‚‚Wir sind daran gewachsen“
Bis in den April hinein hielt die bislang stärkste Vogelgrippewelle in der Geschichte Deutschlands die Geflügelhalter hierzulande in Atem. Wie hat die Branche diese Krise gemeistert und welche Lehren zieht sie?
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DGS: Die Gefahr der Übertragung der hochpathogenen Aviären Influenza in Geflügelbestände hat sich inzwischen glücklicherweise stark verringert. Welche Bilanz zieht die deutsche Geflügelwirtschaft?
Friedrich-Otto Ripke: Wenn man eine Krise zu durchleben hat, gibt es zwei Möglichkeiten: Man zerbricht an ihr – oder man geht gestärkt aus ihr hervor. Ich freue mich, dass wir als große Familie der deutschen Geflügelwirtschaft nach der nunmehr hoffentlich überstandenen Vogelgrippewelle Letzteres für uns in Anspruch nehmen dürfen. Denn so hart die vergangenen Monate für unsere Geflügelhalter und alle Unternehmen der Branche auch waren: Wir haben als verlässliche Solidargemeinschaft der Geflügelwirtschaft auf eindrucksvolle Weise unsere Stärke, unsere Krisenkompetenz und unseren Zusammenhalt bewiesen. Wir haben auch intensiv gelernt, vieles verbessert, uns in puncto Biosicherheit noch einmal weiterentwickelt. Im Ergebnis dürfen wir sagen: Wir sind daran gewachsen.
Ich will dabei keineswegs in Abrede stellen, wie extrem hart die vergangenen Monate für unsere gesamte Branche waren. In ungezählten persönlichen Gesprächen mit unseren Geflügelhaltern habe ich immer wieder erfahren, wie groß die emotionale Betroffenheit der Tierhalter ist, deren Bestände gekeult werden mussten. Der verlustreichste Ausbruch der Vogelgrippe in der Geschichte mit einem besonders aggressiven Virus und hohen wirtschaftlichen Schäden für die gesamte Branche – das alles geht natürlich nicht spurlos an uns vorüber. Es gibt noch vieles aufzuarbeiten. Umso dankbarer sind wir dafür, jetzt endlich vorsichtig aufatmen zu dürfen.
Trotz der emotional und wirtschaftlich zehrenden Zeit gibt es in der Rückschau auch viele positive Aspekte. Hervorragend funktioniert hat das Seuchenmanagement. Die Zusammenarbeit innerhalb des Verbandes und mit den Behörden auf allen Ebenen war reibungslos, zielgerichtet und immer in enger Abstimmung mit der Wirtschaft. Dafür gilt allen Beteiligten unser Dank. Jetzt richten wir den Blick nach vorne und gehen in eine detaillierte Analyse: Was können wir beim nächsten Mal noch besser machen?
Welche Lehren zieht die deutsche Geflügelwirtschaft aus der bisher stärksten Vogelgrippewelle in Deutschland? Was ist bei der Seuchenbekämpfung gut gelaufen und was sollte verbessert werden?
Vieles ist schon wirklich gut gelaufen. Unsere Geflügelhalter sind überaus verantwortungsvoll und setzen die geltenden Biosicherheitsmaßnahmen konsequent und zuverlässig um. Das hat den Haltern in den vergangenen Monaten viel zusätzliches Engagement abgefordert – eine Leistung, die ausdrücklich anzuerkennen ist. Dass Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer mit dem Vorwurf der „Schlamperei“ eine allzu pauschale Kritik an die Adresse quasi aller Geflügelhalter richtet, darf so nicht stehen bleiben.
Um unsere Biosicherheitsrichtlinien kontinuierlich weiter zu verbessern, wurde gemeinsam mit dem Friedrich-Loeffler-Institut die „Checkliste zur Vermeidung der Einschleppung der Hochpathogenen Aviären Influenza (Geflügelpest)“ weiterentwickelt. Darüber hinaus wird in den kommenden Monaten auch über eine mögliche Anpassung von Verfahrenstechniken für den Bereich der Putenmast zu sprechen sein, der durch seine Besonderheiten derzeit besonders anfällig für AI-Infektionen ist.
Wünschen Sie sich vor dem Hintergrund der jetzt gemachten Erfahrungen eine Anpassung rechtlicher Anforderungen wie der Geflügelpest-Verordnung oder der Eiervermarktungsnormen?
Ein klares Ja. Aus unserer Sicht muss es eine konkrete Anpassung des Rechtsrahmens geben. Diese Änderungen sehen wir allerdings weniger in der deutschen Geflügelpest-Verordnung als vielmehr in der zugrundeliegenden EU-Richtlinie bzw. den gleichfalls auf EU-Ebene angesiedelten Vermarktungsnormen für Eier.
Das ausführliche Interview können Sie nachlesen in der Juniausgabe des DGS-Magazins.