Erfahrungsaustausch ist entscheidend
Die Aufzucht und Haltung von Hennen mit ungekürztem Schnabel stellt auch für den Großteil der Geflügelhalter in Thüringen eine große Herausforderung dar. Das war Thema auf der diesjährigen Vortragstagung des Geflügelwirtschaftsverbandes (GWV) Thüringen.
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Um die Praktiker bei der Handhabung von Beständen schnabelungekürzter Jung- und Legehennen fachlich zu unterstützen, lud der Geflügelwirtschaftsverband (GWV) Thüringen im Rahmen seiner diesjährigen Mitgliederversammlung zum Erfahrungsaustausch ein.
Die Fortbildungsveranstaltung in Berlstedt im Landkreis Weimarer Land wurde in Zusammenarbeit mit der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, der Thüringer Tierseuchenkasse sowie den MuD-Projektbetrieben Junghennenaufzucht Hottelstedt GmbH und Geflügelhof Hottelstedt GmbH auf die Beine gestellt. Auskunft über ihre bisherigen Praxiserfahrungen mit nicht schnabelgekürzten Hennen gaben ausgewählte Partnerbetriebe des „Modell- und Demonstrationsvorhabens Tierschutz“, kurz MuD. Dieses 2015 gestartete Pilotprojekt ist eine Initiative des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.
Die Kosten je Junghenne steigen an
Den Anfang machten Silvio Schmidt und Martin Ulrich, die Geschäftsführer der Geflügelhof Hottelstedt GmbH. Im Bereich der Junghennenaufzucht beteiligte sich ihr Betrieb mit einem Stallneubau des Tochterunternehmens Junghennenaufzucht Hottelstedt GmbH an dem Projekt. Die Anlage am Standort Ollendorf verfügt über rund 31.200 Tierplätze. Schmidt beleuchtete hier vor allem die finanziellen Aspekte. So stiegen die Kosten pro ausgestallte schnabelungekürzte Junghenne – umgerechnet auf die Kosten pro Ei (Annahme: 285 vermarktungsfähige Eier) – um 0,216 Cent. Die zusätzlichen Aufwendungen seien u. a. auf den erhöhten Bedarf an Futter, Beschäftigungsmaterial sowie den erhöhten Arbeitsaufwand zurückzuführen.
Wie Ulrich betonte, komme es auch bei der Haltung der nicht schnabelgekürzten Legehennen im Vergleich zum schnabelgekürzten Bestand zu höheren Kosten. Unter dem Strich sei dem Unternehmen bei den ungekürzten Hennen im Vergleich zur gekürzten Kontrollherde ein finanzieller Mehraufwand von 2,022 Cent pro vermarktungsfähiges Ei entstanden. Auf Nachfrage des Publikums erklärte Ulrich, dass diese Mehrkosten am Markt im Moment leider noch nicht zurückgewonnen werden könnten.
Fortbildung für alle Tierbetreuer
Einen deutlich kleineren Direktvermarktungsbetrieb führt Thomas Strauß aus dem niederbayerischen Geiselhöring. Bereits 2012 versuchte sich der MuD-Teilnehmer an der Umstellung auf ungekürzte Tiere, ohne dabei jedoch etwas an seiner Haltungsweise zu ändern. Aus dem daraus resultierenden Fehlversuch zog Strauß eine zentrale Lehre: Ohne fundierte Planung und Fortbildung ist ein solches Vorhaben keineswegs realisierbar. Seither setzt er im gesamten Betrieb auf einen kontinuierlichen Wissenstransfer. Neben ihm und dem Betriebsleiter nehmen sämtliche Tierbetreuer des Unternehmens regelmäßig an fachspezifischen Fortbildungsveranstaltungen teil. Er animierte die Veranstaltungsteilnehmer, sich stärker untereinander auszutauschen. Betriebsgröße und Haltungsform sollten dabei keine Rolle spielen, denn jeder könne vom anderen etwas lernen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Umstellung sei laut Strauß die Optimierung der Stalleinrichtung. So habe er beispielsweise Aufstiegshilfen angebracht und einen Körnerstreuautomaten installiert. Wie auch die Vorredner legt der Direktvermarkter großen Wert auf die Möglichkeiten zur Beschäftigung der Tiere. Ein Patentrezept gebe es dabei nicht, vielmehr liege die Kunst im regelmäßigen Austausch der Materialien, damit die Tiere nicht das Interesse an den Utensilien verlören.