Die Unstatistik: Corona und der Regenwald
Zum Wochenende noch etwas zum Schmunzeln!
Zeitreihen können unabhängig voneinander in die gleiche Richtung laufen, ohne dass zwischen ihnen ein Ursache-Wirkungs-Zusammenhang besteht.
Die Unstatistik des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung erläutert anhand des Zusammenhangs des weltweiten Bestands an Regenwald und dem Vorkommen von tiergetriebenen Infektionskrankheiten wie Corona den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität.
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Der Korrelationskoeffizient (Def.: er misst die Stärke einer statistischen Beziehung von zwei Variablen zueinander) - der zwischen dem weltweiten Bestand an Regenwald und dem Vorkommen von durch Tiere übertragenen Infektionskrankheiten wie der aktuellen Corona-Pandemie ist negativ!
Das bedeutet: je weniger Regenwald, desto mehr Infektionskrankheiten. Jedenfalls behauptet das eine in deutschen und internationalen Medien vielzitierte Studie der französischen Biomediziner Serge Morand und Claire Lajaunie.
Die beiden Forscher hatten für 27 Jahre, von 1990 bis 2016, einen steten Rückgang der mit Regenwald bedeckten Erdoberfläche zusammen mit einem ebenso steten Anstieg von Infektionswellen an verschiedenen von Tieren ausgehenden Krankheiten konstatiert.
Herleitung eines Kausalzusammenhangs
Daraus wurde dann in einigen Medien ungeprüft und ohne weitere Indizien eine Kausalbeziehung hergeleitet. Beginnend im März, bis in den April hinein berichteten u.a. der standard.de („Eindeutiger Befund: Abholzung fördert Ausbreitung von Infektionskrankheiten“), blick.ch („Waldrodung begünstigt Tierkrankheiten“) und tag24.de („Studie zeigt: Holzen wir weiter ab, wird es mehr Infektions-Krankheiten geben“).
Eine Kausalbeziehung kann aus den Daten der zitierten Studie nicht abgeleitet werden (und wird von den Autoren auch nicht behauptet).
Abholzung ist nicht an allem Schuld
Die möglichen negativen Effekte einer Abholzung von Regenwald auf Mensch und Umwelt sollen keinesfalls bestritten werden. Allein die Reduktion der Biodiversität ist für viele Missstände verantwortlich. Aber nicht alle Übel dieser Erde gehen auf den Rückgang des Regenwaldes zurück.
Genauso könnte man beweisen, dass der verschwindende Regenwald für die Zunahme an Einbruchsdiebstählen in der Bundesrepublik oder die steigende Staatsverschuldung weltweit verant-wortlich ist.
Diese ungeprüften Rückschlüsse gehören zu den häufigsten statistischen Fehlern überhaupt. So gibt es etwa bei Männern eine negative Korrelation zwischen dem Einkommen und der Anzahl der Haare auf dem Kopf: je weniger Haare, desto mehr Geld. Diese Korrelation entsteht dadurch, dass bei Männern im allgemeinen mit wachsendem Alter die Haare ausfallen und das Einkommen steigt.
Der häufigste Grund für solche Nonsens-Korrelationen sind gemeinsame Trends: Zwei Zeitreihen, die ganz gleich aus welchen Gründen in die gleiche Richtung gehen, sind immer automatisch hoch positiv korreliert.
Apfelsinen aus Portugal und Trinkerheilanstalten
So gibt es etwa in Deutschland eine perfekte Korrelation zwischen den Apfelsinenimporten aus Portugal und den Belegungszahlen der bundesdeutschen Trinkerheilanstalten. Beide Zeitreihen sind seit dem Zweiten Weltkrieg angestiegen. Deshalb käme aber niemand auf die Idee, nun Apfelsinen aus Portugal zu verbieten.
Genauso sind zwei Zeitreihen mit entgegengesetzten Trends immer automatisch hoch negativ korreliert, wie hier die Fläche an Regenwald und die Infektionsinzidenz.
Die Statistik kennt durchaus Verfahren, zwischen Korrelationen und Kausalitäten zu unterscheiden. In der Studie von Morand und Lajaunie sucht man diese allerdings vergebens.