haltungsdauer und um Impfschäden zu vermeiden. Neue Verfahren stellen eine bedeutende Weiterentwicklung im Bereich der Geflügelimpfung dar und bieten wesentliche Verbesserungen.
Innovative Lösungen zur Bekämpfung der Roten Vogelmilbe, zur Desinfektion von Bruteiern sowie zur Reinigung von Aufzucht- und Legehennenställen mit Volierenanlagen können ebenfalls wesentlich zur Tiergesundheit beitragen. Für mehr Tierwohl für Legehennen können eine verbesserte Aufzuchtvoliere sowie die Kombination einer Legevoliere mit einer Aufzuchtvoliere sorgen. Auch an das Wohl der Hühnerküken wird gedacht. So soll eine Larven-Snack-Bar die Tiere beschäftigen und sie gleichzeitig mit hochwertigem Protein versorgen.
von Prof. Dr. habil. Heinz Bernhardt, EuroTier-Neuheitenkommission; Lehrstuhl für Agrarsystemtechnik, Technische Universität München, FreisingDigitalisierung schreitet voran
Laut einer Studie von Bitkom Research, die im Juni 2024 veröffentlicht wurde, setzen rund 68 % (2022: 63 %) der befragten Landwirte setzen auf ihrem Hof bereits einen digitalen Feldkatalog, Kuh- oder Sauenplaner ein. Ein Grund für diesen häufigen Einsatz ist die einfache Integration in den bestehenden Betrieb und das Einsparen von Arbeitszeit.
Deutlich seltener kommen Betriebs- und Herdenmanagementsysteme zum Einsatz. Jedoch ist auch hier eine Steigerung zu beobachten. Setzte im Jahr 2022 nur jeder Dritte auf digitale Hilfssysteme (32 %), ist es im Jahr 2024 bereits jeder Zweite (46 %). Melk- und Stallroboter werden von 22 % der befragten Tierhalter eingesetzt (2022: 19 %). Zusätzlich gibt es, verglichen mit 2022, einen größeren Bedarf an digitalem Support.
Welcher Bedarf besteht in der Geflügelbranche?
Bei den Geflügelhaltern werden Innovationen für die bedarfsgerechte Fütterung zur Reduzierung der Nährstoffe in Wirtschaftsdünger und der Sicherung der Leistung und Gesundheit des Geflügels als bedeutend eingestuft. An zweiter Stelle folgt der Bedarf für eine verbesserte Arbeitsorganisation. Künstliche Intelligenz und eine fortschreitende Digitalisierung können bei diesem Ziel unterstützen und zudem die Tiergesundheit verbessern. Mit gleicher Relevanz stufen die befragten Landwirte den Bedarf nach verbesserten Klimasystemen ein. Bei den Geflügelhaltern haben über 50 % bereits energieeffiziente Maßnahmen zum Schutz von Klima und die Umwelt implementiert und weitere rund 30 % planen dies für die Zukunft. Zudem nehmen Investitionen in PV-Anlagen auf den Höfen zu. Immer mehr Betriebe produzieren ihren Strom selbst, weswegen technische Lösungen gesucht werden, um möglichst viel von dem selbsterzeugten Strom nutzen zu können. Hierbei sind auch intelligente Technologien zur Stromspeicherung erforderlich.