Geflügelwirtschaft warnt: Agrarpolitiker verspielen Vertrauen
Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V. (ZDG) äußert anlässlich der Agrarministerkonferenz, die zurzeit in Kiel stattfindet, seine Besorgnis.
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Wie ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke gegenüber der AMK forderte, müsste die Agrarpolitik in Bezug auf die Nutztierhaltung ihre zahlreichen inneren Widersprüche erkennen und auflösen. Die Politik verspiele durch ihr widersprüchliches Handeln das Vertrauen der Wirtschaftsbeteiligten und beschädige die Wettbewerbsfähigkeit einer an sich starken Branche.
"Regieren heißt, Verlässlichkeit und Planungssicherheit zu geben. Wenn dies nicht schnell wieder geschieht, werden wir statt Innovation in der Agrarwirtschaft ein noch schnelleres Höfesterben und den Verlust von Ernährungssicherung erleben."
ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke
Weiter spricht sich Ripke dafür aus, dass Investitionen in mehr Tierwohl durch Erleichterungen beim Stallbau- und Emissionsrecht flankiert werden müssten. Nur so würde es gelingen, dass Landwirte teure Investitionen tätigen und dann davon leben könnten.
ZDG-Präsident mahnt realitätsnahe Lösungen an
Ripke beklagt in einem Wortbeitrag im Rahmen einer Verbändeanhörung gegenüber der AMK, dass sich die Politik bei ihren Entscheidungen viel zu oft von Wählerstimmen und gesellschaftlichen Debatte beeinflussen lasse. "Wir brauchen Realpolitik für die reale Welt. Fakten, Praxis und Wissenschaft müssen die Entscheidungen bestimmen", betont der ZDG-Präsident und weist auf folgende Probleme hin:
- Zum Umbau der Nutztierhaltung liegt seit Februar 2020 das Konzept der Borchert-Kommission auf dem Tisch. Obwohl es in einem breiten Prozess aller Stakeholder erarbeitet wurde, wurde es politisch nicht ausreichend unterstützt.
- Den von manchen Agrarpolitikern immer wieder kolportierten gesellschaftlichen Wunsch nach mehr Tierwohl gibt es am Markt nicht. Geflügelfleisch der hohen ITW-Stufe 4 findet nur einen Bruchteil der Nachfrage der Stufe 2, in der 90 % des deutschen Geflügelfleischs erzeugt werden. Eier aus Bodenhaltung sind der Renner bei Verbrauchern, nicht solche aus höheren Haltungsformen.
- Wenn Politiker auf sinkenden Fleischkonsum verweisen, ignorieren sie meist, dass der Selbstversorgungsgrad bei allen Lebensmitteln aus der Geflügelhaltung bei unter 100 % liegt. Bei Eiern rund 70 %, bei Enten und Gänsen nur 10 %. Wer regionale und Tierwohl-Produkte will, muss jeden einzelnen heimischen Betrieb erhalten.
- Auf Importe zu setzen und dabei wissentlich heimischen Lebensmittelhygiene-, Tierwohl- und Nachhaltigkeitsstandards aufzugeben ist ein Skandal. Im Rahmen des Mercosur-Freihandelsabkommens droht sogar die Lieferung von Soja aus nicht entwaldungsfreier Produktion.