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USA: Vogelgrippe und kein Ende

Nach dem 21. Mai 2015 hatte es zunächst den Anschein, als ob die Ausbreitung der Aviären Influenza (AI) in den USA zum Stillstand gekommen sei. Dieser Eindruck täuschte allerdings.

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Nur wenige Tage später traten vermehrt Ausbrüche in Puten- und Legehennenbeständen auf, vor allem in Minnesota und Iowa, aber auch in Nebraska. Zwischen dem 22. Mai 2015 und 5. Juni 2015 sind 37 Ausbrüche hinzugekommen. Von einschneidender Bedeutung für die Eiproduktenindustrie waren Ausbrüche in großen Legehennenfarmen in Nebraska und Iowa. Hier waren jeweils mehrere Millionen Tiere betroffen, was zu gravierenden Problemen bei der Tötung der Tiere, Räumung der Stallanlagen und Beseitigung der Kadaver führte.

Bis zum 5. Juni insgesamt wurden insgesamt 226 AI-Fälle dokumentiert. Davon entfielen 158 auf Puten- und 48 auf Lagehennenbetriebe. Der Rest teilte sich auf Kleinbestände auf. Die Räumung großer Legehennenfarmen zieht sich hin, da die Komplexe mit zum Teil zwölfetagigen Käfiganlagen nicht begast werden können. Mit den nun verwendeten mobilen Tötungsanlagen dürfte sich die Räumung über mehrere Wochen hinziehen. Es scheint sehr schwierig geworden zu sein, Personal für die Räumung der Ställe zu rekrutieren. Die Kadaver werden inzwischen zu zwei großen Deponien im Grenzbereich von Nebraska und Iowa transportiert und dort eingelagert. Weniger schwierig ist wohl die Behandlung der gestorbenen bzw. getöteten Puten. Sie werden in den Stallanlagen kompostiert.

Nahezu 40 Mio. Legehennen betroffen

Bis zum 5. Juni waren insgesamt 47,1 Mio. Tiere betroffen, davon entfielen 39,7 Mio. auf Legehennen (inklusive Junghennen) und 7,4  Mio. auf Puten.

Nach Berechnungen der APHIS (Animal and Plant Health Inspection Service) sind von AI betroffen:

  • etwa 10 % der Legehennenbestände der USA, davon entfielen etwa 85 % auf Bestände, die nur für die Eiproduktenindustrie erzeugten,
  • etwa 7,2 % der durchschnittlich zu einem Zeitpunkt eingestallten Tiere und 3,1 der jährlichen Putenproduktion der USA.
  • etwa 5,5 % der Junghennenbestände der USA, die gekeult wurden.

Bei diesen Werten ist zu berücksichtigen, dass wegen der vertikalen Integration der Unternehmen auch die vorgelagerten Bereiche von den Elterntieren, den Brütereien, den erbrüteten Küken und den in er Aufzucht befindlichen Junghennen betroffen sind. Ähnliches gilt auch für die Putenintegrationen. Auf welche Dimensionen sich hier die Verluste belaufen und ab wann es gelingen wird, die gesamten Schritte der Ketten wieder in ein koordiniertes Gleichgewicht zu bringen, ist ungeklärt.

Die Bestandsrückgänge haben bereits dazu geführt, dass an der Börse in Chicago die Futures für Mais und Sojamehl bereits deutlich gesunken sind und einige der betroffenen Unternehmen im Bereich Legehennen damit begonnen habe, ihre eingelagerten Futtervorräte zu verkaufen, um dadurch zumindest einen Teil der finanziellen Verluste zu kompensieren.

Große wirtschaftliche Probleme bei der Eiproduktenindustrie

Die Tötung einer so großen Zahl von Hennen für die Eiproduktenindustrie hat bei führenden Produzenten wie Michael Foods, Rembrandt Foods oder Sonstgard Foods zu großen Problemen in der Erfüllung von Lieferverträgen geführt. Hier kündigen sich bereits längerfristige juristische Auseinandersetzungen an. Ganz offensichtlich beginnen einige der betroffenen Eiproduktenhersteller, auf dem Spotmarkt Eier zu kaufen. Dies hatte einen beträchtlichen Preisanstieg zur Folge. In der KW 23 wurden für Verarbeitungsware zwischen 2,24 bis 2,42 US-$/Dutzend gezahlt, 60 % mehr als in der Vorwoche. Angesicht der vor den AI-Ausbrüchen in den großen inline-operations anfallenden Kosten von etwa 0,60 bis 0,70 US-$/Dutzend eine Entwicklung, die trotz gestiegener Preise für Flüssigei und Eitrockenpulver hohe Verluste nach sich ziehen wird.

Das Handelsministerium hat bereits die Einfuhr von Eiprodukten fünf niederländischer Unternehmen zugelassen. Sie hatten schon vor Jahren eine Zulassung erhalten und konnten schnell in die Marktlücke einsteigen. Die niederländischen Unternehmen kaufen offensichtlich auf dem EU-Markt Verarbeitungsware ein, was schon zu deutlichen Preisanstiegen geführt hat. So werden bereits 70 bis 80 Eurocent/10 Eier gezahlt. Im deutschen Lebensmitteleinzelhandel hat sich dies bislang aufgrund der langfristigen Lieferverträge noch nicht niedergeschlagen. Die meisten Unternehmen, die die großen Ketten beliefern, werden deswegen wohl von dieser Entwicklung nicht profitieren können.

US-Regierung lehnt vorbeugende Impfung ab

Der Antrag der Legehennen- und Putenhalter in den am stärksten betroffenen Staaten Iowa, Minnesota und Nebraska, die noch verbliebenen Bestände gegen das AI-Virus zu impfen, ist von der US-Regierung abgelehnt worden. Die Wirksamkeit des Impfstoffes sei nicht hinreichend geklärt, unjlar sei auch, ob hinreichende Impfstoffmengen verfügbar seien und massive Auswirkungen auf den Außenhandel mit Geflügelprodukten, vor allem Geflügelfleisch, zu erwarten seien.

Die US-Bundesregierung hat bis zum 5. Juni 393,4 Mio. US-$ als Kompensationszahlung an die betroffenen Tierhalter bereitgestellt. Die Erstattung wird ür den Ist-Wert eines Bestandes am Tage der Räumung gezahlt. Weitere Kosten für die Desinfektion der Ställe und Umsatzeinbußen werden nicht erstattet.

Längerfristige Perspektiven ungewiss

Zeitliche Schätzungen hinsichtlich der möglichen Wiedereinstallung von Putenküken bzw. Junghennen liegen noch nicht vor. Bei den Putenbeständen muss ohnehin das Ende der Kompostierung der Kadaver abgewartet werden. Man geht von mindestens 12 bis 18 Monaten aus, bis sich die Legehennenhaltung von den Ausbrüchen erholt hat. Dies setzt voraus, dass nicht weiterhin neue Fälle in größerer Zahl auftreten und es im Herbst, wenn die Zugvögel wieder nach Süden fliegen, nicht zu einer erneuten Welle von Ausbrüchen kommt.

Eine Verbreitungskarte der Ausbrüche ist hier zugänglich.

Das WING wird die Entwicklung weiterhin beobachten und kommentieren. Der Autor, Prof. Windhorst, wird ab Mitte Juli in die betroffenen Staaten reisen, um sich vor Ort ein Bild zu verschaffen.