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Tagung

„Die Hühner sagen Ihnen alles“

Die Frage, wie Jung- und Legehennen mit ungekürzten Schnäbeln gehalten werden müssen, stand im Mittelpunkt einer Tagung an der Brandenburgischen Landwirtschaftsakademie am 11. Januar 2016.

Veröffentlicht am
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Um das frühzeitige Erkennen von Federpicken ging es im Vortrag von Prof. Werner Bessei von der Universität Hohen­heim. Er legte den Junghennenaufzüchtern und den Legehennenhaltern ans Herz, sich für die Tierbeobachtung Zeit zu nehmen: „Wenn Sie durch den Stall gehe­n, reagieren die Hennen auf Sie. Deshalb sollten Sie längere Zeit stehen bleiben und warten, bis die Tiere Sie nicht mehr beachten. Nur wenn Sie das tun, können Sie das Verhalten der Tiere sehen, und Sie haben eine Chance, Federpicken zu beobachten.“

Ergänzend könnten Kameras eingesetzt werden, z. B. wenn es um das Verhalten vor und im Nest oder die Verteilung der Hennen im System gehe. Als sehr aufschlussreich bezeichnete Bessei Nachtaufnahmen: „Wenn es ein Milben­problem gibt, dann können Sie das bei Nachtaufnahmen eindrucksvoll sehen. Die Parasiten kommen einige Zeit nach dem Abschalten der Beleuchtung aus ihren Verstecken, um ihre Blutmahlzeit einzunehmen. Sie sehen deutlich, wie un­ruhig die Hühner dadurch werden.“

„Liegen in der Junghennenaufzucht keine Federn in der Einstreu, dann sollten die Alarmglocken klingeln. Denn dann fressen die Tiere die Federn und wenn sie keine mehr auf dem Boden finden, dann ziehen sie welche aus dem Gefieder der anderen Hühner“, warnte der Referent.

Gesundheitsprogramm mit dem Tierarzt erarbeiten

Tierärztin Dr. Corinna Schilling-Böhland beleuchtete den Ausstieg aus der Schnabelbehandlung aus tierärztlicher Sicht. „Neben den bereits erwähnten Roten Vogelmilben können auch Endo­parasiten auftreten. Um diese feststellen zu können, müssen nicht nur Kotproben untersucht werden, sondern es muss auch eine Sektion erfolgen.“ Gemeinsam mit dem Tierarzt gelte es, ein Gesundheits­programm zu erarbeiten, das neben der Parasitenbekämpfung auch Impfungen umfasse. Dabei sei zu beachten, dass Impfungen Stress für die Tiere mit sich brächten, der noch länger anhalte, wenn es zu Impfschäden komme.

Als ganz wichtig erachtete auch Schilling-Böhland die Tier­betreuung einschließlich der Tierbeobachtung. „Sie müssen ein Gefühl entwickeln für die Tiere, den Stall und die Rahmenbedingungen.“ Beispielsweise dürfe es im Stall keine Ecken geben, an denen sich die Tiere verletzen könnten. Denn schon kleinste blutige Stellen würden von anderen Hühnern bepickt und dann sei der Weg zum Kannibalismus nicht mehr weit. Außerdem müssten regelmäßig Tiere in die Hand genommen und begutachtet werden, denn kleine Gefiederschäden oder Verletzungen seien nur zu erkennen, wenn man sich die Federn und die Haut genau ansehe.

Körpertemperatur der Tiere kontrollieren

Genauso wichtig seien die regel­mäßige Überprüfung der Stallcomputer, die Futter- und Tränkehygiene sowie die Abstimmung der Bedingungen im Aufzucht- und Legestall. Welche Rolle in der Aufzucht die Stalltemperatur spielt, erläuterte die Tierärztin ebenfalls und empfahl, nicht nur die Temperatur des Stalles zu überwachen, sondern auch die Körpertemperatur der Küken sowie die Temperatur der Ausrüstung und des Wassers. Solche Messungen müssten an verschiedenen Stellen im Stall erfolgen, um sich ein Gesamtbild machen zu können.

Sowohl der Aufzüchter als auch der Legehennenhalter sollten die Futter- und Licht­uhr überprüfen und deren Einstellunge­n an das Managementprogramm anpassen. „Stellen Sie fest, ob die Programme tatsächlich zur vor­gegebenen Zeit starten. Auch das gehört zur Abstimmung zwischen Aufzucht- und Legestall“, machte Schilling-­Böhland auf eine mögliche Problemquelle aufmerksam.

Junghennenaufzucht spielt eine wichtige Rolle

Der Junghennenaufzucht widmete auch Dr. Franz Sommer von der österreischischen Fa. Schropper GmbH einen Teil seines Vortrags, denn diese sei die Basis für ein­e erfolgreiche Haltung von Legehennen. Das gelte bei nicht schnabelbehandelten Herden umso mehr, denn bei solchen Tieren gehe es schon in der Aufzucht zusätzlich darum, dem Auftreten von Federpicken und Kannibalismus in der Legeperiode vorzubeugen.

Über den Beitrag, den die Fütterung leisten kann und muss, damit die Tiere das angestrebte Körper­gewicht erreichen, eine ausreichende Menge Futter aufnehmen, auch nach der Umstallung weiter wachsen bzw. an Gewicht zunehmen und damit die Herde eine gute Uniformität aufweist, informierte Robert Pott­güter, Fa. Lohmann Tierzucht GmbH, Cuxhaven.

Wie wichtig eine gute Uni­formität der Herde und ein ausreichende­s Körpergewicht der Tiere sind, zeigte auch Dr. Christiane Keppler von der Universität Kassel auf. Da es sich bei den Legehybriden um absolute Hochleistungstiere handle, müsse alles getan werden, um sie im Gleichgewicht zu halten. Ansonsten komme es zu Leistungseinbrüchen und / oder Federpicken und Kannibalismus.

Dass die Aufzuchtphase nicht mit der Umstallung in den Lege­stall endet und die Tiere  trotz Einstieg in die Legephase noch wachsen müssen , betonte auch Rob Boomstra von der niederländischen Fa. Verbeek.  Und das zu ermöglichen sei eine echte Herausforderung, die eng mit der Futteraufnahme verknüpft sei. Eine große Rolle im Zusammenhang mit Federpicken und Kanniba­lismus spiele von Beginn an die Darmgesundheit, die einen Einfluss auf die Vitalität und die Entwicklung der Tiere hab­e.

Tipps von einer Praktikerin

Sabine Kimmel, Geschäftsführerin der Beelitzer Frischei e. G., berichtete über ihre Erfahrungen. Sie hält bereits seit 2012 ausschließlich nicht schnabel­gekürzte Legehennen, zwei Drittel davon als Freiland­hennen. Wertvolle Hinweise habe sie u. a. im Buch „Hühnersignale“ (ISBN: 978-3-7843-5121-6) gefunden. Als kritische Phasen bezeichnete sie die 19. bis 21. Lebenswoche, in der eine Teilmauser erfolgt, und die 23. bis 30. Woche, wenn die Hühner in der Hochleistungsphase noch an Gewicht zu­legen müssen. Hierfür sei eine ausreichende Futteraufnahme wichtig. Deutlich wurde, dass bei der Beelitzer Frischei die Legehennenhaltung mit sehr viel Aufwand betrieben wird. Ein Teil der Eier werde direkt vermarktet und erziele dadurch höhere Preise, was bei diesem Mehraufwand auch notwendig sei.

Fazit: Es gibt kein Patentrezept

Eins wurde deutlich: Es gibt kein Patentrezept, wenn es darum geht, Feder­picken und Kannibalismus und die daraus entstehenden Probleme bei Legehennen zu vermeiden. Vielmehr geht es da­rum, dass alle Beteiligten sich mit diesem Thema befassen und ihren Beitrag leisten, damit Federpicken und Kanni­balismus möglichst nicht auftreten bzw. erste Anzeichen erkannt werden, um dann mit geeigneten Maßnahmen gegen­steuern zu können. Erwähnt wurden dazu u. a. die „Empfehlungen zur Verhinderung von Federpicken und Kannibalismus zum Verzicht auf Schnabelkürzen bei Jung- und Legehennen (www.laves.nie dersachsen.de) sowie die Empfehlungen, die im Anhang der „Vereinbarung zur Verbesserung des Tierwohls, insbesondere zum Verzicht auf das Schnabelkürzen in der Haltung von Legehennen und Mastputen“ zu finden sind (www.bmel.de). Alle Referenten sprachen auch die erhöhten Produk­tionskosten an, die höhere Eier­preise erfordern.

Den ausführlichen Beitrag zur Vortragstagung können Sie in der DGS 03/2016 lesen.