Wie die Legehenne in den Käfig kam
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Noch bis in die 1940er Jahre hielten Tausende von Farmern in Europa und Nordamerika kleine Legehennenherden. Sie erzeugten Eier für den eigenen Bedarf oder verkauften sie an lokale Händler, die sie dann in den Städten absetzten. Die Herdengrößen lagen oft nur bei 20 bis 30 Hennen, wenn es um die Eigenversorgung ging, oder bei 200 bis 300 Tieren, wenn man auch für den Markt produzierte. Die Legehennen wurden meist in kleinen Ställen gehalten mit Sitzstangen und Legenestern. Sie konnten sich frei auf dem Betriebsgelände bewegen und fanden dort einen Teil des Futters. Da die Hühnerställe auch in den Wintermonaten nicht geheizt wurden und keine zusätzliche Lichtquelle vorhanden war, ging die Legerate in diesen Monaten deutlich zurück. In den Kleinbetrieben, in denen die Hennen nicht selektiert wurden, um die Legerate zu erhöhen, legten die Hühner meist nur 70 bis 80 Eier pro Jahr. In den größeren Herden, in denen die Eier der besten Leger für die Nachzucht verwendet wurden, konnten zwischen 120 und 150 Eier pro Jahr erzielt werden. Die Mortalitätsrate in dieser Haltungsform war sehr hoch, häufig lag sie bei 20 bis 40 %. Die Hennen waren Zweinutzungshühner.
Als in Nordamerika in den 1940er Jahren und in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg die Abwanderung der Bevölkerung aus den ländlichen Räumen in die Städte größere Ausmaße erreichte, mussten neue Formen der Erzeugung und des Handels mit Eiern gefunden werden. Hier liegen die Anfänge einer modernen Eiererzeugung in größeren Beständen.
In den USA wurden Käfige in größerem Umfang in den 1930er Jahren für die Aufzucht von Küken für die Hähnchen- und Putenmast und nur vereinzelt für die Legehennenhaltung eingesetzt. In dem Buch Battery Brooding werden die Käfigsysteme für die Aufzucht beschrieben. Der Buchautor hat Käfige auch für Legehennen eingesetzt. Er verglich die Legeraten in Boden- und Käfighaltung und fand heraus, „dass die im Käfig gehaltenen Hennen eine bessere Gesundheit aufwiesen und auch im zweiten Jahr mehr Eier gelegt hatten als die in Bodenhaltung gehaltenen Hennen“. Er verbesserte seine Käfige fortlaufend, um den Arbeitseinsatz bei großen Beständen zu verringern. Zunächst hielt er nur eine Henne pro Käfig, später erhöhte er den Besatz auf zwei bis drei Tiere. Die von ihm entwickelten Legebatterien setzten sich aber zunächst nicht durch. Nahezu ausschließlich gelangten die Bodenhaltung und so genannte Flat-Deck-Anlagen in den klimatisch begünstigten Staaten (Kalifornien, Florida) zum Einsatz.
Käfige aus Holz und Metall wurden in Europa in weitaus größerem Umfang eingesetzt, zunächst vor allem in England. Dort hat man bereits vor dem Zweiten Weltkrieg in Serien gebaute mehrstöckige Käfiganlagen gekannt – sogar mit automatischer Entmistung.
So genannte zweietagige, treppenförmig angeordnete „Japankäfige“ werden ebenfalls in der Literatur erwähnt, wobei die Bezeichnung irreführend ist, denn die Japaner haben nur die in Kalifornien verwendeten Käfige modifiziert. Solche Käfige wurden auch auf Messen in Deutschland ausgestellt und stießen hier bei den Hennenhaltern auf Interesse. In England fand diese Haltungsform dagegen keine Verwendung. Dort entschied man sich ganz bewusst für mehrstöckige Anlagen, weil sich damit der umbaute Raum besser nutzen und auch klimatisieren ließ, was aus den im Vergleich zu Kalifornien weitaus ungünstigeren Klimabedingungen verständlich wird.
Eine erste größere Anlage mit dreigeschossigen Legebatterien wurde bereits 1935 aus England einführt und in der Nähe von Bern für das Unternehmen Ovomaltine aufgestellt. Sie dürfte die erste größere Anlage dieser Art auf dem Kontinent gewesen sein und wurde über einen Zeitraum von 25 Jahren erfolgreich betrieben.
Ausschnitt aus dem ersten Teil der in der DGS erschienenen vierteiligen Beitragsserie "Wie die Legehenne in den Käfig kam" von Prof. Hans-Wilhelm Windhorst. Die Beiträge finden Sie in den DGS-Heften 25, 26, 30 und 33/2014.
Autor: Prof. Dr. Hans-Wilhelm Windhorst, Wissenschafts- und Informationszentrum Nachhaltige Geflügelwirtschaft (WING), Vechta