Umwelthilfe verklagt Bundesländer
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) verklagt Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen wegen der schlechten Grundwasserqualität. Nach Meinung der NGO sind intensive Tierhaltung und Überdüngung hauptursächlich für das Problem verantwortlich. Aber stimmt das?
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Laut der Deutschen Umwelthilfe leiden Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen unter der "Gülle-Problematik". Die Böden in Teilen beider Bundesländer könnten die hohen Stickstoffeinträge nicht mehr aufnehmen, das Grundwasser werde dauerhaft belastet. Aus Sicht von DUH und dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hätten die zuständigen Behörden über Jahre dabei versagt, Grund- und Oberflächengewässer ausreichend vor zu hohen Nitratbelastungen zu schützen, die Landwirtschaft mit einer Agrarwende neu auszurichten und gesetzliche Vorgaben umzusetzen.
Für sauberes Wasser und die schnellstmögliche Einhaltung des Nitrat-Grenzwerts von 50 mg/l im Grundwasser hat die DUH daher am 20. November 2019 Klage beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gegen das Land Niedersachsen und das Land Nordrhein-Westfalen auf Grundlage der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) eingereicht. Der BUND unterstützt das Vorhaben.
Landvolk: Rote Gebiete überprüfen!
Das Landvolk Niedersachsen hat die Ausweisung der sogenannten roten Gebiete dagegen bereits in der Vergangenheit als „nicht nachvollziehbar“ kritisiert und fordert die vollständige Überarbeitung des vorgelegten Entwurfs der Düngegesetzgebung. So reiche in sehr großen Gebieten mit einer Fläche von über 30.000 ha bereits der Wert einer einzigen Messstelle aus, dieses Gebiet insgesamt als „rot“ auszuweisen. Laut Christian Lohmeyer vom Landvolk Mittelweser werde beispielsweise die gesamte Diepenauer Geest als rotes Gebiet ausgewiesen, obwohl nur einer von vier Messwerten im roten Bereich liege. Der Messwert sei von drei Stellen überprüft worden, ein Verursacher sei nicht gefunden worden. Das Landvolk will den Fall nun per Feststellungsklage klären lassen.
Überdies, so haben Nachforschungen des Landvolks ergeben, sollen aus Kläranlagen in Niedersachsen Nitratfrachten ins Oberflächenwasser gelangen. Darüber hatte die Kreiszeitung berichtet. Ist die Landwirtschaft also tatsächlich allein bzw. hauptursächlich für die hohen punktuellen Stickstoffeinträge im Grundwasser verantwortlich?
NRW: Nitratbelastung insgesamt rückläufig
Das Land Nordrhein-Westfalen hält die Klage der DUH für kontraproduktiv und hat die Sorge, dass ein Klageverfahren in der aktuellen Phase die Umsetzung zahlreicher Maßnahmen zur Senkung der Nitratwerte im Grundwasser ausbremsen könnte. "Wir arbeiten seit Monaten mit dem Bund und der Europäischen Kommission an Maßnahmen, die zu einer Einhaltung der Nitratwerte in den besonders belasteten roten Gebieten führen. Uns ist der Ernst der Lage bewusst. Dafür benötigen wir keine zusätzliche Klage“, sagte Umweltministerin Ursula Heinen-Esser.
Die Nitratbelastung des Grundwassers sei insgesamt rückläufig. Aber es gebe nach wie vor Gebiete, in denen die Nitratgrenzwerte im Grundwasser deutlich überschritten werden. Aufgrund der regional sehr unterschiedlichen Belastungssituation seien im Rahmen der Verschärfungen der Düngeregeln Lösungsansätze mit einer stärkeren Flexibilisierung erforderlich. Zudem sollte noch stärker als bisher in Nährstoffkreisläufen gedacht werden, um Wirtschaftsdünger umweltverträglich und wirtschaftlich zu nutzen. Indem Nährstoffe aus Gülle, Mist und Ernterückständen speicher- und transportfähig gemacht werden, könnten sie überregional verwertet und gezielt eingesetzt werden.
RLV: Maßnahmen werden bereits umgesetzt
Statt bereits erbrachte Maßnahmen zu wertschätzen, fordere die Umwelthilfe, ein „effektives Maßnahmenprogramm zum Schutz des Grundwassers“ vorzulegen, kritisierte der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV). Das aber sei längst gerschehen, so RLV-Präsident Bernhard Conzen. „Gerade werden bereits auf Druck der EU weitere Verschärfungen beschlossen, sehr zur Sorge der Landwirte. Dass die DUH ausgerechnet jetzt NRW und Niedersachsen verklagt, ist absolut sinnfrei." Dass die neue Düngeverordnung bereits wirke, so Conzen, komme auch beim Einsatz von Mineraldüngern zum Ausdruck, der deutlich zurückgehe.
„Wir müssen noch besser werden und das ist uns bewusst", bekräftigt Conzen. So seien in NRW mehr als 11.000 Landwirte in freiwilligen Wasserkooperationen aktiv und erzielten gute Resultate. Überall im Rheinland sehe man momentan zudem Stickstoff reduzierende Zwischenfrüchte, wie den gelb blühenden Senf. Der RLV-Präsident nannte weitere Maßnahmen für den Umwelt- und Bodenschutz wie Blühstreifen. Mit neuester Technik würden überdies Pflanzenschutz- und Düngemittel in so geringen Dosen wie möglich und höchst präzise ausgebracht. Auch auf dem bewirtschafteten Acker würden die Arten der Offenlandschaft geschützt, etwa durch kooperative Naturschutzmaßnahmen, produktionsintegrierte Kompensation und vieles mehr. In Wasserschutzkooperationen setzten sich die rheinischen Bauern dafür ein, dass die Nitratwerte gesenkt werden.