Hähnchenmäster im schwierigen Umfeld
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Mit großer Sorge nehme er zur Kenntnis, dass in letzter Zeit wieder vermehrt in Ställe eingebrochen werde, um dort vermeintlich tierschutzwidrige Zustände zu filmen, und dass die Medien dieses Filmmaterial senden würden, ohne sich für deren illegale Beschaffung zu interessieren. Damit nannte Reiner Wendt, der Vorsitzende des Bundesverbandes bäuerlicher Hähnchenerzeuger (BVH) auf der BVH-Mitgliederversammlung Ende Juni 2015 in Stuttgart eine Tatsache, die seine Berufskollegen und ihn sehr belaste. Darüber hinaus hätten solche Einbrüche negative Auswirkungen auf die betroffenen Bestände – ein Aspekt, den die Aktivisten offensichtlich vollständig ausblenden würden. „Grundsätzlich ist es die Aufgabe der Behörden, Tierhaltungen zu überwachen“, betonte Wendt. Außerdem müssten Politiker und Behördenvertreter noch deutlicher zum Ausdruck bringen, dass sie solch illegalen Machenschaften vermeintlicher Tierschützer ablehnten.
Staatliche Antibiotikadatenbank: offene Fragen
Ein weiteres Thema, das Wendt aufgriff, war das Antibiotikamonitoring. „Seit April 2012 werden Daten zum Arzneimitteleinsatz in der QS-Antibiotikadatenbank Geflügel erfasst. Dies dient der Eigenkontrolle der Betriebe und als belastbare Datengrundlage, um bei Diskussionen um den Antibiotikaeinsatz Stellung beziehen zu können.“ Im April 2014 sei die Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG) in Kraft getreten, die unter anderem eine betriebsbezogene tierartspezifische Erfassung der in der Mast eingesetzten Antibiotika mit sich gebracht habe. Durch die Kopplung an ein bundeseinheitliches Benchmarkingsystem solle das Ziel, den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren, erreicht werden. Dieses Ziel trage die Geflügelbranche grundsätzlich mit. Allerdings gebe es immer noch eine Reihe offener Fragen im Zusammenhang mit der staatlichen Antibiotikadatenbank (HIT-Datenbank), auf die die Geflügelwirtschaft auch schon im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens aufmerksam gemacht habe.
Vorerst allenfalls ein Testlauf
Da die Behörden weitreichende Einflussmöglichkeiten hätten, wenn es bei einem Betrieb Auffälligkeiten gebe, sei es dringend erforderlich, zunächst eine belastbare Grundlage zu schaffen, um daraus korrekte Kennzahlen berechnen zu können. „Wir halten es für rechtlich bedenklich, wenn die Kennzahlen schon jetzt als Grundlage für behördliche Maßnahmen dienen“, kritiserte Wendt. Deshalb könne der erste Erfassungszeitraum für das zweite Kalenderhalbjahr 2014 allenfalls als Testlauf angesehen werden.
In der Verantwortung stünden hier die Bundesländer und es gehe darum, die in der Praxis bestehenden Probleme aufzuarbeiten und die offenen Fragen – beispielsweise die einheitliche Vorgehensweise bei der Umsetzung der tagesgenauen Meldung der Tierverluste – zu klären. Die Geflügelwirtschaft habe den Ländern diesbezüglich Gesprächsangebote gemacht, um gemeinsam konstruktiv nach praktikablen Lösungen zu suchen.
Eine Antibiotikadatenbank zu etablieren braucht Zeit
Dass die Etablierung einer Antibiotikadatenbank Zeit brauche, bestätigte Thomas May, QS GmbH Bonn, bei seinem Bericht über das QS-Antibiotikamonitoring. Was die Vollständigkeit und Korrektheit der Daten angehe, da sei man beim Hähnchen sehr weit. Außerdem belegten die Daten, dass in diesem Bereich der Anteil Durchgänge, bei denen keine Antibiotikabehandlung stattgefunden habe, steige. Es gebe zwar noch einige Teilnehmer aus dem Geflügelbereich, die nicht melden würden. Diesen sei die QS-Lieferberechtigung entzogen worden. Zum Zeitpunkt der Mitgliederversammlung waren nur sechs Betriebe gesperrt, da kein Behandlungsbeleg bzw. keine Nullmeldung eingegeben worden war. Weitere fünf Betriebe waren gesperrt, da die Nennung eines Tierarztes gefehlt habe. „Kompliment an die Geflügelwirtschaft. Sie sind gut aufgestellt!“, lobte May und ergänzte, dass bald für 100 % der Betriebe ein Therapieindex (TI) vorliege.
QS an HIT: Die Datenweitergabe funktioniert
In diesem Zusammenhang betonte auch May, dass es besser sei, keinen TI zu berechnen als einen, der auf nicht belastbaren Daten beruhe. Deshalb unterziehe QS die Daten regelmäßig Plausibilitätsprüfungen und gebe Tierärzten bzw. Bündlern entsprechende Rückmeldungen. Diese könnten dann Korrekturen vornehmen.
Gut funktioniere die Weitergabe der Daten zur Abgabe von Antibiotika an die HIT-Datenbank einschließlich der Weitergabe der Korrekturen. Mehr als die Hälfte der Geflügelhalter habe QS beauftragt, auch die Meldung der Zu- und Abgänge von Tieren an HIT zu übertragen. Diese Weitergabe erfolge zurzeit nur gebündelt und zu einem einzigen Stichtag. Dass die Therapieindices von HIT und QS nicht vergleichbar seien, liege daran, dass jedem System eine andere Datenbasis zugrunde liege. Geflügelhalter könnten jedoch anhand des QS-Therapieindex schnell erkennen, ob sie in ihrem Betrieb mehr Antibiotika einsetzten als andere Betriebe mit ihrer Produktionsart. Wichtig sei, dass die Geflügelmäster ihre Daten regelmäßig prüfen. Wenn sie QS dazu ermächtigen, dann gebe QS die Daten an HIT weiter, schloss May seine Ausführungen.
Das Baugesetzbuch als Hemmschuh für Investitionen in neue Ställe sowie Bioaerosole waren weitere Themen der BVH-Mitgliederversammlung. Mehr dazu im DGS-Magazin 31/2015, Seiten 8 und 9.