Deutsch-französischer Ausstieg in 2021?
Am Rande der Konferenz über die Alternativen zum Kükentöten am 13. Januar 2020 in Berlin betonten die Bundeslandwirtschaftsminister Deutschlands und Frankreichs ihren gemeinsamen Willen zum Ausstieg aus dem Töten männlicher Eintagslegeküken bis Ende 2021.
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Bis 2021 soll das Kükentöten beendet werden
„Es gibt kein anderes Land, dass bei der Erforschung von Alternativen zum Töten männlicher Eintagslegeküken so weit ist wie Deutschland“, sagte Julia Klöckner auf einer Pressekonferenz der beiden Minister im Bundeslandwirtschaftsministerium in Berlin. „Es ist an der Zeit, dem Kükentöten ein Ende zu bereiten. Ende 2021 ist Schluss“, bekräftigte ihr französischer Amtskollege Didier Guillaume. „Deutschland und Frankreich werden hier gemeinsam vorangehen.“ Man wolle das deutsche und französischen Know-how in einer Plattform bündeln. „Wir müssen die anderen EU-Länder mit ins Boot holen“, betonte Guillaume überdies. Gemeinsam wollen die beiden Ressortchefs das Thema in der EU vorantreiben, so beispielsweise am 27. Januar beim Treffen des EU-Agrarrates.
Warum erst 2021 Ausstieg aus dem Kükentöten?
Auf diese Fragen von Medienvertretern antwortete Klöckner: Steige man vorher aus, verliere man Betriebe. „Wir wollen nicht, dass Brütereien abwandern.“ Überdies, so Klöckner, gebe es einen Unterschied zwischen Marktreife und Praxisreife, die Praxisreife habe man noch nicht erreicht. „Mit viel Anstrengung können wir den Ausstieg bis Ende 2021 schaffen, sagen Wissenschaftler. Das wäre dann schneller als ein Gesetz mit langer Übergangszeit. Gründlichkeit geht hier vor Schnelligkeit.“ Dem Tierschutz helfe es wenig, „wenn wir künftig die Legehennenküken im Ausland einkaufen, wo die männlichen Tiere weiter getötet werden. Wettbewerbsfähigkeit und Tierschutz müssen zusammenpassen“, betonte die Ministerin.
Mix an Verfahren für Geschlechtsbestimmung im Ei
Wissenschaftlich gesehen sei ein Durchbruch bei der Geschlechtsbestimmung im Brutei erzielt worden, jetzt müssten die Erkenntnisse in die Praxis überführt werden. Für den Tierschutz sei dabei auch die Betrachtung der Frage nach dem Beginn des embryonalen Schmerzempfindens im Ei wichtig, wobei es hier eine Grauzone zwischen dem 7. und 15. Tag gebe, führte Klöckner aus. Klar sei, dass es kein embryonales Schmerzempfinden vor dem siebenten Tag gebe.
In Deutschland forscht aktuell die Fa. Seleggt GmbH gemeinsam mit Rewe am endokrinologischen Verfahren (Geschlechtsbestimmung am neunten Bruttag möglich), die 2018 die Markteinführung bekannt gaben, sowie die Agri Advanced Technologies GmbH Visbek am spektroskopischen Ansatz (Geschlechtsbestimmung am vierten Bruttag möglich). Die Fa. Seleggt erreiche das Ziel der breiten Einführung seines Verfahrens in die Praxis nicht bis 2021, vermittelte Klöckner ihren aktuellen Wissensstand. Bei AAT laufe die Genauigkeit und automatische Prüfung noch nicht optimal. Hier seien noch viele Fragen offen.
Bruderhahn und Zweinutzung bedingt markttauglich
Weitere Alternativen seien die Bruderhahnaufzucht und die Verwendung von Zweinutzungshühnern. Ethisch gesehen sei zwar die Aussortierung der Bruteier mit männlichen Embryonen nicht die beste Lösung, stimmte die Ministerin einem Medienvertreter zu. Aber praktisch seien die anderen Verfahren nur bedingt markttauglich. Über die Bruderhahnaufzucht könnten bis zu 5 Mio. weniger Küken getötet werden.
Deswegen werde es wohl einen Mix an Alternativverfahren geben. Es müsse an allen Methoden noch weiter geforscht werden.
Weitere Forschung zu marktauglichen Alternativen
Auf der Konferenz wurden Erkenntnisse zu verfügbaren Technologien, aus der Forschung und zur Marktimplementierung von Alternativen zum Kükentöten ausgetauscht. Man habe mit der kompletten Lieferkette gesprochen, das habe es noch nie gegeben, betonten beide Minister. Auch sollen Details des Zeitplans festgelegt werden, wie der flächendeckende Ausstieg aus dem Kükentöten bis Ende 2021 erreicht werden könne.
Geplant ist eine gemeinsame Plattform zwischen Frankreich und Deutschland, die das Wissen zu bündelt. Deutschland hat nach Angaben von Klöckner bisher über 8 Mio. Euro in die Erforschung verschiedener Alternativverfahren investiert, davon rund 5 Mio. Euro in Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brutei. Guillaume sprach von Investitionen von insgesamt 4,5 Mio. Euro.
Als Vertreter der deutschen Geflügelwirtschaft nahmen u. a. Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbandes der deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), Henner Schönecke, der Vorsitzende des Bundesverbandes Ei e. V. (BVEi), und Dr. Thomas Janning, Geschäftsführer beider Verbände, teil. Ein Ausstieg bis 2021/22 könnte unter größter Kraftanstrengung machbar sein, wenn sich alle Partner entlang der Erzeugungskette und die Politik zu einem gemeinsamen Weg bekennen, gab der ZDG in einer Pressemitteilung bekannt.