Nachgefragt - Interview mit Rainer Wendt (Vorsitzender des BVH und Vizepräsident des ZDG)
Die MEG Marktinfo Eier & Geflügel sowie die deutsche Puten- und Eierwirtschaft haben in der vergangenen Woche gemeldet, dass sich die Putenerzeuger und Legehennenhalter derzeit in einem ziemlich schwierigen Fahrwasser befinden. Wie sieht es bei den Hähnchenerzeugern aus? Rainer Wendt ist Vorsitzender des Bundesverbandes bäuerlicher Hähnchenerzeuger e. V. (BVH) und Vizepräsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft e. V. (ZDG)
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DGS: Herr Wendt, ist die Situation bei den Hähnchenerzeugern vergleichbar?
Rainer Wendt: Die Hähnchenerzeugung in Deutschland befindet sich derzeit durchaus in einer ähnlich dramatischen Erlössituation. Wir Hähnchenhalter arbeiten gerade an unserem wirtschaftlichen Limit. Im Schnitt der ersten sieben Monate war unsere Bruttomarge, d. h. unser Erlös minus Kosten für Küken und Futter, um 14 Prozent geringer als im Vorjahreszeitraum. Pro Kilogramm Lebendgewicht bedeutet das 2 Cent weniger als noch im letzten Jahr. Das drückt unsere Rentabilität, die in diesem Jahr noch einmal deutlich unter den bereits sehr bescheidenen Zahlen aus dem letzten Jahr liegt. Und langsam wird die Situation für viele Erzeuger sehr belastend, denn nicht nur müssen wir und unsere Familien davon leben, sondern es fehlt auch einfach zunehmend das Geld für notwendige Investitionen in die Weiterentwicklung und Instandsetzung unserer Anlagen. Und die Berufskollegen, die in den letzten Jahren viel in moderne Ställe investiert haben, haben nun ernste Sorgen ihre getätigten Investitionen nicht wieder erwirtschaften zu können.
DGS: Was ist Ihre Einschätzung, worin die Ursachen für diese Schieflage liegen?
Rainer Wendt: Aus meiner Sicht liegen die Gründe ganz klar im großen Ungleichgewicht zwischen den Erlösen für unsere Tiere und den Erzeugungskosten. Zwar lagen die Erzeugerpreise für Lebendware in den ersten sieben Monaten dieses Jahres um rund 8,8 Prozent über den Vorjahreswerten, gleichzeitig mussten wir Erzeuger aber wiederum deutlich mehr für das Futter ausgeben. Nach einer Erhebung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zahlen wir stolze 17,3 Prozent mehr an Futterkosten. Von den 12 Cent, die mir als Erzeuger nach Abzug von Kosten für Futter und Küken bleiben, muss ich dann noch alle weiteren Kosten begleichen – wie Einstreu, Wasser, Strom, Heizung, Tierarztkosten, Löhne und vieles mehr. Da kann man sich schnell selbst ausrechnen, was am Ende für den einzelnen Halter übrig bleibt, nämlich fast nichts!
DGS: Was muss passieren, damit Sie auch zukünftig vernünftig wirtschaftlich arbeiten können?
Rainer Wendt: Wenn man sich die Meldungen der letzten Tage anschaut, dass die Lebensmittelpreise in Deutschland angeblich zu teuer sind, kann man an vielen Stellen nur mit dem Kopf schütteln. Sollten vom Handel die Preise für Hähnchenfleisch mit dem Verweis auf sinkende Futterpreise jetzt in dieser schwierigen Situation auch noch gesenkt werden, wäre dies das wirtschaftliche Ende für viele meiner Kollegen. Die hohen Futterpreise der letzten Monate wurden doch gar nicht ausgeglichen. Wir stecken in einer totalen Kostenfalle und was wir jetzt brauchen, das sind stabile Preise und sinkende Futterkosten. Wenn Sie mich fragen, kann ich in diesem Zusammenhang nur an den Handel und an alle Verbraucher appellieren, unsere Arbeit mit anständigen Preisen auch zu honorieren. Wir arbeiten in der Hähnchenhaltung heute in Deutschland auf sehr hohem Niveau im Tierschutz und mit viel Engagement für unseren Beruf. Und bieten dem Verbraucher damit ein hochwertiges Lebensmittel. Dass das alles nicht für wenige Euro zu machen ist, muss doch jedem dabei klar sein.