Einzelfallentscheidung bei Stalleinbruch
Der vom Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt im Februar 2018 bestätigte Freispruch des Landesgerichtes Magdeburg für drei Tierschützer ist kein Freifahrtsschein, um in fremde Gebäude einzudringen.
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Das Oberlandesgericht (OLG) Sachsen-Anhalt (Az.: 2 Rv 157/17) hat im Februar 2018 einen Freispruch des LG Magdeburg (Az.: 28 Ns 74/17) für drei Tierschützer bestätigt. Den Tierschützern war Hausfriedensbruch vorgeworfen worden, weil sie in ein Tierzuchtunternehmen eingedrungen waren, um dort - tatsächlich vorhandene - Tierschutzverstöße zu filmen.
Das Hausrecht wird damit nicht ausgehebelt
Das Urteil führt zu einem breiten Echo in der Öffentlichkeit, wird aber völlig überinterpretiert. Weder wird mit dieser Einzelfallentscheidung das Hausrecht von Tierhaltern oder das Hausrecht überhaupt „ausgehebelt“ (was die Tierhalter befürchten und beklagen), noch führt es dazu, dass Tierschützer nun einen „Freibrief“ hätten, in fremde Gebäude einzudringen und wirkliche oder vermeintliche Beweise zu sichern (was aber in Tierschützerkreisen gern so dargestellt wird).
Es handelt sich hier um eine Einzelfallentscheidung! Zunächst ist alles Mögliche zu versuchen, um die zuständige Behörde zum Eingreifen zu veranlassen. Erst wenn dies vollkommen aussichtslos ist, kann ein eigenmächtiges Betreten von Grundstücken zum Zweck der Beweissicherung gerechtfertigt sein.
Ob im Zweifelsfall ein Freispruch vom Vorwurf des Hausfriedensbruches erreicht werden kann oder ob eine Verurteilung erfolgt und der Tierschützer sogar noch zivilrechtlich Unterlassungsansprüche zu befürchten hat, ist eine Frage des Einzelfalles und kaum vorherzusagen.
So begründet das OLG den Freispruch
Im oben genannten Urteil hatte das Gericht seine Entscheidung (die übrigens schon in erster Instanz bei dem zuständigen Amtsgericht so ergangen war) damit begründet, dass das Handeln der Tierschützer gerechtfertigt sei, womit die Rechtswidrigkeit ihres Tuns entfallen sei. Das zu schützende Tierwohl habe hier schwerer gewogen als das Hausrecht des Betriebsinhabers. Das sei erst recht der Fall gewesen, weil die Verstöße gegen das Tierschutzrecht von diesem ausgegangen seien. Da der Schutz von Tieren ein schützenswertes Rechtsgut sei, hätten die Angeklagten aufgrund rechtfertigenden Notstandes gehandelt und seien nicht zu bestrafen. Das Gericht betonte besonders, die Tierschützer hätten im konkreten Fall in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass die zuständigen Behörden ohne das Vorliegen von Nachweisen nicht tätig geworden seien.