Hühnerstall mit Durchblick
Fast “bühnenreif” ist der neue Hühnerstall auf der Lehr- und Forschungsstation Frankenforst in Königswinter-Vinxel. In der Besucherzone rücken große Glasscheiben das Federvieh ins Rampenlicht.
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Durch die Fenster können Interessierte das Geflügel beobachten und sich einen Eindruck davon verschaffen, wie die Universität Bonn an mehr Tierwohl forscht. In acht Monaten wurde der Vorgängerbau instandgesetzt und auf der vorhandenen Bodenplatte ein hochmoderner Stall für wissenschaftliche Zwecke geschaffen.
Sechs Abteile im Dienste der Wissenschaft
Der neue Stall wurde für das Forschungsprojekt „Open Livestock in der Landwirtschaft – Moderne Geflügelhaltung aus der biologischen Perspektive des Huhns“ hergerichtet. Das Vorhaben wird vom Landwirtschaftsministerium NRW binnen drei Jahren mit 160.000 Euro gefördert. Der Stall mit rund 100 m2 Grundfläche ist mit modernen Klima-, Beleuchtungs- und Lüftungssystemen ausgestattet. In sechs getrennten Abteilen lässt sich die LED-Beleuchtung sowie die Inneneinrichtung verschieden gestalten. „Wir können damit unterschiedliche Bedingungen in der Volierenhaltung und deren Einfluss auf das Verhalten der Tiere untersuchen“, erläutert die Doktorandin Sonja Hillemacher, die in dem Projekt mitarbeitet. Gerade ist der Außenklimabereich fertig geworden.
Forschung aus Sicht des Tieres
„Wir untersuchen, wie sich das Wohl der Hühner weiter steigern lässt“, sagt Dr. Inga Tiemann vom Institut für Tierwissenschaften, Spezialistin für Verhaltensbiologie. „Wir wollen nicht die Tiere an die Haltung, sondern die Haltung an die Tiere anpassen.“ Hierfür erforschen die Wissenschaftler zum Beispiel, wie die Lichtverhältnisse im Stall optimiert werden können.
Videosysteme übertragen das Treiben der Tiere in den Kontrollraum. Dort wird mit Hilfe von automatisierter Computersoftware ausgewertet, ob die Hühner entspannt ihrem Tagesgeschäft aus Fressen, Scharren, Staubbaden und Picken nachgehen oder Stressverhalten zeigen. „Ob es den Tieren gut geht, lässt sich an ihrer Gesundheit und ihrem Gefiederzustand ablesen, uns interessiert aber vorranging das Verhalten“, sagt Tiemann. Verhaltensbiologische, standardisierte Tests geben entsprechenden Aufschluss.
Mensch-Tier-Beziehung intakt?
So messen die Wissenschaftler zum Beispiel die Distanz, die die Hühner zu einem Menschen einhalten. Kommen die Tiere in direkte Nähe, werten die Forscher dies als Hinweis auf eine intakte Mensch-Tier-Beziehung.
Manchmal packen die Wissenschaftler auch Kinderspielzeug in die Abteile – ein weiterer Verhaltenstest. Gehen die Hühner auf die unbekannten Objekte zu, spricht dies ebenfalls für ein „gesundes“ Verhalten. „Dies wird als Neugier interpretiert“, erklärt Hillemacher. „Sie ist Voraussetzung für eine aktive Anpassung an die Umwelt.“
Auch das optimale Material und die beste Form für die Sitzstangen erforschen die Wissenschaftler: Kühles Metall und ein runder Querschnitt werden gemieden, eine eckige Stange aus wärmerem Kunststoff dagegen bevorzugt.
EiScienceShop: Eier kaufen, Infos gratis mitnehmen
Die Eier werden jeden Freitag von 14 bis 16 Uhr im „EiScienceShop“ verkauft, der sich gleich am Parkplatz von Gut Frankenforst befindet. Dort gibt es für alle Interessierten neben Eiern unterschiedlicher Rassen auch wissenschaftliche Informationen und Tipps rund um die Geflügelhaltung – und neuerdings auch nach Absprache die Besuchsmöglichkeit im neuen Hühnerstall. „Das neue Gebäude soll die Forschung zu mehr Tierwohl ermöglichen, aber auch unsere Tierhaltung transparent machen“, sagt Tiemann.
Anfragen zu Besichtigungen: Sonja Hillemacher, Institut für Tierwissenschaften der Universität Bonn. Tel. 02223/917241, E-Mail: sonja.hillemacher@uni-bonn.de
Informationen der LFS Frankenforst zum Forschungsbereich Geflügel und Video.