Absatzchancen für hochwertiges Geflügelfleisch und Eier sichern
Am 22. Oktober 2024 fand die jährliche Mitgliederversammlung des Geflügelwirtschaftsverbands Mecklenburg-Vorpommern e. V. im Gasthof „Zur Erbmühle“ in Thürkow-Todendorf statt.
von Yvonne Nemitz, Silvia Ey erschienen am 31.10.2024Sehr gut besucht, bot die Mitgliederversammlung den Rahmen für Geflügelhalter und deren Partner aus Wirtschaft und Politik, Schwerpunkte der Verbandsarbeit auf den Prüfstand zu stellen und die vielfältigen Herausforderungen an die Geflügelbranche zu erörtern. „In den Supermarktregalen liegt Geflügelfleisch aus verschiedenen Ländern. Überall gelten unterschiedliche Haltungsvorschriften, auch innerhalb der EU, trotz eines gemeinsamen Marktes. Uneinheitliche Standards erschweren das Geschäft von uns Geflügelhaltern, sie verzerren den Wettbewerb“, hielt Marion Dorn, Vorsitzende des Geflügelwirtschaftsverbands Mecklenburg-Vorpommern e. V., Rückschau auf das vergangene Geschäftsjahr.
Herkunft von Eiern und Fleisch muss klar erkennbar sein
Einheitliche europäische Standards würden den Tierschutz in der Breite voranbringen. Deutsche Alleingänge und eine Verlagerung von Tierhaltungen in Länder mit geringeren Standards seien der falsche Weg, betonte Dorn. „Die Herkunft von Eiern und Geflügelfleisch müsse für den Verbraucher klar erkennbar sein. Hier haben wir ein großes Manko in den Gaststätten, im Außer-Haus-Verkauf, da muss ebenso eine eindeutige Kennzeichnung hin“, forderte die Verbandsvorsitzende. So könnte hochwertige Qualität auch eine gesicherte Absatzchance haben.
Im Anschluss an die Mitgliederversammlung erwartete die Teilnehmer eine Reihe interessanter Fachbeiträge. Den Einstieg gab Robert Römer, Geschäftsführer Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung mbh (ITW) mit einem Ausblick für die Geflügelmäster für das Jahr 2025. Insgesamt mästen in Deutschland 2.812 Geflügelbetriebe (Hähnchen, Puten, Pekingenten) nach ITW-Kriterien. Das seien 865,1 Mio. Tiere pro Jahr, sagte Römer.
ITW: Dämmerlichtphase für Mastputen eingeführt
Ab 2025 startet die neue Programmphase, bei der neue Kriterien und Anforderungen für Schweine- und Geflügelhalter eingeführt werden. Für die Putenhalter bedeute das die Umsetzung weiterer Verbesserungen der Haltungsbedingungen wie das Ausbringen veränderbarer Strukturelemente (beispielsweise Stroh, Heu, Holzspäne etc.) in gepresster Darreichungsform (Ballen). Diese müssen, wenn sie verbraucht werden, mindestens in der 16. Lebenswoche erneuert werden, erläuterte der ITW-Geschäftsführer. Auch Dämmerlichtphasen von je 15 Minuten morgens und abends sollen in geschlossenen Ställen eingerichtet werden.

Darüber hinaus bezieht die ITW ab 1. Januar 2026 Putenaufzuchtbetriebe mit in das Programm ein. Das bedeute, so erklärte Römer, dass Anforderungen aus der Mast dann auch in Aufzuchtbetrieben umgesetzt werden müssen. Dazu gehören u. a. Maßnahmen zur Verbesserung der Fußballengesundheit, der Nachweis über eine jährliche Fortbildung, zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten mit Beginn der zweiten Lebenswoche und Stallklima- und Tränkwasserchecks. Die Empfehlung für den Tierwohlaufschlag liegen für das Jahr 2025 für Putenhennen bei 3,64 ct/kg Lebendgewicht (LG) und für Putenhähne bei 4,38 ct/kg LG.
Wie bei den Puten wird ab 2025 auch bei den Masthähnchen zwischen veränderbaren und unveränderbaren Strukturelementen unterschieden. So können unveränderbare Strukturelemente als zusätzliches Platzangebot mit max. 10 % angerechnet werden, wenn die erhöhten Ebenen jederzeit unterquerbar und eingestreut sind. Bei Puten können außerdem perforierte Ebenen akzeptiert werden. Auch bei den Hähnchen müssen veränderbare Strukturelemente nachgebracht werden, sobald sie aufgelöst bzw. aufgebraucht sind. Für Hähnchen gelten ab 2025 2,97 ct/kg LG als Empfehlung für den Tierwohlaufschlag.
Umstellung auf ECC hätte weitreichende Folgen
Auf Robert Römer folgte ZDG-Geschäftsführer Wolfgang Schleicher, der einen Überblick über die Geflügelwirtschaft und -politik in Berlin gab. Zentrale Themen waren u. a. die geplante Verordnung zur Putenhaltung, die Umsetzung der EU-Taxonomie-Verordnung und der ADAS-Report, der die Folgen für die deutsche Hähnchenmast bei einer Umstellung auf das European Chicken Commitment (ECC) abschätzt. Dieser hatte gezeigt, dass die Umstellung auf ECC-Standards zu erheblichen zusätzlichen Kosten führen würde, darunter eine Preiserhöhung von 37,5 % pro kg Hühnerfleisch, eine Erhöhung des Wasserverbrauchs um 35,4 % und eine Erhöhung der Treibhausgasemissionen um 24,4 %. Zudem müssten zahlreiche neue Ställe gebaut werden, um die aktuelle Produktionsmenge aufrechtzuerhalten, wie Schleicher ausführte.

Fangjagd in Hühnerausläufen: Was ist erlaubt?
Anja Blank, Geschäftsführerin des Landesjagdverbands Mecklenburg-Vorpommern, sprach in ihrem Impulsvortrag über die Fangjagd in befriedeten Gebieten – dazu zählen auch Geflügelhaltungen mit Ausläufen – und darüber, was effektiv und tierschutzgerecht erlaubt ist. So dürfen Eigentümer oder Nutzungsberechtigte von befriedeten Bezirken und die von ihnen Beauftragten dort Füchse, Steinmarder, Waschbären, Iltisse, Marderhunde, Nutria und Wildkaninchen innerhalb der Jagdzeit tierschutzgerecht fangen und töten.
Erlaubt sei auf diesen Gebieten, also auch auf Hühnerausläufen, das Aufstellen von Fallen, die die Tiere lebend fangen und unversehrt lassen, erklärte Anja Blank weiter. Aber auch Fallen, die sofort und sicher töten, dürfen aufgestellt werden. Alle Fallen, so betonte sie weiter, müssen ein Mal am Tag kontrolliert werden. Ausnahmen gelten für Fallen mit elektronischen Meldesystemen. Da Geflügelbetriebe Magnete für Raubwild seien, empfahl die Fachfrau das Aufstellen von Fallen aller 100 m an strategisch günstigen Punkten. Da längst nicht alle Geflügelhalter wissen, welche Raubtiere in den heimischen Gebieten angesiedelt und wann deren Jagdzeiten sind, soll es dazu demnächst ein gesondertes Seminar geben.
Neue Einstreu reduziert Emissionen
Dr. Benedikt Thesing stellte im Anschluss die Pelleteinstreu „ImproBed“ der Grillo-Werke AG vor. Diese Pelleteinstreu besteht aus zwei Komponenten und hält den pH-Wert niedrig. Die neuartige Einstreu ist DLG-zertifiziert und kann neben der Sicherstellung des Tierschutzes (Minimierung der Schadgaskonzentration auf Tierhöhe und Sicherstellung der Fußballengesundheit) als Indoormaßnahme einen großen Beitrag zur Reduzierung der Ammoniakemissionen aus Masthühnerbeständen leisten.
Untersuchungen für weitere Nutzgeflügelhaltungen seien derzeit in Planung bzw. in der Umsetzung, sagte Thesing. Einziger Wermutstropfen, so war aus dem Auditorium von Praktikern zu hören, sei der sehr unangenehme Geruch unmittelbar nach der Ausbringung der Pelleteinstreu. Dieser verfliege aber nach einer Woche, sagten die Praktiker.
AI-Impfversuche an Gänsen angelaufen
Abschließend gab Dr. Christian Grund vom Institut für Virusdiagnostik (IVD) des Friedrich-Loeffler-Instituts Auskunft über den aktuellen Stand der Forschung zur Impfung gegen die Aviäre Influenza (AI). Zurzeit laufen europaweit abgestimmte Vakzinierungs- und Prüfungsstudien, berichtete der Fachtierarzt für Geflügel, Wild-, Zier- und Zoovögel. So werde in den Niederlanden an AI-Impfungen für Legehennen, in Frankreich für Enten (dort ist bereits ein landesweites Impfprogramm angelaufen), in Italien für Puten und in Deutschland für Gänse geforscht.
Unter Hochsicherheitsbedingungen seien nun auf der Insel Riems Impfstoffe an kommerziellen Mastgänsen getestet worden, berichtete Grund weiter. Dazu seien sechs Gruppen zu je zehn Gänsen (fünf Versuchsgruppen, eine Kontrollgruppe) eingestallt worden. Die Basis-Immunisierung sei in der dritten und die Booster-Impfung in der siebenten Lebenswoche erfolgt, erläuterte er weiter. Danach sei die Belastungsinfektion gesetzt worden, mit dem Ergebnis, dass die Gänse der Kontrollgruppe innerhalb von vier Tagen verendeten, jedoch die seropositiv vakzinierten Gänse geschützt waren und keine Krankheitsanzeichen zeigten.

Weitere Forschung unabdingbar
Insgesamt wurden fünf Vakzine getestet. Davon waren vier immunogen nach Erst- bzw. Booster-Impfung. Zwei der Vakzine vermittelten klinischen Schutz, jedoch wird eine produktive Infektion nach der Impfung nicht verhindert. Die Virusausscheidung in den Impfgruppen war aber signifikant reduziert. Wichtig sei nun, so sagte Christian Grund abschließend, die Reduktion der Übertragungsdynamik bei effizienten Vakzinen zu untersuchen. Hier sollte in geimpften Herden der Spreading-Faktor R0 signifikant unter 1 gesenkt sein. Um R0 zu bestimmen, seien komplexe experimentelle Untersuchungen unabdingbar.