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Antibiotika

Geflügelwirtschaft legt bis September Minimierungsstrategie vor

Die deutsche Geflügelwirtschaft will aktiv ihren Beitrag zur Minimierung von Antibiotikaresistenzen leisten. Das haben Branchenvertreter im Gespräch mit Vertretern der beiden Bundesministerien für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und Gesundheit (BMG) klar gemacht.

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Die Geflügelwirtschaft ist gefordert: In der Hähnchen- und Putenmast muss der Antibiotikaeinsatz weiter gesenkt werden.
Die Geflügelwirtschaft ist gefordert: In der Hähnchen- und Putenmast muss der Antibiotikaeinsatz weiter gesenkt werden.Iske
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„Wir teilen die Ziele von BMEL und BMG, den Einsatz von Antibiotika und insbesondere Reserveantibiotika deutlich weiter zu reduzieren“, sagt Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft e. V. (ZDG). Die Wirtschaft hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner beim Treffen in dieser Woche erste Grundzüge einer komplexen Minimierungsstrategie vorgelegt, die in den kommenden Wochen weiter ausgearbeitet wird.

Ripke fordert gezielte Begleitung durch die Politik

„Um unsere ambitionierten Ziele umzusetzen, sind wir zwingend auf die Unterstützung der Politik angewiesen, so zum Beispiel bei der Zulassung neuer, innovativer Verfahren wie ,Competitive-Exclusion‘-Kulturen oder Bakteriophagen.“ Bei „Competitive Exclusion“-Kulturen (CE) wird durch eine Frühbesiedlung mit einer natürlichen Geflügeldarmflora die Besiedlung mit unerwünschten Krankheitserregern und resistenten Keimen deutlich erschwert. Diese innovativen Behandlungsverfahren mit CE-Kulturen, wie die Geflügelwirtschaft sie zusammen mit der Freien Universität Berlin im Forschungsvorhaben EsRAM (Entwicklung stufenübergreifender Reduktionsmaßnahmen für Antibiotikaresistente Erreger beim Mastgeflügel) in den vergangenen drei Jahren mit vielversprechenden Erkenntnissen erprobt hat, sowie die Anwendung von Bakteriophagen müssen kurzfristig zugelassen oder in Pilotprojekten angewendet werden, fordert die deutsche Geflügelwirtschaft.

„Wir wollen unserer Verantwortung gerecht werden, brauchen hier aber auch tatkräftige und konstruktive Begleitschritte der Bundesregierung“, betont ZDG-Präsident Ripke. „Die Reduzierung von Antibiotikaresistenzen geht uns alle an. Auch die Politik ist gefordert, ihren Teil beizutragen.“

Klöckner: Handlungsbedarf bei Reserveantibiotika

Laut dem kürzlich vorgelegten Evaluierungsbericht des BMEL zum Antibiotikaeinsatz bei Masstieren ist die Gesamtverbrauchsmenge an Antibiotika bei allen sechs Nutztierarten (Mastferkel, Mastschweine, Masthühner, Mastputen, Mastkälber, Mastrinder) von 2014 bis 2017 um über 30 % gesunken. Nur bei bei Masthühnern und Mastputen blieb der Einsatz mit -4 bzw. -1 % nahezu unverändert. Zudem lag der Anteil von Reserveantibiotika bei den beiden Nutzgeflügelarten bei etwa der Hälfte der Verbrauchsmenge – bei Schweinen und Rindern sind es weniger als 10 %.

Bereits bei der Vorstellung des Berichts hatte Ministerin Klöckner diese Zahlen als „nicht akzeptabel“ bezeichnet. Resistente Bakterien aus der Tierhaltung haben auch Auswirkungen auf den Menschen. Deswegen hatte die Ministerin Vertreter der Geflügelwirtschaft zu einem Gespräch eingeladen, an dem das Bundesministerium für Gesundheit teilnahm.

Dazu Bundesministerin Julia Klöckner: „An die Geflügelwirtschaft habe ich gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsminister die klare Erwartung, die Tiergesundheit in den Ställen so zu verbessern, dass mehrheitlich keine antibiotische Behandlung mehr notwendig ist. Wir fordern konkrete Maßnahmen ein. Fragen der Zucht, der Haltungsdichte, der Hygiene und vor allem des Betriebsmanagements spielen hier eine entscheidende Rolle. Denn klar ist: Es geht. Unser Evaluierungsbericht zum Antibiotikaeinsatz in der Tiermast zeigt, dass in Deutschland Geflügelmastbetriebe dauerhaft ohne Antibiotika auskommen. Die Branche nehme ich hier in die Pflicht. Die heute getroffene Vereinbarung, bis September einen ambitionierten Stufenplan zum Abbau der hohen Reserveantibiotikamengen vorzulegen, ist ein erster wichtiger Schritt.“

Spahn: Gebrauch in der Mast unbedingt reduzieren

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: „Die Gesundheit von Mensch und Tier muss ganzheitlich betrachtet werden. Gerade Reserveantibiotika sind oft die letzte Möglichkeit, Menschenleben zu retten – zum Beispiel bei einer lebensgefährlichen Sepsis. Darum werden sie in der Humanmedizin möglichst sparsam eingesetzt, um die Resistenzentwicklung zu vermindern. Antibiotikaresistente Bakterien können aber auch vom Tier auf den Menschen übertragen werden. Daher ist es unabdingbar, dass in der Tierzucht der Gebrauch von Antibiotika weiter reduziert wird. Hier besteht in einigen Bereichen Nachholbedarf. Ich bin der Bundeslandwirtschaftsministerin dankbar für ihre Initiative in dieser Frage!“

Vereinbarung: Strategie bis September

Zwischen den Beteiligten wurde verbindlich vereinbart, dass die Geflügelwirtschaft in den kommenden zwei Monaten dem BMEL eine Strategie vorlegt. Sie soll Maßnahmen mit zeitlich verbindlichen Stufen enthalten, die zu einer signifikanten Reduktion des allgemeinen Antibiotikaeinsatzes sowie insbesondere des Einsatzes von Reserveantibiotika führt. Fachleute beider Ministerien werden die Vorschläge dann bewerten und auf ihre Wirksamkeit prüfen.