Zu schade für die Tonne!
Laut Zahlen von 2015 werden in Deutschland jedes Jahr ca. 18 Mio. Tonnen Lebensmittel weggeworfen. 10 Mio. Tonnen davon gelten als vermeidbar. Für 5 Mio. Tonnen sind private Verbraucher verantwortlich.
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Forschende der Universität Trier haben nun einen Erklärungsansatz für Lebensmittelverschwendung untersucht. Sozialpsychologe und Projektleiter Dr. Benjamin Buttlar: „Wahrscheinlich kennen wir alle den Konflikt: Auf der einen Seite wissen wir, dass das Wegwerfen von Lebensmitteln der Umwelt schadet. Auf der anderen Seite verbinden wir negative Assoziationen mit abgelaufenen Lebensmitteln. Sie lagen vielleicht länger herum und sehen nicht mehr so schön aus, sodass man vielleicht sogar vermutet, dass es riskant sein könnte, die Lebensmittel zu essen.“
MHD ist kein Verfallsdatum
Dass diese Zerrissenheit eine Rolle beim Wegwerfen spielt, konnten die Forschenden anhand von Experimenten belegen. Sie hatten Probanden unter anderem haltbare Produkte gezeigt, bei denen das Mindesthaltbarkeitsdatum bereits abgelaufen war.
Mit einer Computer-Maus mussten die Versuchspersonen ihre Einstellung gegenüber dem Nahrungsmittel als positiv oder negativ bewerten. Dabei wurde der Weg des Mauszeigers aufgezeichnet. „Je geradliniger der Verlauf ist, desto weniger herrscht ein innerer Konflikt vor“, erklärt Buttlar.
In einem weiteren Experiment wurden den Versuchspersonen zusätzliche Informationen wie die Bedeutung des Mindesthaltbarkeitsdatums oder die ökologischen Konsequenzen von Lebensmittelverschwendung gegeben.
Faustformel für Lebensmittelreste
„Lange ging die Forschung davon aus, dass Menschen einfach nicht genug über ein Thema wissen und deshalb Dinge tun, die eigentlich nicht gut sind. Aber diese Erklärung greift zu kurz. Bei Lebensmittelverschwendung spielt beispielsweise eine Rolle, ob wir gerade dazu in der Lage sind, Informationen zu verarbeiten, sodass wir Lebensmittel testen oder ob wir uns doch lieber auf das Mindesthaltbarkeitsdatum verlassen“, sagt Buttlar.
Daraus schlussfolgern die Forschenden, dass es intelligente Kampagnen und Informationen braucht, die man leicht anwenden kann. Buttlar nennt hier beispielsweise die Faustformel „2+2+2“ für Lebensmittelreste. Zwei Stunden könnten frisch zubereitete Lebensmittel außerhalb des Kühlschranks stehen, zwei Tage im Kühlschrank aufbewahrt werden und zwei Monate im Gefrierfach sein, ohne dass man die Haltbarkeit zusätzlich prüfen müsse.
Wenn Milch die Farbe ändert
Auch in technologischen Lösungen sehen die Trierer Forschenden großes Potenzial: beispielsweise in der Entwicklung von Verpackungen für hochpasteurisierte Milch, die ihre Farbe ändern, wenn die Milch nicht mehr genießbar ist.
„Mit unserer Forschung wollen wir dazu beitragen, dass sich Menschen ihrer Ambivalenz gegenüber Lebensmitteln bewusst werden. Das kann auch schon zu einem Umdenken führen“, sagt Buttlar.