"Reine Polemik machen wir nicht mit"
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Beim Tierwohl sollte nicht über die Köpfe der Branche hinweg geredet werden. Denen, die täglich mit den Tieren arbeiten, ist das Thema bewusst und sie füllen es am besten mit Leben. Das verdeutlichte der WEG-Vorsitzende Werner Gutzmer ebenso wie Leo Graf von Drechsel, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), und Paul-Heinz-Wesjohann von der PHW-Gruppe am 16. April 2015 vor den WEG-Mitgliedern in Magdeburg.
„Zu einem politischen Stichtag verordnete Veränderungen, die nicht praktikabel sind, machen wir nicht mit“, betonte Gutzmer. Manches, was in der Gesellschaft diskutiert werde, basiere auf Unwissenheit und hierzu müsse die Branche Aufklärungsarbeit leisten.
Auch in Sachsen-Anhalt werden hitzige Diskussionen zum Thema Tierwohl geführt. Das Klagerecht für Tierschutzverbände, dass Die Linke im Landtag eingebracht habe, gehe an der Realität vorbei und sei vom Agrarausschuss des Landtages abgelehnt worden, berichtete Gutzmer. Die Abstimmung im Landtag stehe noch aus. Den Grünen warf der Verbandsvorsitzende vor, die Tierwohldiskussion zwar angefacht zu haben, ohne aber gangbare Wege anzubieten. „Reine Polemik machen wir nicht mit!“
Kritik an Politik der Verhinderung
Leo Graf von Drechsel fand kämpferische Worte für die Mitglieder des WEG: „Ich komme gerade aus der Ukraine, einem Land, das in einer großen Krise steckt. Dort habe ich allerdings gesehen, wie 38 neue Geflügelställe entstehen. Das macht nachdenklich: Wollen wir bei uns noch etwas tun oder wollen wir nur noch verhindern?“ Kritisch äußerte sich der ZDG-Präsident über das Gutachten des wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik des Bundeslandwirtschaftsministeriums „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“ (die Kurzfassung steht im Internet zum Download bereit). Demzufolge brauche man „nur“ 4 bis 8 Mrd. Euro pro Jahr, um die Tierhaltung auf ein neues Niveau zu heben. 37 % der Tierhalter müssten aber aufhören.
Dabei tue die Branche viel für das Tierwohl: „Wir haben die Käfige abgeschafft, wir reduzieren die Besatzdichten, wir kümmern uns täglich um unsere Tiere“, sagte Graf Drechsel. „Die Mehrheit schweigt und genießt, dass wir Fleisch und Eier zu geringen Preisen anbieten.“ Die Erzeugung hochwertiger Produkte zu niedrigsten Preisen sei ein Erfolg. „Eine kleine Minderheit macht uns zu Übeltätern. Das lassen wir uns nicht gefallen“, sagte Graf Drechsel, und bekam dafür von den WEG-Mitgliedern viel Beifall.
BauGB-Novelle: Stillstand bei Neuinvestitionen
Kritik äußerte auch Paul-Heinz Wesjohann am Gutachten des Wissenschaftsbeirates, und ebenso am geänderten Baurecht. „Der Wegfall der Privilegierung hat Neuinvestitionen zum Stillstand gebracht. Wir sind in einer Phase, in der andere Länder uns Marktanteile wegnehmen und sich deutsche Firmen im Ausland orientieren“, bedauerte Wesjohann. Zudem betonte der Besitzer der Marke Wiesenhof, dass man schon lange Tier- und Verbraucherschutz betreibe. So würden in Sachsen-Anhalt bereits 60 bis 70 % aller Hähnchen ohne Antibiotika aufgezogen, und das auch in Ställen mit 40 000 und mehr Tieren.