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Tiergesundheit

Cortisol: Die unbekannte Stressantwort bei Geflügel

Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass das Hormon Cortisol bei Stressreaktionen von Geflügel eine deutlich wichtigere Rolle spielt als bislang angenommen.

von DGS Redaktion Quelle WattPoultry erschienen am 17.07.2025
Wer das Wohlbefinden seiner Tiere genau im Blick behalten will, sollte in Zukunft auch die Rolle von Cortisol berücksichtigen. © Lusof/Shutterstock
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Lange Zeit galt Corticosteron als das zentrale Stresshormon bei Vögeln, während Cortisol – das Haupt-Stresshormon beim Menschen – kaum Beachtung fand. Doch laut Scanes, der am 14. Juli 2025 auf der Poultry Science Association Conference in Raleigh (North Carolina) sprach, könnte diese Sichtweise überholt sein. Das berichtet WattPoultry unter Berufung auf Professor Emeritus Colin Scanes von der University of Wisconsin, Milwaukee.

Studien zeigen: Junge Nebennierenzellen von Hühnern produzieren neben Corticosteron auch Cortisol – wenn auch in geringeren Mengen. Doch Cortisol scheint besonders wirksam zu sein: In Eiklar wurden etwa acht- bis zehnmal höhere Cortisolkonzentrationen gemessen als Corticosteronwerte. Zudem ist Cortisol rund 3,8-mal stärker wirksam als Corticosteron.

„Das bedeutet, dass selbst geringe Mengen Cortisol eine größere biologische Wirkung entfalten könnten“, erklärt Scanes.

Schwierige Hormonmessung

Die Hormonmessung ist allerdings komplex: Verschiedene Forschungsteams kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen – unabhängig vom verwendeten Testverfahren wie ELISA oder RIA. Das liegt unter anderem an den sehr geringen und stark schwankenden Hormonmengen sowie daran, dass Antikörper in den Tests die Hormone teilweise deaktivieren können.

Scanes stellte in seinem Vortrag entscheidende Fragen, die nun erforscht werden müssen:

  • Werden Cortisol und Corticosteron von denselben oder unterschiedlichen Nebennierenzellen gebildet?
  • Wie erfolgt die Regulation dieser Hormone im Geflügelkörper?
  • Messen die aktuell genutzten Verfahren überhaupt die biologisch aktiven Hormonformen?

Für die Geflügelhaltung ist das hochrelevant: Wenn bei Stressanalysen nur Corticosteron berücksichtigt wird, könnte ein entscheidender Teil der tatsächlichen Stressbelastung übersehen werden. Mit der Folge, dass dadurch auch Tierwohlbewertungen unvollständig sein könnten und so Verbesserungspotenziale in Haltung, Umgang und Management ungenutzt bleiben.

Die neuen Forschungsergebnisse zeigen also, dass Hühner offenbar nicht nur das bekannte Stresshormon Corticosteron, sondern auch Cortisol produzieren – und das in deutlich wirksameren Mengen, als bisher angenommen. Für die Geflügelhaltung könnte dies ein wichtiger Hinweis sein, denn wenn in der Stressanalyse nur Corticosteron erfasst wird, kann ein wesentlicher Teil der tatsächlichen Belastung der Tiere übersehen werden. Tierwohlbewertungen blieben somit unvollständig, und mögliche Ursachen für Stress – etwa beim Stallklima, Futter oder Handling – blieben unentdeckt.

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