
Brasiliens Botschafter weist Kritik aus der Agrarbranche zurück
Bei einer Anhörung im Handelsausschuss des Europaparlaments hat Brasiliens Botschafter bei der EU versucht, Kritik am Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten zu entkräften.
von AgE Quelle AgE erschienen am 26.06.2025Bei den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Mercosur-Staaten haben die südamerikanischen Länder im Agrarbereich „bedeutende Zugeständnisse“ gemacht. Das hat Brasiliens Botschafter in Brüssel, Pedro Miguel da Costa e Silva, am Dienstag (25.6.) bei einer Anhörung im Handelsausschuss des Europaparlaments betont. Die europäische Agrarwirtschaft profitiere von Zollsenkungen, erklärte der Diplomat. Für sensible Produkte gebe es Einfuhrquoten und nur „sehr eingeschränkten“ Marktzugang für die Südamerikaner. Hinzu komme der bislang umfassendste Schutz von geografischen Herkunftsangaben. Bereits im Vorfeld der Anhörung hatten mehrere europäische Dachverbände die einseitige Gästeliste kritisiert.
Entschieden entgegen trat da Costa e Silva Vorwürfen, die Erzeuger in den Mercosur-Staaten würden von unfairen Wettbewerbsvorteilen durch niedrigere Produktionsstandards profitieren. „Einige unserer Standards sind strikter als die europäischen“, so der Botschafter. Als Beispiel nannte er Vorgaben zum Schutz der natürlichen Vegetation. Im Norden Brasiliens müssten die Landwirte zu diesem Zweck 20% ihrer Fläche aus der Produktion nehmen, in der Amazonasregion seien es sogar 80%. „Das geht über alle Auflagen für die europäischen Landwirte weit hinaus“, unterstrich da Costa e Silva. Er betonte zudem, dass die Landwirtschaft im Mercosur-Block in einigen Bereichen fortschrittlicher als die der EU sei. Brasilien setze bereits seit mehreren Jahrzehnten auf Carbon Farming. Auch biologische Pflanzenschutzmittel seien weiter verbreitet.
Nicht stichhaltig ist aus Sicht des Brasilianers zudem die Kritik an fehlender Nachhaltigkeit in den südamerikanischen Ländern. Zwar gebe es ein Problem mit Entwaldung, räumte da Costa e Silva ein. Dabei dürfe jedoch die Ausgangslage nicht vergessen werden: Natürliche Lebensräume umfassten 65% von Brasiliens Staatsgebiet und damit ein Areal, das 30% größer als die gesamte EU sei. Der Botschafter verwies zudem auf die Treibhausgasemissionen. Diese lägen in den Mercosur-Staaten pro Kopf bei durchschnittlich 2,31 Tonnen, in der EU jedoch bei 5,66 Tonnen. Brasilien decke die Hälfte seines Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen, in der EU liege der Anteil bei 23%.
Unvollständiges Bild der Agrarbranche
Der stellvertretende Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses im EU-Parlament, Norbert Lins, erinnerte daran, dass das Abkommen in zahlreichen anderen landwirtschaftlichen Sektoren abgelehnt wird. Hier seien die Abgeordneten in der Pflicht, Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen. Laut Lins wäre es jetzt zudem an der Zeit, bereits bestehende EU-Regelungen noch mal einer Prüfung zu unterziehen. Er nannte in diesem Zusammenhang die Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR).
Bereits im Vorfeld der Anhörung hatten mehrere europäische Branchenverbände gemeinsam mit den EU-Ausschüssen der Bauernverbände (Copa) und ländlichen Genossenschaften (Cogeca) moniert, dass kritische Branchenvertreter nicht eingeladen worden seien. Durch das „selektive Framing“ drohe ein unvollständiges Bild des Abkommens gezeichnet zu werden, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Es bestehe die Gefahr, dass die realen und drängenden Anliegen der europäischen Agrar- und Ernährungswirtschaft ignoriert würden. Vom Abkommen am stärksten betroffen wären laut den Verbänden die Erzeuger von Zucker, Rindfleisch, Geflügel, Mais, Eiern und Bioethanol.