Schnabelkürzverbot: Niedersachsen und KAT preschen mit dem Handel vor
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Der niedersächsische Agrarminister Christian Meyer soll sich laut einem Bericht der Oldenburger Volkszeitung mit Vertretern des Einzelhandels und des Vereins für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen (KAT) darauf geeinigt haben, ab 2017 nur noch Eier zu vermarkten, die aus Haltungen stammen, bei denen die Schnäbel der Legehennen nicht behandelt wurden. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung soll KAT zudem alle seine Mitgliedsbetriebe aufgefordert haben, ab 2017 auf das Schnabelkürzen bei Legehennen zu verzichten. 2017 ist auch als Ausstiegsdatum aus der Schnabelbehandlung im niedersächsischen Tierschutzplan vorgesehen.
In acht von elf Pilotversuchen der Tierärztlichen Hochschule Hannover in 2012/2013 hat allerdings der Verzicht auf die Schnabelbehandlung zu mehr Kannibalismus und Federpicken, also zu deutlich weniger Tierschutz für die Legehennen geführt, kritisiert der Niedersächsische Landesverband der Geflügelwirtschaft (NGW) in einer Pressemitteilung. Daneben, so informiert der Landesverband, mussten aufgrund der Verletzungen in diesen Herden Antibiotika eingesetzt werden, und die Mortalität nahm zu. Und dass, obwohl versucht worden war, die Haltungsbedingungen hinsichtlich Futter, Stallklima und Beschäftigungsmaterial zu optimieren. Hinweise auf das sichere Gelingen des Ausstiegs aus der Schnabelbehandlung gibt es bisher nur durch Verdunkelung der Ställe – wie in Österreich oder Dänemark praktiziert. "Das ist für uns keine Lösung und weniger Tierschutz", verdeutlichte der NGW-Vorsitzende Friedrich-Otto Ripke. "Die Legehennen über die gesamte, mehr als einjährige Legeperiode in Dunkelheit zu halten, ist mit dem deutschen Tierschutzgesetz und im Übrigen auch mit den Zertifizierungskriterien der KAT nicht vereinbar!“
Der NGW will die im Rahmen des Tierschutzplans Niedersachsen angelegten zweijährigen Versuche zum Ausstieg aus der Schnabelbehandlung abwarten und daraus sichere Haltungsempfehlungen ableiten. Statt Dunkelheit untersuchen die Hochschule Osnabrück und die Tierärztliche Hochschule Hannover neue Beleuchtungsformen mit hennenverträglichen und beruhigenden Frequenzen. Dazu werden Futter, Stallklima und Beschäftigungsmaterial weiter optimiert. "Das ist unser Weg zum Ausstieg aus der Schnabelbehandlung", betonte Ripke. "Das ist der einzige Weg, der zu Haltungsbedingungen führt, die Kannibalismus und Federpicken dauerhaft und in der breiten Praxis vermeiden können. Diesen Weg gehen wir und unsere Tierhalter zusammen mit der Wissenschaft, mit Züchtern, Futtermittelherstellern, Stallbau- und Lüftungstechnikunternehmen und vielen anderen mehr. Alle engagieren sich entschlossen, und auch das Land Niedersachsen unterstützt die Versuche finanziell mit mehreren hunderttausend Euro."
Umso unverständlicher sei es, dass Minister Meyer und KAT diesen gemeinsamen Weg nun verlassen, ohne Sachgrundlage vorpreschen und dem Handel Fakten suggerieren, die es noch nicht gibt. Das kann für Legehennen und Verbraucher, die den Mehrwert Tierwohl beim Eierkauf garantiert haben wollen, gleichermaßen nach hinten losgehen. DGS/NGW