Ohne Bauernwohl kein Tierwohl
"Ohne Bauernwohl kein Tierwohl" - mit diesen klaren Worten hat Friedrich-Otto Ripke auf der Mitgliederversammlung des NGW - Landesverband Niedersächsische Geflügelwirtschaft am 18. Juni 2018 in Visbek eine Kernforderung der gesamten deutschen Geflügelwirtschaft an die Politik übermittelt.
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"Es kann nicht klappen, in Deutschland Jahr für Jahr neue und kostenträchtige Auflagen für die Nutztierhaltung zu etablieren und den Tierhaltern dafür keine Zulagen zu zahlen", so Friedrich-Otto Ripke vor Medienvertretern und den rund 150 anwesenden Mitgliedern des NGW. Ripke nannte aber noch einen weiteren wichtigen Grund dafür, den Standard der Brancheninitiative Tierwohl (ITW) - bei der ja die Besatzdichte z. B. bei Masthähnchen bereits bei 35 kg/m² liege und damit 20 % unter dem EU-Standard von 42 kg - als Einstiegsstufe für ein staatliches Tierwohllabel zu übernehmen. "Ab Oktober werden bereits 70 % der deutschen Hähnchen und Puten nach ITW-Vorgaben gemästet", betont Ripke. Bisherige Premiumlabel kämen erfahrungsgemäß nicht über 5 % Marktanteil hinaus, was nach Ripkes Überzeugung an den hohen Verbraucherpreisen liegt. "Eine neue erste Stufe im nationalen Tierwohllabel mit ITW-Besatzdichte kann hingegen mit niederschwelligen Verbraucherpreisen Breitenwirkung entfalten“, schätzt Ripke ein. Ein "ITW-Plus" als Einstiegslevel für das staatliche Label könnte sich dann zum Beispiel auf mehr Beschäftigungsmaterial beziehen.
Niedersachsen geht beim Tierwohl voran
Dass Niedersachsen beim Tierwohl vorangeht, dafür zählen Ripke wie auch anschließend die Sprecher der einzelnen Arbeitskreise des NGW mehrere Beispiele auf: Messbare Indikatoren zur Fußballengesundheit bei Hähnchen und Puten bei optischer Erfassung in den Schlachthöfen, Verzicht auf Schnabelbehandlung bei Legehennen, Entenhaltung mit Wasserangebot und die gerade fertiggestellte Vereinbarung zur Gänsehaltung. Aktuell gehörten die Leitlinien zur Junghennenhaltung und die neue Biosicherheitsampel zur Prävention von Vogelgrippe dazu.
Der anwesenden niedersächsischen Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast dankt Ripke dafür, den niedersächsischen Tierschutzplan mit neuem Titel, aber bleibenden Zielen fortzuführen.
Minister haben sich zunächst auf ein freiwilliges Label verständigt
Ministerin Barbara Otte-Kinast betont in Visbek, dass man sich auf der Agrarministerkonferenz in Münster einig über den dreistufigen Aufbau einer staatlichen Herkunftskennzeichnung anhand verbindlicher Kriterien für Fleisch aus besserer Tierhaltung gewesen sei. "Über den Weg dahin besteht nur wenig Konsens", informiert die Ministerin. Verständigt habe man sich zunächst auf ein freiwilliges staatliches Label. Das Dreistufenmodell solle so konzipiert sein, dass es mit den Kriterien einer "ITW Plus" vergleichbar sei.
Konsens bestand auch darin, entsprechende europäische Regeln nachdrücklich voranzutreiben. "Kein einheitliches Label in Europa ist Wettbewerbsverzerrung", betont Otte-Kinast.
Aber wie höhere Tierwohlanforderungen finanzieren? Die niedersächsische Ressortchefin setzt hier nicht allein auf das Agrarinvestitionsförderprogramm, sondern nimmt auch den Verbraucher in die Pflicht. "Ob es gelingt, Anfang 2019 bereits 50 % des Frischfleisches aus Stufe 2 mit Stallhaltung Plus - gleich mehr Platz und Beschäftigungsmaterial - zu vermarkten, das werden wir dann sehen." Zumindest werde das das wahre Verkaufsverhalten besser abbilden und vielleicht damit auch Wege für künftige Entscheidungen ebnen.
Niedersächsischer Tierschutzplan: Dauerbetrieb mit Folgenabschätzung
In Niedersachsen will Otte-Kinast den "Tierschutzplan 4.0" in Verbindung mit einer niedersächsischen Tierschutzstrategie weiterentwickeln. "Hierbei verfolge ich ganzheitliche Ansätze und möchte Planungssicherheit für die tierhaltenden Betriebe schaffen". Neu sei, den Tierschutzplan vom Projekt in einen Dauerbetrieb zu überführen. Dazu werde es einen Lenkungsausschuss mit interdisziplinären Facharbeitsgruppen geben, die aktuelle und künftige Herausforderungen des Tierschutzes durch Erarbeitung von Handlungsempfehlungen, Leitlinien und Vorschlägen für Rechtssetzungsvorhaben begleiten. Die Gremienstruktur und inhaltliche Konzeption soll sich dabei eng an der Nationalen Nutztierstrategie orientieren.
Die von der Vorgängerregierung eingestellte Arbeitsgruppe "Folgenabschätzung" solle neu aufgelegt und um das Thema "Machbarkeit" ergänzt werden. Neue Projektgruppen soll es zu den Themen "Schlachten und Töten" sowie zu "Tiertransporten" geben.
Einen ausführlichen Bericht zur Mitgliederversammlung des NGW lesen Sie im DGS-Magazin 27/2018.